Oman 2006 - Bericht


Endlich mal eine angenehme Einreise. Der Grenzer bittet mich in das klimatisierte Gebäude und ich bin der Einzige am Schalter. Zuvorkommend, aber auch bestimmt, erklärt er mir die Einreiseprozedur und knöpft mir auch gleich 60 AED (13,56 €) für das Visum ab. Stempel in den Pass und ich bin drin. Nach dem Motorrad fragt kein Mensch. Gegenüber ist eine Bank, bei der ich mich mit omanischen Rial eindecke. Am Schlagbaum muss ich noch mal den gestempelten Pass zeigen, dann heißt es: "Welcome to Oman!"

Ich genieße die ersten wirklichen Kurven seit Tourbeginn und lasse die Transalp flott dahin gleiten. Hier macht sich gleich die Höherlegung des Fahrwerks bemerkbar. Trotz nicht unbeträchtlichem Gepäck und guter Schräglage, bleiben die Fußrasten noch weit vom Boden entfernt. Doch schon nach wenigen Kilometern lockt mich ein Café vom sich schlängelnden Asphaltband herunter und ich mache eine Pause. Entspannt sitze ich in der Sonne und genieße meinen Tee. Einige der anderen Gäste laufen um mein Motorrad herum und bestaunen den bepackten Esel. Mit erhobenen Daumen geben sie mir zu verstehen, dass ihnen das Teil gefällt. Der Wirt zieht mir einen Rial für den Tee ab und ich bezahle gewohnheitsmäßig. Als ich wieder unterwegs bin, geht mir der ganze Vorgang noch mal durch den Kopf. In den Emiraten hatte der Tee 1 Dirham gekostet. Allerdings ist der Wechselkurs 10:1, also 10 Dirham entsprechen 1 Rial. Oh Mann, jetzt hat mich der Kerl doch übers Ohr gehauen .

Die flotte Fahrt durch die Berglandschaften geht weiter. Viele Kurven später erreiche ich die Küstenstadt Sohar. Da mir auf der Hauptdurchgangsstraße zuviel los ist, fahre ich zum Meer hinunter und dort auf der Corniche parallel zum Strand entlang. Hier bin ich fast als Einziger unterwegs. Links das azurblaue Meer, rechts die weißen Häuser und einige Palmen, über mir die Sonne und unter mir mein treues Ross. Was will das Motorradfahrerherz mehr vom Leben. Am südlichen Ende der Corniche, gegenüber vom Amtssitz des Wali, liegt das Fort von Sohar. Die Grundmauern stammen aus dem 13. Jhd., heute ist es restauriert und als Museum ausgebaut. Viel gibt es zwar nicht zu sehen, doch einige der Räume sind nett hergerichtet und zeigen auf Bildern und kleinen Toporamen die Geschichte der Region. Nach der Besichtigung möchte ich wieder durch die Berge nach Ibri fahren. Irgendwie komme ich aber auf den falschen Weg und fahre einige zehn Kilometer umsonst auf Schotterpisten durch die Gegend. Na ja, ganz umsonst ist das für einen Enduristen ja nicht, wo findet man in Europa noch so viel legalen Schotter und auch noch in ansprechender Umgebung. Einziges Manko sind die vielen Wolken, die sich hier zwischen den Gipfeln festgesetzt haben und den Ausblicken Grenzen setzen. Immer wenn die Strecke nahe an Ansiedlungen vorbei führt, kommen einige Hunde zwischen den Häusern hervor und jagen mich. Grundsätzlich habe ich Angst vor Hunden, doch nach zahlreichen Erlebnissen in anderen Ländern bin ich etwas selbstbewusster geworden. Ich lasse die Tiere herankommen, beschleunige dann langsam bis sie kaum mehr mitkommen. Sobald sie von mir ablassen, werde ich langsamer oder halte an, bis sie die Verfolgung wieder aufnehmen. Das ganze geht solange, bis wir die Reviergrenze überschreiten. Wirklich gefährlich scheinen mir die Kläffer nicht zu sein. In einem großen Bogen komme ich wieder nach Sohar zurück. Einige Kilometer südlich der Stadt finde ich dann doch den richtigen Weg. Auf dem Weg in die Berge hinauf, quere ich eine kleine Ebene. Ein einzelner Hügel mit einem alten Turm auf seiner Spitze zieht den Blick magisch an. Wie eine Einladung führt ein unbefestigter Weg zum Fuß des Hügels hin. Ich holpere den steinigen Weg hinauf, um mir die Ruine anzuschauen. Von Nahem betrachtet bleibt von dem Turm nur ein alter, mit Graffiti übersäter Steinhaufen übrig. Machen wir es kurz, die Aussicht auf die Ebene und natürlich auch der Schotterweg waren noch das Beste an der Besichtigung.

