Naher Osten 2000 - Bericht


Endlich geht es los. Meine Mutter und meine Schwester haben uns mit Auto und Anhänger bis nach Villafranca, südlich vom Gardasee gebracht. Ab hier fahren wir auf unseren Maschinen weiter nach Venedig, um die Fähre nach Griechenland zu nehmen. Im Hafen gibt es leider eine unangenehme Überraschung, die Fähre ist fast ausgebucht, es sind keine Kabinen mehr zu bekommen. So verbringen wir die Nacht in einer der Bars, zwischen den Sesseln auf dem Boden liegend. Entsprechend gerädert rollen wir in Igoumenitsa von der Fähre. Wenigstens ist uns das Wetter hold, die 26°C sind Mitte April hier auch nicht unbedingt üblich. Im Hafen steht ein Polizeimotorrad, an sich nichts besonderes, aber dieses hier ist eine Africa Twin. Ich rolle langsam an ihr vorbei, der darauf sitzende Polizist linst cool durch seine Sonnenbrille und zeigt den nach oben gestreckten Daumen. Am Ortsausgang von Igoumenitsa füllen wir unsere Tanks auf und schlagen den Weg Richtung Ioánina ein. In einem der Dörfer, die wir passieren, finden wir ein kleines Straßencafé mit einem Tisch im Freien. Wir halten an und frühstücken gemütlich in der Sonne sitzend. Ab Ioánina steigt die Straße in Serpentinen die Berge hinauf. Auf dem Weg nach Metéora überqueren wir den 1700 Meter hohen Katara Pass. Obwohl es für diese Höhe sehr warm ist, liegt an den Straßenrändern noch Schnee. Am späten Nachmittag erreichen wir Metéora und nehmen uns dort ein Zimmer. Vom Balkon aus haben wir einen schönen Ausblick auf die vom Sonnenuntergang orange-rot angestrahlten berühmten Felsen.

Nach dem Frühstück wollen wir uns die berühmten Klöster anschauen. Wir fahren auf dem geschotterten Parkplatz an die Straße und halten an. Dabei verliere ich irgendwie das Gleichgewicht und falle um. "Das fängt ja gut an!" rufe ich Vroni zu und wuchte die Maschine verärgert wieder hoch. Aber es ist nichts passiert, außer dem Ego ist nichts angekratzt. Dann winden wir uns die kleinen kurvenreichen Sträßchen zu den Klöstern hinauf. Leider sind sie um diese Uhrzeit noch verschlossen, so dass wir mit dem Anblick von außen vorlieb nehmen müssen. Wir fotografieren die Felsen und die Klöster im weichen Morgenlicht und setzen unseren Weg nach Osten fort. Über Tríkala und Lárissa erreichen wir die Ostküste Griechenlands und halten uns auf der Küstenstraße nördlich, Richtung Thessaloníki. Anfangs war die Strecke noch relativ reizvoll, je näher wir aber Thessaloníki kommen, desto mehr häufen sich die Industrieanlagen. Alles ist mit einer Schmutzschicht überzogen, die Luft ist graubraun vor Dreck und das Atmen fällt uns schwer. Wir sind froh, als wir die große Industriestadt durchquert haben und den schmutzigen Moloch wieder verlassen können. Ab hier geht es wieder östlich weiter. Die Straße führt anfangs teils durch bergige Landschaften und teils an der Küste entlang. Später ist alles flach und die Fahrt zieht sich wie Gummi, bis wir am Abend Alexandroúpoli erreichen, wo wir uns ein Zimmer für die Nacht nehmen.

Natürlich sind wir wieder früh unterwegs und erreichen nach 45 Kilometern die türkische Grenze. Wegen Computerproblemen brauchen wir eine Stunde, bis wir endlich abgefertigt sind. Wenigstens haben wir keine Gepäckkontrolle über uns ergehen lassen müssen. Die Wechselstuben an der Grenze haben um diese Zeit noch zu, aber unsere Tanks sind voll und gefrühstückt haben wir auch schon, also fahren wir zunächst ohne türkisches Geld weiter. Wir werden sicher noch an einer Bank vorbei kommen. Unterwegs sehen wir, dass man an den meisten Tankstellen mit Kreditkarte bezahlen kann, also ist zumindest das Weiterkommen gesichert. Bei Tekirdag erreichen wir das Marmarameer und finden auch gleich eine Bank mit Geldautomat. Die Taschen voll mit Millionen türkischer Lira, setzen wir uns in ein Café am Hafen und trinken Tee. Unsere Maschinen sind von einer Traube Menschen umringt, anscheinend ist das hier kein alltäglicher Anblick. Vor ein paar Jahren war ich schon einmal in Istanbul, die Stadt hatte mich damals sehr fasziniert. Heute sehen wir das ehemalige Byzanz nur von der Autobahn aus. Schade dass wir keine Zeit für eine Besichtigung haben, aber unser Urlaub hat diesmal andere Ziele. Wir überqueren den Bosporus, der das Marmarameer mit dem Schwarzen Meer verbindet, und sind nun in Asien. Der Himmel scheint sich nicht über unsere Ankunft zu freuen und schiebt graue Wolken vor die Sonne. Zunächst bleibt es noch eine ganze Weile trocken, aber vor Ankara können die Wolken ihre Last nicht mehr halten und es schüttet wie aus Eimern. Die türkische Hauptstadt empfängt uns zwar wieder mit trockenem Wetter, entlässt uns dann aber in eine Gewitterfront mit Orkanböen und üblen Regenschauern, die sich bis zu unserem Etappenziel, Göreme, hinziehen.

Seit heute Morgen haben wir in 13 Stunden, trotz des widrigen Wetters, 1025 Kilometern abgespult. Mit entsprechend müden Knochen rollen wir in die touristische Hauptstadt Kappadokiens ein, als ein Mädel uns wild winkend stoppt. Sie gehört zu einer Gruppe Motorradfahrer, die auch in Göreme Station machen und empfiehlt uns die Pension "Berlin", in der sie auch wohnen. Die Zimmer sind zwar spartanisch eingerichtet, aber sauber und billig. Nach dem Duschen gehe ich zu dem Restaurant, wo auch die anderen Biker sitzen. Vroni bleibt auf dem Zimmer, da sie sich im Unwetter eine starke Erkältung zugezogen hat und lieber im Bett bleiben will. Im Restaurant treffe ich die Schweizer Thomas und Sandra, sowie den Holländer Markus mit seiner japanischen Frau. Die ersten beiden haben Afrika von Nord nach Süd durchquert, sind dann nach Indien geflogen und über Pakistan und Iran in die Türkei gekommen. Markus und seine Frau sind auf dem Weg nach Indien und lauschen gespannt den Erfahrungen der beiden Eidgenossen. Trotz der interessanten Erzählungen verabschiede ich mich recht bald, denn die Fahrt steckt mir noch sehr in den Knochen.

Am Morgen werden wir vom Regen geweckt. Wir frühstücken unten im Ort und gehen dann in ein Internet-Café, um den Kontakt mit der Heimat zu halten. Nach zwei Stunden ist es draußen wieder einigermaßen trocken und wir erkunden per Pedes die Tuffsteinfelsen, für die Kappadokien berühmt ist. Vor Tausenden von Jahren hatte die aus dem Vulkan Erciyes ausströmende Lava etwa 20.000 Quadratkilometer Land bedeckt. Nach Erlöschen des Vulkans waren Lava und Asche über Hunderte von Jahren einer starken Erosion durch Wind und Wasser ausgesetzt. Als Ergebnis dieser Erosion wurde die Erde ständig weniger und die gegenüber den Wettereinflüssen widerstandsfähigen Felsen schälten sich heraus. Auf ihren Spitzen blieben kleinere Felsbrocken liegen und so entstanden die berühmten Feenkamine. Die Christen, die vor dem Ansturm der Araber im Tal von Göreme Zuflucht gesucht haben, nannten das Tal "Göremi", was soviel wie "Du siehst mich nicht" bedeutete. Diese Bezeichnung wandelte sich zu Karama und dann wieder bis in den heutigen Tag hinein zu Göreme. In dem von Nevsehir und Ürgüp 17 km bzw. 6 km entfernt liegenden Avcilar-Tal lenken sehr interessant geformte Feenkamine und Felsenkirchen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Paulus betrachtete Göreme für die Ausbildung von Missionaren sehr geeignet. Göreme war wahrscheinlich damals sehr viel größer, bedeckt heute jedoch nur noch das Tal. Vom sechsten bis zum neunten Jahrhundert war Göreme eines der größten Zentren der Christenheit und zählte über 400 Kirchen verstreut in den Dörfern Zelve, Mustafa, Pascha, Avcilar, Uchisar, Ortahisar und Cavusin. Tatsächlich jedoch liegen diese Orte sehr dicht beieinander. In Göreme selbst stehen acht Kirchen aus dieser Zeit. Nachmittags legt sich Vroni aufs Ohr, die Erkältung macht ihr zu schaffen. Ich hocke mit den anderen Travellern vor der Pension und quatschen über Motorräder und Reisen und was alles dazu gehört. Abends gehen wir gemeinsam Essen, es gibt Ürgüp und Cappadocia, beides Varianten von türkischer Pizza, nach der umgebenen Gegend bzw. einem Nachbarort benannt.