Tief in den Bergen wird die Ausschilderung immer miserabler. Die omanische Landkarte ist hier grottenschlecht und das Kartenmaterial im GPS lässt leider auch zu wünschen übrig. Da muss man sich doch verfahren. Eigentlich ist die Desorientierung gar nicht schlecht. Führt sie mich durch malerische Wadis und tiefe Schluchten. Enge Kehren bringen mich steile Wege hinauf und wieder hinunter. Mit der Zeit wird der staubige Untergrund immer schlechter und ich erwarte jeden Moment auf eine Bretterwand zu stoßen worauf steht, "Hier ist die Welt zu Ende!" Auf einem der Hügel stehen einige kleine Höfe. Wegen der Enge der Strecke und dem zerfurchten Boden, wende ich die Maschine auf dem halbwegs ebenen Boden im Eingangsbereich eines der Anwesen. Sofort kommen einige Kinder aus dem Haus gerannt und verschließen rasch das Hoftor. Sie scheinen sich vor mir zu fürchten. Neugierig wie Kinder sind, spitzen sie um die Mauerecken, was ich da wohl mache und beobachten, wie ich mein Motorrad mit zu kurzen Beinen umständlich wie einen Möbelwagen wende. Dann fahre ich ein ganzes Stück zurück und versuche mich neu zu orientieren. Zu meinem Ärger fängt die Honda jetzt auch noch an zu mucken. Bei niedrigen Drehzahlen verschluckt sie sich und will kaum Gas annehmen. Ich kann nur noch mit viel Gas und schleifender Kupplung durch die verspurten Kehren eiern. Ich halte an und baue den Luftfilter aus. Dieser ist zwar staubig, aber so wild sieht die Verschmutzung auch nicht aus. Nach dem Ausklopfen baue ich ihn wieder ein und fahre weiter. Das Problem ist aber immer noch da. Nächster Stopp. Nun wechsele ich die Zündboxen. Seit einem Defekt der CDI in der Türkei vor zwei Jahren, habe ich immer Ersatz dabei. Aber auch diese Maßnahme ändert nichts am Fahrverhalten. Also tuckere ich erstmal grübelnd weiter. Kurz vor dem Dunkelwerden erreiche ich wieder ein Asphaltband, das auch in die richtige Richtung zu führen scheint. Vor lauter Frust über das Ruckeln gebe ich ordentlich Gas und jage mit fast 160 Sachen durch die Gegend, bis mir die nächsten Kurven Einhalt gebieten. Komischerweise läuft der Motor nach dieser Aktion wieder richtig gut. Kein Ruckeln, kein Stottern. Später soll sich herausstellen, dass es doch am verschmutzten Luftfilter gelegen hat.

Heute komme ich nicht mehr nach Ibri, zumindest nicht solange es hell ist. Beiderseits der Straße breiten sich mit Bäumen und Büschen bewachsene Ebenen aus. Ideal für einen Schlafplatz abseits des Weges. Ich fahre ungefähr zwei Kilometer weit von der Straße weg, um mein Lager sichtgeschützt aufzubauen. Als mein Zelt steht und ich mein spärliches Abendessen in Form einer Banane und eines Müsliriegels einnehme, färbt sich der Himmel traumhaft rot. Schade, dass ich dieses Schauspiel alleine erleben muss. Nach dieser "Abendschau" lade ich noch meine Tracks vom GPS auf den Palm, dann heißt es Licht aus und den Tag beim Anblick der Sterne noch mal Revue passieren lassen. Während ich so dahin dämmere, habe ich das Gefühl, das in meinem Mund irgendwas nicht stimmt. Ich spiele eine Weile mit der Zunge an den Schneidezähnen herum, da wackelt doch was?! So ein Mist, da ist doch tatsächlich ein kleines Stück vom Zahn abgebrochen. Der verbliebene Rest ist sehr scharfkantig und fühlt sich wie ein Fremdkörper an. Das hat mir gerade noch gefehlt. Hoffentlich bekomme ich jetzt keine Zahnschmerzen.