Nach dem erholsamen Pausentag in Göreme ziehen wir wieder weiter. Der Himmel ist grau, ab und zu tröpfelt es, der Wind ist kalt und die umliegenden Berge sind schneebedeckt. Die Straße klettert bis auf über 1.500 Meter hinauf. Durch das schlechte Wetter wirkt die Landschaft nicht gerade einladend. Wir ändern die geplante Route, da wir sonst bis auf fast 1.800 Meter hoch müssten und auf den Straßen dort Schnee liegen könnte. Als wir die Autobahn nach Adana erreichen, sieht es schwer nach Regen aus. Ich ziehe den Regenkombi über, aber Vroni meint, das Wetter würde sich noch halten. Zwei Kilometer weiter zucken Blitze vom Himmel und es kübelt wie wahnsinnig. Noch ehe wir anhalten können, ist Vroni nass bis auf die Haut. Über die nassen Klamotten will sie den Regenkombi nicht ziehen, lieber quält sie sich frierend weiter durch das Unwetter, meine ermahnenden Worte in den Wind schlagend. Nach einer langen Strecke wird es ihr doch zuviel. Unter einem Vordach zieht sie sich trockene Sachen unter die Motorradsachen und die Regenpelle drüber, dazwischen aber ist es noch nass - nicht gut für ihren Schnupfen. In einem großen Bogen schwenken wir nach Süden und kommen an Dörtyol vorbei (auf deutsch "Straßenkreuzung"), dessen früherer Name Issos in die Geschichte einging. Wer kennt nicht den Spruch aus dem Geschichtsunterricht: "3-3-3 bei Issos Keilerei!" 333 v. Chr. besiegte das Heer Alexander des Großen den persischen Großkönig Dareios III in der Schlacht bei Issos.

Wir müssen fast bis Iskenderun fahren, um die Regenwolken abzuschütteln, dann wird es endlich wieder trocken und die Sonne lugt ab und zu hervor. Dafür wird bei Vronis Maschine jetzt der Sprit knapp. Die beiden angekündigten Autobahntankstellen waren noch im Baustellenzustand und die Transalp läuft schon einige Zeit auf Reserve. An einer Steigung fängt sie nun das Stottern an. Wir halten an und legen die Maschine auf die Seite, damit noch etwaiger Restsprit zum Benzinhahn laufen kann. Ein paar Kilometer schaffen wir auf diese Weise, dann muss ich doch das Werkzeug auspacken und die Benzinleitung losschrauben, um aus dem 43 Liter Fass meiner Twin etwas Sprit abzuzapfen. In Iskenderun machen wir erst mal an einer Tankstelle rast. Die Maschinen werden vollgetankt und die Ketten geschmiert. Wir schälen uns aus den Gummihäuten und setzen uns in die Sonne, die mittlerweile die schweren Wolken verscheucht hat und lassen unsere feuchten Sachen trocknen.

Auf kleinen Sträßchen fahren wir dann auf die syrische Grenze zu, Richtung Aleppo. In weiten Bögen zieht sich die Straße die Hügel hinauf und wieder hinab. Die sehr langsamen Autos lassen sich leicht überholen. Vroni meint es etwas zu gut und überholt im Überholverbot einen Polizeiwagen. Ich warte darauf, dass Blaulicht und Sirene angehen und die Ordnungshüter die Verfolgung aufnehmen, doch nicht dergleichen passiert - zu unserem Glück. Um unsere letzten türkischen Lira zu verprassen, bevor sie gar nichts mehr wert sind, füllen wir kurz vor der Grenze noch einmal den Tank nach und fragen den Tankwart, wo wir etwas zu Essen bekommen könnten. Der überlegt nicht lange und bittet uns in sein "Büro", wo er uns in schwere Sessel drückt. Dann fragt er, was wir denn haben wollen und rennt in ein nahe liegendes Restaurant. Nach einer viertel Stunde kommt er zurück, bepackt mit Salat, Hähnchenspießchen und frischem Fladenbrot. Ein kleiner Junge stapft mit ein paar Dosen Cola im Arm hinterher. Die Mahlzeit schmeckt wirklich sehr lecker. Die Unterhaltung mit dem netten Tankwart aber, geht leider nur sehr schleppend vonstatten, da er außer Türkisch kaum eine andere Sprache spricht und wir dem Türkischen nicht mächtig sind. Wir verstehen aber, dass er unbedingt nach Deutschland zum Arbeiten will und sein Traum ein Mercedes ist. Später, an der Grenze, werden wir freundlich von einem türkischen Polizisten empfangen und zeigen ihm unsere Papiere. Er erklärt uns den weiteren Verlauf für den Grenzübertritt und schickt uns zur Polizeistation weiter vorne. Hier werden die Ausreisestempel in die Pässe gedrückt und 100 Meter weiter, beim Zoll, werden die Motorräder aus denselben ausgetragen. Nach ein paar Kilometern durchs Niemandsland kommen wir zur syrischen Grenze. Hier müssen wir ewig auf unsere Einreisestempel warten, weil dauernd Busfahrer mit Stapeln von Pässen ihrer Fahrgäste kommen und, gar nicht unauffällig, Bakschisch über den Tresen schieben. Ich weigere mich hartnäckig an diesem "Verfahren" teilzunehmen und muss halt warten. Dann müssen wir die Formalitäten für die Fahrzeuge erledigen. Im Nebengebäude werden wir von zwei Männern freudig empfangen und gefragt, wo wir den bleiben würden, die Grenze würde bald schließen. Das kommt mir zwar etwas spanisch vor, wir gehen aber trotzdem mit ins Büro, wo uns erklärt wird, wie die Einreise weiter abläuft. Wir müssen insgesamt 120 US$ umtauschen (Zwangsumtausch) um die Versicherung und die Straßenbenutzungsgebühr zu bezahlen, sowie das Carnet abstempeln lassen. Einer der beiden nimmt alles in die Hand und erledigt die Dinge für uns – komisch, ich dachte ich sitze schon im Zollbüro?! Der andere gibt uns in der Zwischenzeit ein paar Karten und Infomaterial über Syrien und erklärt uns den Weg zu einer Jugendherberge in Aleppo. Als der Zweite wieder auftaucht, sind die offiziellen Einreiseprozeduren erledigt. Nun will er für seine Arbeit belohnt werden. Da sind wir doch tatsächlich auf zwei Schlepper reingefallen, jetzt haben die schon eigene Büros an der Grenze. Mist! Und das mir. OK, ich halte ihm einen 10 Mark-Schein hin, den kleinsten Schein den ich habe. Der eine Typ schaut ihn sich an und sagt, "this is bad money, give me Dollars!" Da hilft alles verhandeln nichts, ich zücke einen fünf Dollar Schein und er fragt, ob der für uns beide sei. "Of course", antworte ich, "five or nothing!" Die beiden geben sich damit zufrieden, wahrscheinlich war das eh zuviel, und geleiten uns zum Schlagbaum. Dort wechseln sie ein paar Worte mit dem Grenzer, der hebt den Balken an und wir starten durch, endlich in Syrien.

Schon auf den ersten Kilometern fällt auf, dass die Syrer ihren Führerschein wohl auf dem Jahrmarkt gewonnen haben. Gleich zweimal hintereinander überholten Taxis in einer unübersichtlichen Kurve und hielten direkt auf uns zu, ohne jegliche Ausweichbewegung einzuleiten. Nur knapp konnten wir Unfälle vermeiden. War die Landstraße schon abenteuerlich, in Aleppo ist der Verkehr die reinste Hölle. Unter ständigem Gehupe fahren die Autos dicht an dicht durch die Stadt. Beim Bremsen und Anfahren müssen immer die Räder quietschen, Regeln kennt hier eh keiner, der Stärkere setzt sich durch. Bis wir die uns empfohlene Jugendherberge gefunden haben, müssen wir eine ganze Weile herumirren. Zu allem Überfluss ist sie auch noch ausgebucht. Ich spreche einen jungen Mann auf der Straße an, der mich zu weiteren Unterkünften führt. Jedoch sind sie entweder voll oder wirklich sehr schmutzig und immer fehlt ein sicherer Platz für unsere Bikes. So entschließen wir uns, etwas mehr zu investieren und mieten uns im berühmten Hotel Barons ein, dort ist Platz für Mensch und Maschine. 40 US$ wechseln den Besitzer, dafür bekommen wir ein Zimmer mit dem Charme einer russischen Absteige – der Sozialismus lässt grüßen. Nach halbstündigem Kampf mit dem Personal, kommt im Badezimmer sogar Wasser aus den Leitungen, zuerst schmutzigbraun, nach einer Weile einigermaßen klar und sogar etwas temperiert. Die Nacht ist sehr laut, dauernd wird gehupt und die Räder quietschen. Bei dem Lärm schlafen wir nur sehr schlecht, die Hitze im Zimmer macht es auch nicht leicht, die Fenster geschlossen zu halten.

Früh am Morgen ist der Verkehr zum Glück lange nicht so schlimm, so dass wir die Stadt recht gut Richtung Osten verlassen können. In Ar Raqqa wechseln wir ans nördliche Ufer des Euphrat und rollen weiter Richtung Deir Az Zor. Die Dörfer am Wegesrand sind trostlos. Es gibt keine Straßencafés, wo wir uns in Ruhe mal reinsetzen und was trinken könnten. Ein paar garagenähnliche Kramläden sind alles, was wir hier finden. Den Euphrat bekommen wir auch erst wieder zu Gesicht, als wir kurz vor Deir Az Zor sind. Hier fährt ein Pick Up vor uns her, auf der Ladefläche ein paar vermummte Männer mit Schnellfeuergewehren. Irgendwie ist uns mulmig. Plötzlich biegt der Wagen ab und die Männer winken, daß wir ihnen folgen sollen. Wir schauen absichtlich in die andere Richtung und fahren geradeaus weiter. Später merken wir aber, dass wir auf der falschen Straße sind, da wir eigentlich wieder den Fluss überqueren wollten. Also wenden wir und fahren wieder zurück in die Richtung, in die uns die Bewaffneten leiten wollten. Sie wollten uns nur den richtigen Weg zeigen und irgendwie schämen wir uns für unser Misstrauen. Die Straße endet an einem kleinen Platz und ich frage einen Passanten, wie wir über den Euphrat kommen. Er zeigt uns eine kleine Brücke, die eher wie eine Fußgängerbrücke aussieht. Egal, wir fahren einfach drauf. Die Überraschung kommt am Ende der Brücke, hier führen acht Treppenstufen auf die Straße hinauf – zuviel für unsere beladenen Maschinen. Inmitten einer neugierigen Traube von Menschen drehen wir mühevoll auf der schmalen Brücke um und rollen langsam zurück. Von dieser Seite sieht der kleine Platz ganz anders aus und wir sehen sofort den etwas versteckt liegenden Weg zur richtigen Brücke. Wir durchqueren Deir Az Zor und müssen dabei wieder einigen LKW ausweichen, die uns auf unserer Spur entgegen kommen, um ihren Fahrweg abzukürzen. Mittlerweile haben wir uns aber daran gewöhnt und wundern uns über nichts mehr.

Am Ortsausgang zeigt uns ein Schild, dass wir nun 200 Kilometer durch eine wüstenartige Landschaft vor uns haben. Die Strecke ist langweilig und öde, nicht wie eine richtige Wüste, außerdem ist die Sicht durch Sand in der Luft eingeschränkt. Ab und zu lockert eine kleine Windhose die gelblich-graue Wand auf, Autos oder Lastwagen sind hier kaum unterwegs. Ungefähr auf halber Strecke machen wir eine Tank- und Trinkpause, mehr aus Langeweile als Notwendigkeit. Eine Stunde später erreichen wir unser Ziel, die Oase Tadmor mit den Ruinen der antiken Stadt Palmyra. Schnell finden wir ein schönes kleines Hotel und sind froh, unter die Dusche zu kommen. Der Besitzer des Hotels ist mehr als aufmerksam zu uns. In einer kleinen Teeküche steht ein großer Kühlschrank mit einer Strichliste, an dem wir uns mit kalten Getränken versorgen können. Sobald wir im Garten sitzen, bietet er uns gleich alles mögliche zu trinken und zu essen an. Ständig fragt er, ob es uns auch gut gehe und ob wir irgendwelche Wünsche hätten. Gegen Abend machen wir einen Ausflug zur arabischen Burg Qal'at Ibn Maan aus dem 13. Jahrhundert. Die Ruine steht auf einem Berg westlich der Stadt und überragt die gesamte Oase. Auf einem Schotterweg winden wir uns den Berg hinauf, in der Hoffnung, dass uns auf dem schmalen Pfad kein anderes Fahrzeug begegnet. Oben angekommen stehen zahlreiche Jugendlichen herum, die kleine Souvenirs verkaufen wollen. Wir besichtigen die halb zerfallenen Mauern und bestaunen die Aussicht über das Gelände. Der Sonnenuntergang ist der krönende Abschluss hier oben.

Seine Existenz verdankt der Ort den Efqa-Quellen, die bereits in der Antike die einzige Wasserstelle weit und breit darstellten. Daher war der Platz Anlaufstelle für die großen Handelskarawanen, die zwischen Euphrat und Mittelmeer durch die syrische Wüste zogen. Verhandelt wurden in erster Linie, die im römischen Reich begehrten Luxusgüter wie Seide, Gewürze, Edelsteine, Parfüme, Elfenbein, Sandelholz u. a. Besonders in der römischen Kaiserzeit entwickelte sich die Route über Palmyra zu einem wichtigen Handelsweg zwischen Ost und West. Dieser wurde von palmyrenischen Kaufleuten beherrscht, die dadurch große Gewinne erzielten. Von deren Reichtum zeugen noch heute die zahlreichen Ruinen der großen steinernen Bauwerke und aufwendigen Grabdenkmäler. Die Ursprünge der Siedlung reichen bereits in das Neolithikum zurück. Zu Beginn des 2. Jahrtausend v. Chr. wurde "Tadmor" in assyrischen Verträgen genannt. Aus der hellenistischen Zeit kennt man bislang nur wenige Überreste, die unmittelbar südlich der römischen Stadt entdeckt wurden. 64 v. Chr. richtete Pompeius die Provinz Syria ein, aber Palmyra geriet erst einige Jahrzehnte später unter den Einfluss Roms. Ab dem 1. Jh. n. Chr. und insbesondere in der Blütezeit ab dem 2. Jh. fand der großzügige Ausbau der Stadt in Stein statt. 129 besuchte der Kaiser Hadrian Palmyra. Von 260-272 war es Hauptort des palmyrenischen Sonderreiches unter Septimius Odaenathus und seiner Gattin Zenobia. 272/273 besiegte Aurelian, der offizielle römische Kaiser, das palmyrenische Sonderreich und eroberte die Stadt zurück. In dieser Zeit verlor Palmyra seine Bedeutung als Handelsplatz, da die Karawanen andere Routen wählten. Um 300 n. Chr. wurde unter dem Kaiser Diokletian im höchst gelegenen Teil der Stadt ein Legionslager errichtet und die Stadtmauer erneuert. Im Jahre 634 wurde die Stadt muslimisch. Sie lebte als kleine arabische Siedlung im antiken Stadtgebiet weiter. Seine Wiederentdeckung im 17. Jahrhundert verdankt Palmyra Kaufleuten aus Aleppo. Internationale Ausgrabungen fanden ab dem 20. Jh. statt, insbesondere nach der Unabhängigkeit Syriens von 1946. Sie dauern bis heute an, da immer noch große Bereiche der Stadt unerforscht sind.

Am nächsten Tag besichtigen wir die Oase. Da hier alles sehr weitläufig über Kilometer verteilt ist, fahren wir mit den Motorrädern zu den verschiedenen antiken Stätten. Wir besuchen das Museum und die zahlreichen Grabtürme. Diese Attraktionen kosten Eintritt und werden teilweise von Führern erklärt. Der gesamte Rest der Ausgrabungsstätte ist frei zugänglich. Das römische Theater und die Kolonnadenstraße, die Diokletiansthermen, der Baalshamin-Tempel, das Peristylhaus und das Bogentor, um nur einige wenige der zahlreichen Sehenswürdigkeiten zu nennen. Zwischendurch rasten wir im alten Hotel Zenobia und laben uns an kühlen Getränken. Ein deutsch sprechender syrischer Reiseleiter gesellt sich zu uns an den Tisch und erzählt uns sein Leid mit einer österreichischen Gruppe von Lehrern, die alles in Anspruch nehmen, was im Pauschalpreis enthalten ist, aber zu geizig sind, sich mal in einem Café eines Einheimischen einen Tee zu gönnen. Später erkunden wir auch den Ort Tadmor, der aber, im Vergleich zu den Ruinen, nur wenig zu bieten hat. So eine Besichtigungstour ist anstrengend und das kalte syrische Bier, dass zwar nicht besonders gut schmeckt, in der Hitze aber prima im Munde zischt, trägt auch seinen Teil bei, um uns zu ermüden. So essen wir gemütlich im Hotel und unterhalten uns mit den anderen Gästen aus England und Italien, bevor uns die Augen zufallen.

Heute wollen wir nach Hamah weiterfahren. Wir fahren zunächst in östliche Richtung und finden eine Straße, die nicht in der Karte eingezeichnet ist. Sie windet sich fast wie ein Alpensträßchen auf bis zu 1.200 Höhenmeter hinauf. Von hier aus sehen wir einen graubraunen Schleier vor uns. Wir denken zunächst an einen Sandsturm, aber beim Näherkommen entpuppt sich der Schleier als Nebel – und das in der Wüste! Am Straßenrand sehen wir die Auswirkungen der Feuchtigkeit, überall grünt und blüht es. Einige Leute sind hier unterwegs und sammeln Gräser und Kräuter. Später treffen wir auf die Hauptstraße, die uns direkt nach Hamah hinein führt. Wir suchen und finden den Weg zum Ufer des Orontes, wo wir uns die uralten hölzernen Wasserräder, die Norias, anschauen wollen. Genau hier findet anscheinend ein Volksfest statt. Überall stehen bunte Buden und Verkaufsstände, um die sich Menschen sammeln und mit überlauter arabischer Musik unterhalten werden. Die Norias sind die Wahrzeichen der Stadt und drehen sich knarrend und ächzend, soweit wir das in dem Lärm hören können. Uns ist hier zuviel Trubel, deshalb flüchten wir in die Innenstadt, wo wir uns den alten Souk anschauen und uns in einem Café ausruhen. Dabei suchen wir uns auf der Landkarte einen Weg zur Küste. Wir verlassen Hamah und fahren zunächst auf einer Art Autobahn nach Süden bis Homs. Kurz vor der Stadt schwenken wir wieder nach Westen, auf das noch entfernte Mittelmeer zu. Im Gegensatz zu unseren Autobahnen, haben wir ab und zu Gegenverkehr auf unserer Spur oder Straßen und Feldwege kreuzen mit dem entsprechenden Querverkehr aus Traktoren und Eselskarren. Kurz vor der Küste nehmen wir leider die falsche Ausfahrt und irren eine Weile in einem Netz aus kleinen Wegen umher, die nicht auf unserer Karte zu finden sind. Dank GPS finden wir zumindest die richtige Richtung wieder und kommen so auf den rechten Weg zurück. An der Küste treffen wir auf eine belebtere Straße, die uns zur libanesischen Grenze führt. Die syrischen Zöllner sind sehr nett und scherzen mit uns herum. Vroni muss Bilder ihres Sohnes zeigen, wodurch wir in der Achtung steigen, denn in dieser von Männern dominierten Welt, ist ein Sohn das höchste Glück der Familie. Die libanesischen Zöllner sind nicht weniger nett. Während ich am Passschalter anstehe, unterhält sich Vroni mit einem jungen Polizisten, der alles mögliche über das Leben in Deutschland erfahren will, in einem Gemisch aus englisch und französisch. Die Bearbeitung unserer Carnets dauert allerdings etwas. Es ist zwar nichts los an diesem Schalter, doch dem zuständigen Herrn könnte man beim Laufen die Schuhe besohlen ... Als alle Papierarbeiten erledigt sind, werden wir zum Ausgleich von diesem nicht ganz so fixen Kameraden, zu einen starken Kaffee eingeladen. Dieser ist jedoch so stark, dass ich ihn kaum runter bekomme und wir sind froh, endlich weiter zu kommen, bevor wir einen zweiten trinken müssen.