Erst habe ich zu lange wach gelegen, dann habe ich zu lange geschlafen. Für mich ist halb neun am Morgen fast schon Mittagszeit. Ich rödele mein Gepäck auf und fahre zur Straße zurück. Das kraftraubende Durchqueren der Wadis und Überwinden der Weichsandstellen ersetzen den Frühsport und machen Hunger. In der nächsten Ortschaft stoppe ich an einem Straßenrestaurant. Der indische Wirt brät mir ein riesiges leckeres Omlett. Bei der Teebestellung habe ich jedoch (wieder) nicht aufgepasst und bekomme das Getränk mit Zucker und Milch serviert, pfui Deibel. Frisch gestärkt tauche ich dann in das etwas chaotische Ibri ein. War ich bisher fast alleine auf der Straße, so muss ich mich hier gegen viele andere Verkehrsteilnehmer behaupten und gleichzeitig den richtigen Weg suchen. Die nette Hilfe eines Omani gleicht die schlechte Beschilderung aus und führt mich auf den rechten Weg. Die Überlandstraße ist wieder weniger stark frequentiert, so dass ich mich wieder mehr auf die Landschaften konzentrieren kann und trotzdem rasch vorwärts komme. Nachmittags erreiche ich Bahla mit seinem großen Fort. Rechts der Straße steht ein Hügel und verspricht eine gute Aussicht. Eine steinige Piste führt hinauf und ohne groß zu zögern steuere ich darauf zu. Von Nahem betrachtet ist die Piste sehr viel schlechter, aber nun ist es zu spät. Durchgeschüttelt wie ein Rodeoreiter erreiche ich gerade so den Gipfel. Mit zitternden Knien steige ich ab und muss mich erst kurz erholen. Als ich mich umschaue stelle ich fest, dass das ganze Gelände, bis auf die steile Einfahrt, eingefriedet ist und ich auf gleichem Wege zurück muss. Das scheint mir ohne Sturz fast unmöglich zu sein. Bevor mir aber wirklich bange wird, will ich die Aussicht genießen und ein paar Fotos schießen. Einige Minuten später heißt es tief durchatmen, die Transalp irgendwie auf dem bierdeckelgroßen Gipfel wenden und sich hinab in die Tiefe stürzen. Ich halte mich nur am Lenker fest, den Rest machen die Hangabtriebskraft und die Maschine selbst. Entgegen meinen Erwartungen komme ich zwar mit rasendem Puls, aber dennoch heil unten an. Bevor ich weiterfahre, muss ich erst noch mal kräftig durchatmen und die Herzfrequenz senken. Das nächste Mal schaue ich mir die Auffahrten besser an, keine Experimente mehr .

Auf dem Weg nach Nizwa gibt es einen Abzweig zum 2.000 Meter hohen Jebel Shams. Von dort oben aus kann man in 1.000 Meter tiefe Schluchten blicken. Das muss ich mir unbedingt anschauen. Auf dem Weg dorthin treffe ich ein Schweizer Pärchen, das auf Fahrrädern unterwegs ist. Wir unterhalten uns ganz nett und tauschen noch ein paar Tipps aus. Der Aufstieg zur Passhöhe ist kurvenreich, die Kehren sind sehr steil. Die letzten Kilometer sind nicht mehr ganz so steil, aber unbefestigt und nicht weniger schwierig zu meistern. Natürlich nehme ich zunächst den falschen Abzweig und lande bei einer Militärstation. Die Soldaten erklären mir freundlich den richtigen Weg und ich kehre um. Nicht viel später erreiche den ersten Aussichtspunkt und genieße den Blick in die Tiefe. Einige Kinder spielen Fußball und kommen gleich zu mir gelaufen. Doch nicht aus Neugier, sondern um mir irgendwelchen Kitsch zu verkaufen, hier scheinen oft Touristen hinaufzukommen. Einige Kilometer weiter geht es etwas weniger touristisch zu. Der Aussichtspunkt ist nicht mit Drahtseilen gesichert und es sind auch keine Verkäufer da. Hier kann man in Ruhe verweilen und die imposante Landschaft auf sich wirken lassen. Nachdem ich wieder am Fuße des Jebel Shams angekommen bin, treffe ich nochmals auf die beiden Schweizer. Ich erzähle ihnen, was sie an Strecke noch vor sich haben. Zuhause fahre ich zwar auch viel Fahrrad, aber auf die steilen Kehren würde ich persönlich lieber verzichten. Doch die beiden fahren tapfer weiter. Sie wollen sich aber offen halten, evtl. ein Auto anzuhalten und sich dann hinauffahren zu lassen.