Auf den ersten Blick sehen wir keinen Unterschied zu Syrien. Die Landschaften gleichen sich natürlich. Jedoch lassen die Flak-Stellungen am Strand keinen Zweifel an der starken Militärpräsenz im Land. Ab und zu liegt ein Flüchtlingslager am Wegesrand, diese Seiten des Landes bedrücken uns und weisen immer wieder auf die noch immer starken Konflikte im Nahen Osten hin. Als wir die Stadt Tripolis erreichen, sehen wir die Unterschiede zu Syrien doch recht deutlich. War in Syrien kaum ein Auto jünger als 30-40 Jahre, so finden wir hier überall neue Fahrzeugtypen wie in Mitteleuropa und sogar Motorräder. Die Häuser sind modern, es gibt große Geschäfte, Cafés, Restaurants, internationale Banken mit Geldautomaten und Frauen in westlicher Kleidung, die fast schon zu freizügig für ein arabisches Land ist. Nach der Zeit in der Türkei und in Syrien fällt es mir schwer nicht den Röcken nachzuschauen, die strafenden Blicke Vronis wohl spürend ;-). In Byblos, hier besser als Jbail bekannt, finden wir den einzigen offiziellen Campingplatz des Landes. Aber das Campinggelände ist verwahrlost und die sogenannten Bungalows – eher Hundehütten – zu klein und zu schmutzig und mit einem Preis von 20 US$ uns auch zu teuer. Wir fahren Richtung Altstadt weiter und finden ein Hotel, das zwar auch nicht gerade billig ist, dafür aber sauber und mit Meerblick. Die Maschinen können wir in den Vorgarten stellen, sie sind dort im Blickfeld des Portiers. Am Abend spazieren wir durch die Altstadt. Die jungen Männer flanieren hier mit ihren Autos durch die Gassen und wollen mit durchdrehenden Rädern und gewagten Schleudermanövern die Aufmerksamkeit der weiblichen Bevölkerung auf sich ziehen. Ob es auf diese Weise klappt? Unser Spaziergang endet in einem Restaurant am Hafen, wo es, im Gegensatz zu Syrien, eine deutliche Vielfalt an Speisen und Getränken gibt. Vroni gefällt es hier gut, eine Sprache, die man versteht (französisch), Restaurants, die keine dunklen Löcher mit Plastikstühlen davor sind, gutes Essen und sogar Eis, sowie Geld aus Geldautomaten und keine zwielichtigen Wechselgeschäfte, bei denen man auf der Hut sein muss. Das einzige was hier nervt, sind die ewigen Schleudermanöver der "tollen Hechte" in ihren mehr oder weniger PS-starken Kisten. Da sind mir die jüngeren Casanovas lieber, die auf ihren Motorrollern waghalsige Wheelies zeigen, das ist wenigstens nicht so laut. Ein weiterer Wermutstropfen sind die Preise hier im Libanon, alles ist sehr teuer. Auf den ohnehin nicht preiswerten Endbetrag unserer Rechnung im Restaurant zum Beispiel, kommen nochmals 15 % für Service und weitere 5 % für sonst irgendwas. Aber die Leistung stimmte wenigstens, das Essen war sehr gut.

Kopfschüttelnd starren wir auf unsere Landkarten. Die Ortschaften, die wir durchfahren, stehen nicht in der Karte, die Orte in der Karte finden wir hier in den Bergen nicht. Wir wollen in den Naturpark "Les Cedres", einem der letzten Zedernwälder und zur Tempelruine nach Baalbek fahren, finden aber nicht den richtigen Einstieg in die Berge. Wir versuchen das Beste daraus zu machen und orientieren uns an der Himmelsrichtung. Leider ist uns das Wetter heute auch nicht hold. Zuerst zieht sich der Himmel zu, dann haben wir dichten Nebel und schließlich regnet es. Nach vielen kurvenreichen Kilometern finden wir endlich den richtigen Weg nach Les Cedres. Doch welche Enttäuschung, von dem Zedern-Forst sind nur noch ein paar unansehnliche Bäume übrig. Das große Eingangsschild des Parks wirbt für einen großen Wald, weist aber in eine steinige karg bewachsene Landschaft. Auf einem Schotterweg hoppeln wir bis hinter den nächsten Hügel, aber auch hier sind kaum Bäume zu sehen. Auf dem Bergrücken vor uns sehen wir den schneebedeckten Pass, der in die Bekaa-Ebene und nach Baalbek führt. Inzwischen ist aber schon später Nachmittag und wir wollen nicht ins Dunkle kommen, dazu sind die Straßenverhältnisse zu gefährlich. Auf dem Rückweg haben wir wieder etwas Regen und dadurch glatten schmierigen Asphalt. In den engen und steilen Kurven rutscht uns öfter mal das Hinterrad weg, kein schönes Gefühl. Wir erreichen die Küste bei Tripolis. Die Stadt und die Küstenstraße sind total mit Autos verstopft, so nehmen wir die Autobahn nach Jbail. Auf der fast nicht vorhandenen Standspur stehen Gemüsehändler mit ihren Waren. Die Leute halten einfach an und kaufen auf der Autobahn ein. Alle paar Kilometer kommt eine Engstelle, wo man mit Schritttempo durch muss. Hier steht Polizei und Militär und winkt sporadisch Fahrzeuge zur weiteren Kontrolle raus, wir dürfen immer weiter fahren.

An den folgenden Tagen ist das Wetter wieder besser. Bei strahlendem Sonnenschein erreichen wir Beirut. Der Verkehr ist hektisch, um nicht zu sagen idiotisch, dann aber doch nicht ganz so schlimm wie in Aleppo. Der Asphalt ist sehr schmierig, so versuchen wir uns vorausschauend und ohne harte Brems- und Ausweichmanöver zu bewegen. Mehr durch Zufall finden wir eines der Internet-Cafés, dessen Adresse wir schon zuhause recherchiert hatten. Vroni regelt ihre geschäftlichen Dinge, ich kontaktiere die Heimat und schreibe unseren Freunden, wie es uns bisher ergangen ist. Dann geht es endlich auf Sightseeing-Tour durch die Stadt. Zuerst freiwillig durch die Einkaufsstraßen, dann eher unfreiwillig auch durch weniger interessante Viertel, weil wir den bewachten Parkplatz, wo wir unsere Maschinen abgestellt haben, nicht mehr finden. Dafür sehen wir einiges von der Stadt. Nur noch wenige Häuser sind durch den jahrelangen Krieg gekennzeichnet. Die meisten Gebäude sind renoviert oder neu aufgebaut und die üblichen westlichen Schnellrestaurantketten haben sich überall breit gemacht. Das Leben pulsiert und den Leuten scheint es nicht schlecht zu gehen. Mit schmerzenden Füßen wird unsere Suche dann doch noch von Erfolg gekrönt. Erleichtert fahren wir aus der Innenstadt heraus in Richtung Meer. An der Strandpromenade ist es etwas ruhiger und wir machen eine Pause. Vor uns rauscht das Meer, von hinten erreicht uns die Musik aus der Beiruter Filiale des Hard Rock Cafés, etwas gestört durch den vorbeirollenden Verkehr. Später schieben wir uns durch die zahlreichen Staus der Stadt. Die Kupplungshand tut uns weh und die Abgase beißen in den Augen. Trotzdem finde ich die Mischung aus arabischer Tradition und westlicher Moderne interessant und erlebenswert.

Die Maschinen stehen gepackt vor dem Hotel, wir bezahlen unsere Rechnung und lassen uns den richtigen Weg nach Baalbek beschreiben. Wir müssen wieder bis kurz vor Beirut fahren und halten uns dann östlich, in die Berge hinauf. Wegen der schlechten Ausschilderung verfahren wir uns natürlich wieder, erreichen aber trotzdem recht bald den Kamm der Bergkette auf fast 2.000 Meter Höhe. Von hier oben hat man einen phantastischen Blick auf das Meer und auf die leider unübersehbare Smogglocke über Beirut. Die umliegenden Bergspitzen sind mit Schnee überzogen, trotzdem schwitzen wir hier oben. Nach einigen Kilometern können wir in die Bekaa-Ebene hinuntersehen. Ein von Nord nach Süd verlaufendes und von Bergen eingerahmtes fruchtbares Becken, die Kornkammer des Libanon. Zahle ist ein größerer Ort am Rande des Beckens, in dem wir uns prompt wieder verfahren. Dafür entdeckt Vroni eine Touristeninformation. Dort werden wir freundlich begrüßt, die Überraschung über uns Individualtouristen ist sichtlich groß. Ein netter englisch sprechender Mitarbeiter überhäuft uns mit Infomaterial über das ganze Land, wobei er uns jede Broschüre doppelt aufdrängt, einmal in englischer und einmal in deutscher Sprache verfasst. Nachdem wir alles verstaut haben, suchen und finden wir den richtigen Weg nach Baalbek. Eine kleine viel befahrene Straße führt uns weiter nach Norden. Am Straßenrand sehen wir viele Verkaufsstände, an denen Rasenmäher verkauft werden. Komischerweise haben wir hier außer Weideflächen noch nirgends irgendeine Art von Wiese, geschweige denn Rasen gesehen. In Baalbek suchen wir uns eine Unterkunft und werden im Hotel Palmyra fündig. Die Maschinen dürfen wir im umschlossenen Garten des Hotels abstellen, die paar Treppenstufen dort hinauf schaffen wir mit Hilfe von ein paar einheimischen Jungs, die unbedingt mal eine Runde auf den Maschinen (selbst) fahren wollen, was ich ihnen natürlich strikt verweigern muss. Das Hotel selbst hat seine Glanzzeiten schon lange hinter sich gelassen, alles müffelt ein wenig nach alt. Die Zimmer sind trotzdem sauber, die Einrichtung dunkel und schwer, früher vielleicht einmal ein wenig luxuriös.

Baalbeck hat seinen Namen von Baal Bekaa, übersetzt: Herr der Bekaa. Für Archäologen sind seine Ruinen so etwas wie ein Wirklichkeit gewordener Traum, dessen Ursprung irgendwo zwischen Sagen und Glauben verschollen ist. Die Stadt ist heute mit mehr als 10.000 Einwohnern als Touristenattraktion auf dem aufsteigenden Ast, nachdem sie 200 Jahre lang nur Niedergang und Vergessen erlebte. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehören Kubbet Douris, das Grabmal eines arabischen Fürsten, das ca. 1243 aus antiken ägyptischen Rosengranitsäulen erbaut wurde und auf einem kleinen Hügel vor der Stadt steht, die Ruine der "Großen Moschee", die 1318 einer mächtigen Überschwemmung zum Opfer fiel und der Venustempel, ein kleiner Rundbau auf acht Säulen, mit syrischen Bögen und Giebeln. Die Hauptattraktion ist natürlich der Tempelbezirk, Libanons großartigster römischer Schatz, der zu den Wundern des Altertums gezählt werden kann. Seine Tempel gehören zu den erhabensten und größten, die je gebaut wurden, und auch zu den besterhaltensten. Die monumentalen Ausmaße der Sakralbauten, die hoch über der Bekaa Ebene aufragen, waren bewusster Ausdruck der Macht und des Reichtums des römischen Imperiums. Erdbeben, Krieg und Diebstahl fügten im Laufe der Jahrhunderte Baalbecks Anlagen beträchtlichen Schaden zu, zu den Schäden muss man auch die mittelalterlichen Ergänzungen an den Bauten rechnen. In den letzten hundert Jahren haben deutsche, französische und libanesische Archäologen Ausgrabungs- und Restaurationsarbeiten vorgenommen, die dem heutigen Besucher einen wirklichkeitsnahen Eindruck der ursprünglichen Anlage vermitteln. Neben dem Ausgrabungsgelände findet man ein modernes Museum, in dem die Funde aus verschiedenen Epochen ausgestellt werden. Angenehmer Nebeneffekt des Besuchs ist die Rettung vor der Hitze, da hier eine Klimaanlage für angenehme Kühle sorgt.

Schon früh am Morgen verlassen wir ohne Frühstück Baalbek und fahren zurück nach Zahle. Dort irren wir eine Weile herum, bis wir den richtigen Weg Richtung Damaskus finden. Den Süden Libanons wollen wir aus Sicherheitsgründen nicht bereisen. Eine Weile fahren wir auf etwas langweilig geradeaus führenden Sträßchen Richtung Osten, bis wir unvermittelt an der Grenze stehen. Oops, wir wollten doch noch unser libanesisches Geld gegen Sprit und Proviant eintauschen. Wir drehen um und fahren ein Stück weit zurück bis zu einer Tankstelle. Nachdem Tanks und Proviantbeutel aufgefüllt sind, geht es wieder retour. Draußen vor dem Passbüro stehen ein Haufen Leute herum, die libanesische Pfund in syrische umtauschen wollen. Mir sind solche hektischen Geschäfte in Menschentrauben suspekt, so verzichte ich dankend und kümmere mich um die Zollangelegenheiten. Vroni passt auf die Maschinen auf, in der Hoffnung, dass eine Frau von den Wechslern nicht so aufdringlich angesprochen wird wie ein Mann. Wir können schneller als erwartet ausreisen und müssen noch einige Kilometer durch Niemandsland bis zur syrischen Grenze fahren. Dort müssen wir wieder Straßenbenutzungsgebühren bezahlen, unsere Versicherung von der ersten Einreise gilt zum Glück noch. Für die Gebühr brauche ich eine offizielle Umtauschquittung von der Bank um die Ecke. Ich tausche die restlichen libanesischen Pfund um und bringe die syrischen Pfund ins Zollbüro. Aber die werden ohne Quittung nicht akzeptiert. Ich gehe wieder zur Bank zurück und frage nach der Quittung. Die gibt es jedoch nur, wenn man US$ wechselt, das libanesische Geld hätte er sowieso nur aus Freundlichkeit und privat gewechselt. Vielleicht hätte ich doch vor dem Passbüro tauschen sollen? Ich lasse mir die libanesischen Pfund wieder zurückgeben und wechsele die guten Dollars. Später, in Jordanien, will ich nochmals versuchen die libanesische Währung umzutauschen. Auf einer langweilig öden Straße fahren wir nach Damaskus weiter. Im wilden Verkehr der syrischen Hauptstadt müssen wir wieder ums Überleben kämpfen. Nach einem Kaffee und einigen etwas gehetzten Besichtigungen, haben wir irgendwie genug von überlaufenen Städten und entschließen uns, noch heute nach Jordanien zu fahren. Ich suche eine Straße, bei der die Kompassrose im GPS nach Süden zeigt und los geht’s. An der Stadtgrenze finden wir auch die ersten Hinweisschilder nach Amman, der jordanischen Hauptstadt.

Die Luft ist heiß und diesig und die Augen brennen im Licht der diffusen Sonne. Es geht fast nur geradeaus, wir werden schläfrig. In der Hitze verlieren unsere Körper viel Feuchtigkeit und unsere Konzentration wird geschwächt. Wir halten an und trinken viel Wasser mit Vitamintabletten. Frisch gestärkt setzen wir die Reise fort und erreichen bald die Grenze. Die Ausreise ist wieder unproblematisch, die Einreise im Prinzip auch, dauert aus verwaltungstechnischen Gründen aber etwas länger. Beim Geldwechsel lacht mich der Banker aus, als ich ihm meine libanesischen Pfund unter die Nase halte. So etwas wird hier nicht gewechselt. Nachdem wir uns an einem Kiosk frisches kaltes Wasser besorgt haben, ziehen wir wieder Richtung Amman weiter. Da ich Amman schon kenne und wir die großen Städte meiden wollen, suchen wir eine Umgehungsstraße. Leider biege ich auf der autobahnähnlichen Straße zu kurzfristig ab und Vroni, die sich eine Fahrspur weiter links durchmogelte, sieht es zu spät und fährt geradeaus weiter. Ich fahre weiter und suche mir auf einer Offroadstrecke eine illegale Auffahrt zurück zur Hauptroute. Vroni wartet auf der Standspur auf mich, wir fahren die nächste halbwegs legale Abfahrt ab und finden, wiederum offroad, einen Weg zurück zur Umgehungsstraße. Diese Straße wird zu einer Baustelle, in der sich zwei LKW ineinander verkeilt haben. Der restliche Verkehr muss über eine buckelige Piste ausweichen, was bei dem starken Verkehr und der ungeduldigen Fahrweise nicht einfach ist. Dauernd wird gehupt und jeder versucht vor dem anderen in die Engstelle einzufahren, solange, bis gar nichts mehr geht. Wir brauchen eine gute Stunde, um aus dem Chaos wieder rauszukommen und fliehen dann regelrecht aus der Metropole gen Süden. Erst in Madaba weichen wir vom Südkurs ab und fahren auf einer einsamen kurvenreichen Strecke nach Ma’in. Die Straße führt fast bis zum Toten Meer hinab und endet in einem Tal mit heißen Quellen. Wir leisten uns ein sehr teures Hotelzimmer, in den billigen Unterkünften war ich nämlich schon einmal und die sind, gelinde gesagt, eher nicht zu empfehlen. Zur Begrüßung gibt es einen kühlen Fruchtsaft an der Rezeption und später bringt der Zimmerservice ein Körbchen mit Obst. Wir waschen unsere Wäsche und hängen sie auf dem Balkon auf. Die Luft ist so heiß und trocken, dass sogar die Baumwollsachen schon nach kaum einer Stunde trocken sind. Das Abendessen nehmen wir vor der Kulisse eines beleuchteten Wasserfalls ein, dessen heißes Wasser über Kaskaden aus abgelagertem Kalk herabstürzt.