Mitten in Nizwa treffe ich dann auf die Gruppe von Petra und Rainer. Sie sitzen in einem Café und laben sich an diversen Getränken. Da ich ins gleiche Hotel möchte, in dem sie auch untergebracht sind, verabreden wir uns gleich zum gemeinsamen Abendessen. Den Aufenthalt im Hotel nutze ich um Wäsche zu waschen, Handy, GPS und Palm aufladen und natürlich auch für eine ausgiebige Dusche. Abends laufen wir zusammen ca. zwei Kilometer weit zu einem indischen Restaurant, das die anderen schon von einer früheren Reise her kennen. Und wirklich, das Essen ist dort sehr schmackhaft und wir verbringen gemeinsam einen lustigen Abend. Mit vollem Bauch ist man nicht mehr so beweglich, deshalb fahren wir mit einem Taxi zum Hotel zurück. Im Zimmer von Petra und Rainer gibt es noch einen Absacker, bevor jeder in sein Bett verschwindet.

Nach einem gemeinsamen Frühstück, trennen sich unsere Wege wieder. Die andere Gruppe fährt in Richtung Rub al Khali weiter, ich selbst bleibe noch in Nizwa, um mir die Stadt anzuschauen und meine weitere Tour vorzubereiten. Nachdem die anderen abgefahren sind, fahre ich mit dem Taxi in die Stadt. Erstes Ziel ist eine der Zahnkliniken, die mit großen Schildern um "Kunden" werben. Obwohl noch andere Patienten im Warteraum sitzen, komme ich sofort dran. Die "Werkzeuge" sind nicht ganz so modern, wie gewohnt. So hat der Bohrer z. B. noch keine Wasserkühlung. Das ändert aber nichts am Eifer des Zahnarztes, er baut die fehlende Ecke neu auf und sie hat bis heute gehalten. Für die Arbeit wechseln umgerechnet ca. 11 Euro den Besitzer. Zuhause wären allein schon 10 Euro Praxisgebühr fällig gewesen. Nachdem dieses Problem gelöst ist, schlendere ich zufrieden durch Nizwa. Ich besichtige das schöne Fort, trinke Tee und besuche das Internetcafé um mich zuhause zu melden.

Am nächsten Morgen fahre ich über Bahla nach Jabrin, um das dortige Fort zu besichtigen. Es ist verhältnismäßig groß und gut restauriert. Von den Türmen aus hat man eine gute Sicht über die Ebenen hinweg bis zu den umgebenden Bergen. Von Jabrin aus geht es wieder zurück Richtung Nizwa. Ziemlich genau in der Mitte zwischen Bahla und Nizwa führt eine Piste durch die Berge Richtung Küste. Der Anstieg ist steil, die Kehren sind eng und der Untergrund ist teils ziemlich weichsandig. Mit der beladenen und voll getankten Reiseenduro ist es nicht immer leicht, die ausgefahrenen Kehren zu meistern. Doch irgendwie schraube ich mich immer höher in die Bergwelt hinauf. Zwischendurch passiere ich mehrere Baustellen. Anscheinend soll dieser Weg irgendwann einmal geteert werden. Schade, gerade diese anspruchsvolle Schotterstrecke wäre ein Highlight für Endurofahrer. Auf der Passhöhe zeigt mein GPS eine Höhe von 2.050 Metern an. Von oben kann man, wie schon beim Jebel Shams, tief in die Täler hinab blicken. Von hier aus sieht man auch die Piste, auf der ich nach dem Abstieg fahren werde. Dort werde ich später eine Höhe von knapp über 900 Metern feststellen. Die Täler sind also über 1.000 Meter tief! Die Abgründe am Pistenrand sind nicht gesichert. Ein falscher Fehler und man ist schneller am Talgrund, als einem lieb ist. Langsam zirkele ich durch die Kehren hinab. Manche sind so eng und steil, dass mir das Hinterrad wegrutscht. Trotzdem macht es tierischen Spaß diese Trasse zu meistern, nur passieren darf hier in der Einsamkeit nichts. Zwischendurch fällt mir ein, dass ich heute Geburtstag habe. Mangels Reisepartnern gratuliere ich mir selbst und verspeise virtuell ein Stück Kuchen. Nächstes Jahr habe ich ja wieder Geburtstag, tröste ich mich, da gibt es dann richtigen Kuchen.