Nach einem mehr als reichhaltigem Frühstück, fahren wir nach Madaba zurück und halten uns dann wieder nach Süden. Auf unserem Weg müssen wir das Wadi Mujib durchqueren, ein tiefer Einschnitt, der zum großen afrikanischen Grabenbruch gehört. An einem Aussichtspunkt oberhalb des Wadis treffen wir auf einen Reisebus mit deutschen Touristen, die gar nicht glauben wollen, dass wir mit dem Motorrad bis hierher gefahren sind. Als wir die andere Seite des Wadis erreichen, setzten wir uns in ein kleines Café, gönnen uns einen Milchkaffee und trinken wieder viel Wasser. Über einsame Asphaltbänder erreichen wir dann die Nabatäerstadt Petra. In Petra selbst ist der Teufel los. Der ganze Ort lebt vom Tourismus und genau so geht es hier zu. Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Taxi zum Eingang der Ausgrabungsstätte und stehen nach einem kleinen Fußmarsch am wohl meist fotografierten Punkt Jordaniens, El Khazneh, dem sogenannten Schatzhaus von Petra. Durch den Ausgang der Schlucht sieht man zunächst nur einen Teil der in den Sandstein gehauenen Säulen. Wir gehen weiter, und stehen nach einigen Metern vor der ca. 40 m hohen und fast ebenso breiten Fassade, komplett aus dem Buntsandstein gemeißelt. Säulen, Tore, Figuren, Türme und Bilder, alles leuchtet in warmen Tönen von weiß bis dunkelbraun. Wir laufen durch das ganze unwegsame Gelände, erklimmen hohe Berge auf schmalen Pfaden und durchwandern kleine Wadis. Überall finden wir die Spuren der Nabatäer, die ca. 350 v. Chr. erst als Räuber, später dann als Händler an der Karawanenstraße zwischen Mekka und Damaskus zu Reichtum kamen. Von kleinen behauenen Steinen bis zu ganzen modellierten Felswänden reicht die Palette. Die in den Berg gehauenen Höhlen mit ihren imposanten Fassaden haben Nischen, in denen die Toten bestattet wurden. In ihrem Inneren wurden Feste im Kreise der Ahnen gefeiert. Die Nabatäer selbst wohnten in Zelten im weit verzweigten System der Schluchten. Nach den kilometerweiten Wanderungen in der Hitze des Tages schleppen wir uns am Abend wieder zu unserer Unterkunft zurück.

Wir ziehen weiter nach Süden. Von einem Plateau herab sehen wir das Wadi Rum vor uns liegen, so eine Art Grand Canyon in Jordanien. Eigentlich wollten wir heute dahin und auch dort unser Zelt aufschlagen, doch anscheinend ist hier gerade ein Sandsturm am Wüten, der dichte graubraune Wolken zwischen den Felsen umhertreibt. Wir beschließen nach Aqaba zu fahren und in den nächsten Tagen zum Wadi Rum zurückzukehren. Wegen dem jüdischen Pessahfest (Erinnerung an den Auszug aus Ägypten) ist die Stadt total überlaufen. Noch vor fünf Jahren war es hier ruhig und gemütlich, die Passanten auf den Straßen begrüßten uns mit "Welcome to Jordan!" oder luden uns zum Tee ein. Nun finden wir ein Touristenzentrum, ähnlich wie in der israelischen Nachbarstadt Eilat vor. Unzählige neue Hotels sind aus dem Boden gestampft worden, aber alle sind ausgebucht. Nach langem Suchen finden wir ein kleines unscheinbares Hotel, etwas abseits des Zentrums, mit einem sicheren Parkplatz im Hinterhof. Endlich können wir uns duschen und etwas von der Fahrt in der Hitze erholen. Am Abend besuchen wir das gleiche Restaurant, in dem ich schon vor fünf Jahren einmal saß und von dem aus man einen schönen Überblick über das geschäftige Treiben der Einheimischen hat. Aber es hat seinen Charme verloren, statt Gemütlichkeit nur noch Touristenhektik. Das Essen ist auch nicht mehr so gut wie damals. In der Grünanlage gegenüber steht ein kleiner Kiosk, wo es frisch gepressten Orangensaft gibt. Hier sitzen viele einheimische Jugendliche und schwatzen und es geht nicht so hektisch zu. Wir setzen uns dort auf eine Bank, trinken den kühlen Saft und beobachten das Geschehen um uns herum.

Heute hat Vroni Geburtstag. Zur Feier des Tages fahren wir ins Wadi Rum. Zunächst geht es wieder nach Norden zurück und wir arbeiten uns von der am Roten Meer liegenden Stadt auf das jordanische Plateau hinauf. Wir lassen das Wadi Rum zunächst östlich von uns liegen und fahren von der Nordseite her in das Tal hinein. Eine kleine Straße bringt uns zwischen hohen Felsen hindurch dem Ziel näher. An einer Abzweigung fahren wir zunächst nach links ins Wadi Disi. Hier dominieren große Schwemmton-Ebenen, von wild zerklüfteten Felsen umrahmt. Die endlosen Weiten und die unwirklich wirkenden Berge am Horizont sind fantastisch. Wir verlassen die Straße und brettern nebeneinander her über die Ebenen. Der Boden ist knochenhart, aber aufpassen müssen wir trotzdem, da ab und zu Gräben die Fläche durchziehen, die kaum zu sehen sind. Man glaubt in kurzer Zeit die andere Seite der Ebene erreichen zu können, aber durch die Luftspiegelungen sieht der Rand näher aus, als er in Wirklichkeit ist. So kreuzen wir noch eine Weile über die flachen Pfannen, bevor wir ins Wadi Rum fahren. Mittlerweile ist bei der Ortschaft Rum auch alles voll touristisch erschlossen. Einige Anbieter von Jeep-Touren erzählen uns, dass es verboten sei mit eigenen Fahrzeugen in die Wüste hinaus zu fahren, was natürlich nur ein Trick ist, um die Jeep-Touren gegen reichliche Bezahlung an den Mann zu bringen. Dann erklärt einer, ich dürfe schon selbst fahren, wenn er mit dem Geländewagen (gegen Bezahlung) voraus fährt, damit ich mich nicht verirre. Ich erzähle ihm, dass ich schon ganz andere Wüstengegenden durchquert habe und auch mein GPS dabei habe. Er bräuchte sich um mich nicht zu fürchten, mit Allahs Hilfe käme ich schon wieder zurück.

Ich fahre alleine in die Sandebenen hinein. Vroni wartet im kühlen Schatten auf mich, da ich den Sand als sehr weich und schwer zu fahren in Erinnerung habe und – werde nicht enttäuscht. Ich kann mich kaum auf der Maschine halten, sie bricht nach allen Seiten aus und versucht mich abzuwerfen. Ich arbeite mich näher an die Felsen heran, da der Sand dort mit Steinen übersät ist und man dort etwas leichter vorwärts kommt. Schlagskaputt komme ich knapp drei Kilometer weiter in einem kleinen Lager an, wo die Touristen mit den Jeeps hingekarrt werden, um einen Folkloreabend zu erleben. Ich stelle den Bock ab und setze mich erschöpft in den Schatten einer Tamariske. Ein Beduine kommt auf mich zu, wir plaudern etwas miteinander und schließlich lädt er mich zum Tee ein. Wir stapfen eine Weile durch den Sand, sein Zelt steht nämlich ein Stück weit hinter dem Lager, und lassen uns im Schatten eines Daches aus Ziegenhaar nieder. Hier ist es sogar kühl, stelle ich fest. Seine Frau kocht Tee und serviert ihn uns. Stolz zeigt er mir seinen vierjährigen Sohn und das ein paar Monate alte Mädchen, das in einer Stofftasche an der Mutter hängt. Wir unterhalten uns eine Weile über die Veränderungen in Jordanien und wie das Leben in Deutschland ist, dann mache ich mich auf den Rückweg, Vroni wartet sicher schon. Die Rückfahrt wird ähnlich anstrengend und ich bin froh, als ich nass geschwitzt endlich am Resthouse ankomme. Rasch schütte ich Wasser in mich hinein, ich kann gar nicht so schnell trinken, wie ich Durst habe. Wir unterhalten uns mit einigen italienischen Motorradfahrern, die sich Bequemerweise ihr Gepäck in einem Auto nachfahren lassen. Die Michelin T66 auf ihren Maschinen erleichtern ihre Entscheidung, den Jeep für eine Tour durch den Sand zu wählen. Auf dem Rückweg nach Aqaba fahren wir ein Stück weit in eine Piste hinein, die uns direkt vor die "Sieben Säulen der Weisheit" führt. Das ist eine Felsformation, unter der seinerzeit Lawrence von Arabien lagerte, bevor er Aqaba von den Türken befreite. Zurück an der Hauptstraße nach Aqaba, treffen wir noch ein paar deutsche Motorradfahrer, die gerade dabei sind, zusammen mit einigen Einheimischen, die Kette an einer ihrer Maschine kürzen, da sie völlig fertig und stark gelängt ist. Wir bieten unsere Hilfe an, doch sie kommen auch alleine klar. Nach dem üblichen Woher und Wohin und dem Austausch einiger Tipps für die Weiterreise - sie fahren die gleiche Tour wie wir, nur in umgekehrter Richtung - setzen wir unseren Weg fort. Abends feiern wir in einem schönen Restaurant Vronis Geburtstag mit einem leckeren Schlemmermahl.

Nach ein paar Tagen ist es uns in Aqaba zu hektisch geworden, wir packen unsere Siebensachen und wechseln nach Israel hinüber. Nach den Erfahrungen in den Jahren zuvor rechne ich mit einem mehrstündigen Aufenthalt an der israelischen Grenze, bei dem sogar die Motorräder halb zerlegt werden müssen. Zu unserer Freude erstrecken sich die Bemühungen der Grenzer nur auf intensive Befragungen, unser Gepäck will diesmal keiner untersuchen. Trotzdem brauchen wir fast zwei Stunden, bis wir das letzte militärisch gesicherte Stahltor passieren und nach Eilat weiterrollen können. Der Campingplatz an der Straße zum ägyptischen Taza, liegt etwas verwaist da. Nö, so einsam muss es nicht sein, da nehmen wir lieber ein Zimmer in der Jugenherberge nebenan. Beim Preis von ca. DM 120.-/Nacht bekommen wir zwar Schweißausbrüche, aber das Frühstück ist inklusive und das Zimmer, eigentlich ein kleiner Bungalow, hat eine Air Condition, was uns bei der drückenden Hitze auch nicht unangenehm ist. Schnell haben wir unser neues Heim bezogen und gehen ins Strandbad direkt gegenüber. Hier räkeln wir uns auf Liegestühlen unter Sonnenschirmen in der leichten Brise, bis einer der Bademeister kommt und seinen Reim aufsagt: "Hello, I’m from the beach, two Shekel each!" Damit dürfen wir nochmals zwei Schekel pro Liegestuhl abdrücken. Ich leihe mir dann noch eine Schnorchelausrüstung samt Flossen aus und wage mich todesmutig in die Fluten. Zunächst wird man auf einem Steg ein ganzes Stück über das direkt am Strand befindliche Korallenriff geführt, dieses darf nämlich nicht betreten werden, da die Korallen sonst beschädigt werden können. Dann erreicht man eine Treppe für den Einstieg in das hier ca. 3-4 Meter tiefe Wasser. Vorsichtig tauche ich in das kühle salzige Nass ein und schwimme an dem kleinen Riff entlang. Hier wimmelt es nur so von kleinen und großen bunten Fischen aller Art. Ich bin begeistert von diesem Anblick und kann gar nicht genug runtertauchen und die Flora und Fauna unter Wasser bestaunen. Vroni mag nicht tauchen, sie schwimmt lieber ein Stück weit raus, für mich eigentlich viel zu weit, da dort draußen ein weiteres großes und tiefes Riff liegt, wo auch der ein oder andere Hai auf Beutesuche sein kann. Als Vroni jedoch von einigen Quallen "bedroht" wird, entschließt sie sich schnell zur Umkehr und kommt recht flott zum Steg zurück. Trotz des Sonnenschirms und der Sonnenschutzcreme haben wir am Abend einen Sonnenbrand, der wie leichte Nadelstiche schmerzt. Deshalb wollen wir den nächsten Tag nicht mehr zum Strand sondern lieber das Aquarium besuchen, das auch ganz in der Nähe liegt.

Das Aquarium selbst ist nicht allzu groß, die eigentliche Attraktion aber ist die Fahrt mit einem U-Boot bis in 60 Meter Tiefe. Bis das Tauchboot startet, sehen wir uns die verschiedenen Becken an, in denen vom kleinen Doktorfisch bis zu großen Haien viele der im Roten Meer beheimateten Fische zu bestaunen sind. Direkt im Wasser steht ein Turm, in dessen unter dem Wasserspiegel liegenden Teil große Fenster angebracht sind. Um den Turm herum wurde ein künstliches Korallenriff angelegt. Die hier herum schwimmenden Fische leben frei im Meer, bleiben jedoch immer an diesem Riff und lassen sich durch die Fenster beobachten. Von der oberen Aussichtsplattform des Turmes hat man einen Überblick über das Aquarium und kann sogar die größeren Fische des Riffes im Wasser erkennen. Dann ist es endlich soweit, wir besteigen das U-Boot. In den Seitenwänden sind große Bullaugen angebracht und vor jedem dieser Fenster steht eine Bank für zwei Personen. Nachdem die Luken geschlossen und sind und eine Sicherheitsbelehrung durchgeführt wurde, legt das Tauchschiff ab und nimmt Kurs auf das große Riff. Über die Bordlautsprecher werden die Lebewesen in den verschiedenen Tiefen erklärt und Wissenswertes über den Aufbau der Riffe erläutert. Zum Schluss besuchen wir noch ein Schiffswrack, das als künstliches Riff mit Absicht hier versenkt wurde. Nach ca. 45 Minuten ist die Fahrt zu Ende und wir kehren beeindruckt zum Aquarium zurück. Den späten Nachmittag und den Abend verbringen wir in Eilat und besichtigen ein Riesen Shopping-Center, in dem es mehrere Eiscafés gibt, von denen wir einige "testen". Über einen kleinen Vergnügungspark kommen wir zum Stadtstrand, machen einen großen Bogen und spazieren in die Altstadt, wo sich Restaurants, Kneipen, Cafés und Bars aneinander reihen. In einem Internet-Café nehmen wir Kontakt mit der Heimat auf und suchen uns danach ein gemütliches Restaurant zum Abendessen.

Wir haben gut in der Juhe gefrühstückt und lassen uns von unseren bepackten Maschinen nach Norden tragen. Schnell liegt das mondäne und sehr teure Eilat hinter uns. Die Küstenlandschaft wechselt ebenso schnell in eine Wüstenlandschaft und wir folgen dem Wadi Araba. Rechts von uns liegt das jordanische Hochplateau, links erstreckt sich die Wüste Negev. Als wir das Tote Meer erreichen, erhebt sich linkerhand die Festung Massada hoch oben auf einem Berg. Der Gipfel war im ersten Jahrhundert vor christlicher Zeitrechnung von König Herodes zu einer Festung ausgebaut worden. Er ließ am Rande des Hochplateaus eine Mauer errichten, sowie Wehrtürme, Vorratshäuser, große Zisternen zur Wasserversorgung, Kasernen und einen prächtigen Palast bauen. Massada diente Herodes als persönliche Zitadelle, als Zufluchtsstätte für den Fall, dass seine Untertanen ihn absetzten, und als Hort vor seiner Feindin Kleopatra, die - wie berichtet wird - oft gegenüber Marcus Antonius ihren Wunsch äußerte, das Königreich Ägypten bis nach Judäa auszudehnen. Hier harrte später eine Gruppe jüdischer Kämpfer mit ihren Familien aus, zu denen noch die letzten verzweifelten Überlebenden des Falles der Stadt Jerusalem hinzukamen. Sie zählten weniger als tausend Seelen, und sie fassten den gemeinsamen Beschluss, den Kampf gegen die römische Unterdrückung fortzusetzen. Nach zwei Jahren der Belagerung durch römische Truppen, erkannte der Anführer, der Verteidiger Eleazar ben-Ya'ir, dass das Ende nahe war. Als die letzten Verteidigungswerke niedergebrannt waren, forderte er seine Gefolgsleute auf, der Sache treu zu bleiben, für die sie so lange und so tapfer gekämpft hatten.

"Lasst uns lieber sterben'', rief er aus, ''als von unseren Feinden zu Sklaven gemacht zu werden, lasst uns von dieser Welt in Freiheit scheiden!'' Die Männer umarmten ihre Frauen und Kinder und legten das Schwert an sie. Sodann wurden Lose gezogen und so die zehn Männer gewählt, um ihren Kameraden das Leben zu nehmen. Zuletzt steckte der letzte überlebende Kämpfer den Palast in Brand und warf sich in sein Schwert. Neunhundertsechzig Männer, Frauen und Kinder starben von eigener Hand. Seither ist Massada das Symbol der jüdischen Freiheit.

Wir biegen zum geschichtsträchtigen Berg ab und folgen der Straße zu einem Touristenzentrum, von wo aus man den Berg besteigen und die Ruine besichtigen kann. Viele Reisebusse haben hier ihre menschliche Ladung ausgespuckt. In diesem Getümmel wollen wir die Maschinen nicht mitsamt dem Gepäck alleine stehen lassen. Auch die Vorstellung mit Motorradkleidung den steilen Weg zur Ruine hinauf zu erklimmen, treibt uns nicht gerade Freude ins Gesicht. Wir beschließen den Besuch auf ein anderes Mal zu verschieben und fahren weiter. Den Campingplatz von En Gedi, auf dem ich 1995 schon einmal war, gibt es nicht mehr. Es ist nur noch ein verlassener müllübersäter Platz zu finden. Das Ufer des Toten Meeres, das damals ca. 50 Meter vom Camp entfernt war, ist heute auch viel weiter entfernt. Anscheinend ist der Spiegel stark gesunken und hat zum Niedergang der touristischen Einrichtungen geführt. Kurz darauf erreichen wir die nur auf dem Papier vorhandene Grenze zu Palästina. Bei Mizpe Shalem biegen wir Richtung Jerusalem ab. Wir kommen vorher durch Bethlehem, sind aber etwas enttäuscht. Kein kleines Dorf mit biblischem Stall, sondern ein quirliger mehr oder weniger moderner und überfüllter Ort erwartet uns. Wir schieben uns durch Hitze und Stau weiter. Vor Jerusalem ist ein regelrechter Verkehrs-Gau. Schimpfend und hupend sitzen die genervten Autofahrer in ihren Blechkisten. Lange Schlangen haben sich auf den Zufahrten zu der Stadt gebildet, die sowohl für Moslems, als auch für Christen und Juden heilige Stätten beherbergt. Auf einer Umgehungsstraße folgen wir den Hinweisschildern nach Jericho, das überfüllte Jerusalem wollen wir auch auf eine spätere Reise verschieben, im Moment fehlt uns der Nerv für Orte mit Verkehrsproblemen. Von Jericho aus folgen wir wieder dem Jordantal nach Norden. Der Grenzverlauf ist befestigt wie seinerzeit die innerdeutsche Grenze. Links von der Straße stehen regelrechte Wehrdörfer. Die Ansiedlungen sind von doppelten S-Draht-Zäunen umgeben, an den Ecken der Befestigungen stehen Wachtürme mit starken Scheinwerfern und Maschinengewehren. Die Zufahrten sind militärisch gesichert. Frieden ist hier nur ein Wort im Lexikon, man lebt in der ständigen gegenseitigen Bedrohung – kein schönes Leben. Wir erreichen den See Genezareth, der hier auch Lake Tiberias genannt wird. Wir folgen einer kleinen Straße am Ostufer entlang und mieten uns auf dem Campingplatz Ha-On einen kleinen Bungalow als Basislager. Von hier aus wollen wir die weiter nördlich gelegenen Golanhöhen erkunden.