Unten im Tal verzweigen sich die Pisten. Komischerweise verfahre ich mich hier nicht ;-). Die Richtung stimmt und ich lasse die Alp über den Schotter fliegen, bis eine dichte Staubwolke vor mir auftaucht. Ein klappriger Geländewagen ist für den künstlichen Sandsturm verantwortlich. Leider ist das Überholen hier unmöglich. Deshalb lasse ich mich immer wieder zurückfallen und lege kurze Pausen ein, damit ich ohne Atemnot weiter komme. Irgendwann biegt der Toyota endlich ab und ich habe wieder freie Fahrt. Über die steinigen Pisten des Wadi Sathan erreiche ich am Nachmittag das Örtchen Rustaq. Auch hier gibt es ein restauriertes Fort, das ich besichtige. Die meist leeren Innenräume unterscheiden sich kaum von denen in den anderen Forts. Auch die äußeren Formen unterscheiden sich eigentlich nur in der Größe der Anlagen. Trotzdem üben die kantigen Formen der Gebäude und die Zinnen der Mauern und Türme einen eigenen Reiz aus. Als ich zu meiner parkenden Maschine zurückkomme, werde ich schon von zwei jungen Omanis erwartet. Sie überhäufen mich mit Fragen und wir unterhalten uns recht lange. Zwischendurch kommt ein Reisebus an und lässt seine Ladung, alles deutsche Touristen, auf das Fort los. Einige freuen sich mich zu sehen und bewundern das "Abenteuer". Andere tun offensichtlich desinteressiert und schießen dann heimlich Fotos von mir, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Während dann fast alle in dem Fort verschwinden, bleibt ein älterer Herr aus dem Bus bei uns und gibt sich auch als Motorradfahrer zu erkennen. Während wir so am plaudern sind, kommt ein weiterer Omani zu uns und schenkt jedem eine kühle Dose Pepsi.