Die Golanhöhen gehörten ursprünglich zum syrischen Hoheitsgebiet. Wegen der strategisch günstigen Lage wurden sie nach Angriffen der Syrer von Israel erobert und stehen heute unter israelischer Militärverwaltung. In diesen Gebieten fließt nur wenig Verkehr. Günstig für uns, so können wir gemütlich und ohne Stress die Landschaft erkunden. Israelische Siedler haben hier viele künstliche Seen geschaffen, um ihre Felder zu bewässern. Überall gibt es riesige bebaute Flächen und hin und wieder liegt ein Dorf am Wegesrand, mehrfach eingezäunt und streng bewacht. Weiter im Norden überwiegen eingezäunte Flächen mit dreieckigen gelben Schildern, die vor Minen warnen. Hier, wo der Mensch "ausgesperrt" ist, haben sich viele Vogelarten auf den feuchten Gründen angesiedelt. Am auffälligsten sind die großen Störche, die hier so zahlreich wie bei uns die Spatzen anzutreffen sind. Ein Storch segelt gerade schräg von links über die Straße und wäre voll in mich reingeflogen, wenn ich nicht scharf gebremst hätte. Hoch am Himmel kreisen seine Artgenossen wie Geier über den Hügeln, auf den Wiesen staksen andere futtersuchend umher. Hin und wieder finden wir Schilder am Straßenrand, die mit dem Wort "Shelter" auf Schutzbauten unter der Straße hinweisen. Auf uns Mitteleuropäer wirken die Zeichen des Krieges, der hier immer wieder aufflammt, fremdartig und unwirklich. So schön die Landschaften auch sind, etwas mulmig ist uns hier schon zumute. Wir machen einen Bogen nach Westen und verlassen die grünen Hügel. Unten in der Ebene lassen wir uns auf einer Schnellstraße zur Mittelmeerküste tragen. Wir wollen nach Haifa, um unsere Rückfahrtickets für die Fähre zu buchen. Wir folgen der Küstenstraße nach Süden und arbeiten uns durch den regen Verkehr der wie Perlen aneinandergereihten Ortschaften. In Haifa folgen wir der Hauptstraße zum Hafen und finden auch gleich den Schalter für die Fährtickets. Wir können zwar Plätze für uns und die Maschinen buchen, aber wahrscheinlich bekommen wir keine Kabinen, zumindest kann man uns das heute noch nicht genau sagen. Etwas enttäuscht fahren wir zu unserem Basislager am See Genezareth zurück. Enttäuscht deswegen, weil wir drei Nächte und zwei Tage auf dem Schiff bleiben müssen und das wahrscheinlich auf dem offenen Deck. Bald erreichen wir die westliche Seite des Sees und suchen uns in Tiberias ein Restaurant direkt am See. Vroni versucht die hiesige Spezialität, frittierten St. Peter-Fisch, ich halte mich lieber an gegrillte Hähnchenschenkel. Einige Kinder baden unweit von hier im Wasser, dessen Wellen Plastiktüten, Kunststoffflaschen und Pappschachteln an das Ufer werfen. Der Fernblick ist da schon angenehmer. Die untergehende Sonne taucht das Ostufer mit seinen Hügeln in einen rötlichen Glanz. Der Himmel zergeht von blau in rosa und tiefrot. Schließlich ist nur noch ein leichter heller Streifen übrig und die Sterne treten langsam hervor. Diese Aussicht hat natürlich auch ihren Preis, der uns in Form einer gesalzenen Rechnung fürs Abendessen serviert wird, dessen Qualität eigentlich noch unter Pommes-Buden Niveau war. Um unser Bares erleichtert umrunden wir die Südspitze des Sees und fallen müde in unser Bett.

Auch heute zieht es uns wieder in den Norden. Wir wollen zum Mount Hermon, dem höchsten Berg Israels, auf dem man sogar Ski fahren kann. Zunächst durchpflügen wir wieder den Golan, finden zerschossene Gebäude und besichtigen Schützengräben, von denen aus man Taleinschnitte und Transportwege überwachen kann. Die riesigen Staubwolken, die ab und zu in der Nähe der Straßen aufgewirbelt werden, kommen von Panzern und Militär-LKW, die hier Präsenz zeigen. Kleine Militärlager liegen in den niedrig gewachsenen Wäldern und erinnern jederzeit an die wenig friedliche Situation in dieser Region. Uns ist es hier zu unfriedlich, lieber rollen wir weiter, auf die Bergspitze im Dunst des Horizonts zu. Vergebens suchen wir in den kleinen Ortschaften auf unserem Weg ein nettes Café am Straßenrand. Anscheinend ist hier aber nicht die Gegend, wo man sich unbeschwert mit seinen Nachbarn und Freunden im Freien trifft und plaudert. In einem großen Dorf am Fuße des Mount Hermon beginnt die kurvenreiche Auffahrt zum Berg. Tief unten auf den grünen Matten der Hochtäler erkennen wir kleine Schaf- und Kuhherden. Die gleichen Tiere erwarten uns aber auch hinter jeder Kurve, wo sie die spärlichen Triebe, die hier zwischen den Felsen wachsen, abweiden. Manche fressen unbeeindruckt weiter, andere flüchten und müssen dabei unbedingt unseren Weg kreuzen. Kurz vor der Talstation eines Skilifts biegen wir auf einen Schotterweg ab, der sich gemütlich weiter nach oben schraubt und vor einer Militärstation endet. Die Aussicht ist zwar grandios, die antennenbewehrten Masten in unserem Rücken und die Posten auf den Wachtürmen unterdrücken jedoch die Freude etwas. Wir drehen um und fahren zur Liftstation zurück. Die Bierwerbung auf einem riesigen Reklame-Schild ruft den Durst zurück, der Kiosk am Lift hat jedoch geschlossen. Wir rollen gemütlich den Berg wieder hinunter, nicht ohne erneut etwas Bewegung in die am Straßenrand weidenden Herden zu bringen. Im Dorf angekommen wählen wir diesmal den westlichen Weg nach Süden. Wir finden zunächst ein blitzsauberes Feriendorf, und fragen uns, wer denn hier Urlaub macht? Dann folgen wir unsicher dem Weg durch das Dorf weiter. Unsicher deshalb, weil es uns komisch vorkommt, dass eine Straße durch einen Ort führt, an dessen Anfang und Ende jeweils ein großes Tor angebracht ist. Später peilen wir eine Burgruine an, die auf einem der Hügel vor uns steht. Es sind die Überreste der Burg Nimrod. Hinter den Hügeln lassen wir uns ins Tal fallen, wo wir der Ausschilderung zur Quelle des Jordan folgen. Wir halten uns dann parallel zum Lauf des schmalen Flüsschens und durchqueren eine fruchtbare Ebene mit riesigen Feldern und großen künstlichen Bewässerungsanlagen. Die Luft ist hier heiß und feucht, wir flüchten lieber in die etwas kühleren Hügel weiter im Westen und zielen hinter Zefat wieder auf den See Genezareth. Wir umrunden diesmal die Nordspitze und wählen das weniger verkehrsreiche Ostufer, um zu unserem Lager zurückzukommen.

Heute treten wir die Rückreise an. Wir werden fast eine Woche benötigen, um unsere Heimat wieder zu erreichen. In Tiberias arbeiten wir uns über Serpentinen wieder auf Meereshöhe hinauf, denn auch der See Genezareth liegt weit unterhalb des Meeresspiegels. Da wir noch reichlich Zeit bis zur Abfahrt der Fähre in Haifa haben, machen wir noch einen Abstecher zum Berg Tabor, um die Verkündigungskirche zu besichtigen. Mir ist hier aber alles zu scheinheilig, angefangen bei den verklärten Gesichtern der Besucher bis hin zu den Geschäftemachern, die für viel Geld einen Haufen Schund verkaufen. Wir durchqueren Nazareth, das, ähnlich wie Bethlehem, kaum etwas von seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit zu erkennen gibt. Viel Verkehr, Stau, Gehupe und Abgase dominieren auch hier. Kurz vor Haifa essen wir noch eine Kleinigkeit, stürzen uns dann ins Verkehrsgewühl der Hafenstadt und holen unsere Tickets. Leider gibt es tatsächlich keine Kabinen mehr, so müssen wir die gesamte Zeit auf dem grottenschmutzigen Deck fristen. Unterwegs legen wir auf Zypern, Kreta und Rhodos an. Auf Zypern und Rhodos haben wir jeweils einen halben Tag Aufenthalt und können so jeweils ein paar Stunden dem Seelenverkäufer entfleuchen. Von Piräus aus fahren wir wieder auf eigener Achse weiter. Obwohl ich schon ein paar Jahre nicht mehr in Athen war, finde ich wie gewohnt rasch den Weg aus der Millionenstadt heraus. An der Nordzufahrt des Kanals von Korinth kenne ich noch ein kleines Lokal, direkt an der Kanaleinfahrt, wo wir gemütlich Essen und uns dabei eine leichte aber frische Brise um die Nase wehen lassen. Dann folgen wir der Nordküste des Peleponnes und fühlen uns richtig frei und unbeschwert beim Kurvenräubern. In Patras buche ich die Fähre zurück nach Venedig. Nach der schier endlosen Zeit auf dem schmutzigen Schiffsdeck zuvor, nehmen wir eine Luxuskabine mit allem drum und dran. Ein angenehmer Abschied von einer langen ereignisreichen Tour zur Wiege unserer Kultur.