In Al Awabi suche ich eine Weile erfolglos nach dem dortigen Fort. Das Finden war auch unmöglich, da ich den Standort mit dem Ort Nakhl verwechselt habe. Die Sucherei hat eine Menge Zeit gekostet und langsam wird es Zeit für das Nachtlager. Ich biege ins Wadi Bani Kharus ab und gerate in einen rechten Feierabendverkehr. Über der kompletten Piste steht eine Staubwolke und zahlreiche Autos und Kleinlaster fahren das Wadi hinauf. Hier ist mir einfach zuviel los. Ich düse zurück zur Straße und nehme einige Kilometer weiter den Abzweig ins Wadi Awf. Hier ist zwar verkehrstechnisch nichts los, aber die hohen Felsen beiderseits der Piste bieten keine Möglichkeit, einen sichtgeschützten Lagerplatz zu finden. Bald erreiche ich wieder das Wadi Sathan und schraube mich dort immer weiter in die Berge hinauf. Doch mit jedem Meter weiter hinauf schwinden meine Chancen auf einen guten Lagerplatz. Ich hätte besser genau die entgegengesetzte Richtung nehmen und in der Ebene am Fuße des Bergmassivs mein Glück versuchen sollen. Plötzlich stehen zwei Kleinlaster in der Kehre vor mir. Der Boden ist ziemlich lose und die schweren Fahrzeuge kommen den Berg nicht hoch. Einer rollt gerade wieder vorsichtig rückwärts hinunter. Ich flutsche gerade so zwischen Auto und Felswand hindurch und jage unter dem Beifall der umherstehenden "Einweiser" die Piste hinauf. Mittlerweile ist die Sonne weg und die Nacht senkt sich in die Täler. Ich muss jetzt endlich einen Platz finden. Linkerhand schlängelt sich ein enges Wadi zwischen den Felsen entlang. "Hier oder nirgends", denke ich und fahre hinein. Der Boden besteht aus lauter stabförmigen Steinen und erleichtert das Fahren nicht gerade. Der Pfad ist so eng, dass ich mich teilweise durch Dornengebüsch hindurchtasten muss. Endlich weitet sich das schmale Geläuf etwas. Ich finde einen einigermaßen flachen Platz, der nicht gerade an der tiefsten Stelle des trockenen Flussbettes liegt. Flugs das Zelt aufgebaut, bevor es ganz dunkel ist. In der Ferne höre ich Motoren geräusch. Anscheinend haben die Lastwagen den Berg doch noch geschafft. Sie fahren im Dunkeln ihrem Ziel entgegen. Kaum ist das Brummen verstummt, wird es wieder laut. Grillen, Vögel und sonstiges Getier stimmen ein Konzert an. So laut habe ich das noch nie erlebt. Trotzdem, oder gerade deswegen, schlafe ich rasch ein.

Klicker klacker, klicker klacker. Ich höre wie Steine herumkullern. Irgendjemand scheint draußen herumzulaufen. Ich spähe vorsichtig hinaus. Es ist zwar hell, doch von der Sonne ist noch nichts zu sehen. Klicker klacker. Mutig steige ich aus dem Zelt und . sehe mich von einer Herde Ziegen umgeben. Neugierig schnuppern sie am Motorrad, vor mir halten sie aber Abstand. Ein Hirte ist nirgends zu sehen. Trotz der frühen Stunde packe ich alles zusammen und fahre los. Über eine Stunde brauche ich, bis ich wieder die Straße nach Al Rustaq erreiche. Mein nächstes Ziel ist Al Hazm, aber auf Teer ist mir das zu langweilig. Lt. Karte gibt es eine Piste, die durch ein Flussbett führt, also nichts wie hin. Hinter einer Brücke führt ein Schotterweg ins Flussbett hinab. Zahlreiche Fahrspuren führen durch den Kies und bilden die gesuchte Piste. Ab und zu passiere ich eine Ansiedlung. Kinder winken mir zu, Frauen laufen mit Krügen auf dem Kopf zum Wasserholen. Dann herrscht wieder für viele Kilometer Einsamkeit. An einer unübersichtlichen Stelle nehme ich die falsche Richtung. Der Weg endet bei einem Gehöft. Drei große Hunde versuchen mich zu verjagen, aber der schlechte Untergrund verhindert zunächst eine zügige Flucht. Dann ist auch noch der Weg zu Ende und ich muss Wenden. Zum Glück bleiben die gebleckten Zahnreihen auf Abstand. Das Motorrad ist ihnen anscheinend etwas unheimlich. Noch einmal muss ich an den Stallungen vorbei und zur Hauptpiste zurück. Etwas später treffe ich auf einen Fußgänger und frage nach dem Weg. Ich muss tatsächlich in den Bach hinunter fahren und ein Stück weit dem Wasser folgen. Das Wasser ist zum Glück nicht tief und nach nicht mal fünfzig Metern, finde ich wieder eine erkennbare Fahrspur, auf der ich im Trockenen weiterfahren kann. Die Spur führt in ein Dorf, von da aus geht es auf Asphalt weiter. Das Fort von Al Hazm ist geschlossen, also nichts mit Besichtigung und weiter nach Nakhl. Wieder gibt es zwei Wege, der eine geteert, der andere offroad. Klaro geht es offroad weiter. Ich habe die steinigen Wege hinter mir gelassen und bin nun in der Ebene zwischen Berge und Küste. Hier ist es flach, bis auf einige wenige Sanddünen. Dementsprechend hat sich auch der Untergrund der Pisten geändert. Ich muss jetzt mit Weichsandfeldern kämpfen und ordentlich Gas geben, damit die Maschine stabil läuft. Mit ungefähr 70-80 km/h lässt es sich einigermaßen entspannt fahren. Hin und wieder, wenn ich an Ansiedlungen vorbei komme, fallen einige Hunde über mich her. Zumindest versuchen sie es, können aber mit meinem Tempo, das ich zwangsläufig drauf habe, nicht mithalten. Die Piste endet an einer breiten Straße, die nach Nakhl führt. Unmittelbar vor dem Fort gibt es ein Restaurant. Nach all den anstrengenden Pistenkilometern brauche ich dringend ein Frühstück, auch wenn es mittlerweile schon Mittag ist. Ich verspeise gleich zwei Egg-Sandwiches, wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Das Fort ist im Vergleich mit den bisherigen Wehranlagen ziemlich groß. Es stammt aus der Zeit als Perser und Sassaniden das Land besetzt hatten. Die Festung wurde seither mehrfach vergrößert und renoviert. Von den sechs Türmen aus hat man einen schönen Blick über Nakhl, das im Norden von steilen Bergen begrenzt ist und im Süden in eine Ebene ausläuft.

Nach dem kulturellen Teil wird der Tank gefüllt und der Ölstand kontrolliert, bevor ich auf die Überlandstraße nach Muscat einschwenke. Je näher ich der Hauptstadt komme, desto dichter wird der Verkehr. Auf der Autobahn umfahre ich die City und wende mich der südwestlich gelegenen Küste zu. In der Nähe von Al Bustan ist das Oman Dive Center. Die Anlage liegt in einer schönen Bucht und wurde mir von anderen Oman-Reisenden empfohlen. Das Schöne hat natürlich seinen Preis. Etwas mehr als 20 Euro für die Übernachtung im eigenen Zelt, inkl. Frühstücksbuffet sind nicht gerade ein Sonderangebot. Trotzdem möchte ich 2 Nächte bleiben. Acht Wohnmobile aus Deutschland stehen hier. Die Leute sind unterwegs, um das Rote Meer zu umrunden. So ein Rentnerleben wünsche ich mir auch! Einer der Fahrer, Willem, bietet mir gleich an, seinen Kühlschrank zu benutzen. Aber auch sonst weiß er die eine oder andere Story zu erzählen. Er ist für mich ein willkommener Gesprächspartner, nach meiner bisher recht einsamen Tour. Abends gönne ich mir das angebotene mehrgängige Dinner, es kostet noch mal soviel wie die Übernachtung.

Nach dem üppigen Frühstücksbuffet will ich die angefressenen Kalorien wieder abtrainieren. Ich entschließe mich zu einer Wanderung. Über einen Bergrücken erreiche ich die Nachbarbucht. Von da aus umgehe ich den nächsten Berg und erreiche ein Fischerdorf. Am Strand werden gerade die Boote mit einer eher antiken Holzwinde an Land gezogen. Einige ältere Fischer reparieren ihre Netze. Zwei Jungen stehen am Strand und angeln erfolgreich Fische. Von hier aus laufe ich direkt an der Küste entlang in die nächste Bucht, was nur während der Ebbe möglich ist. Dazu muss ich ganz schön lange über Steine klettern. Manchmal weiß ich nicht, ob der Weg vielleicht eine Sackgasse ist. Aber es geht immer irgendwie weiter. Hinter einer Biegung erreiche ich den Strand des Al Bustan Hotels. Dem angeblich besten Nobelschuppen im ganzen Oman. Überall in der Umgebung gibt es grünen Rasen. Uniformierte Bedienungen huschen durch die Gegend, um den Urlaubern jeden Wunsch zu erfüllen. Das ist nicht ganz meine Welt. Ich durchquere die Anlage, laufe in die nächste Bucht und erreiche dort Al Bustan. Von hier aus laufe ich an der Straße entlang wieder zurück zum Dive Center. Leider habe ich mich in der Entfernung verschätzt. Schon auf halbem Wege geht mir mein Wasser aus. Verdursten muss ich hier zwar nicht, aber es ist mühsam durstig weiterzuwandern. Zwei Motorräder mit deutschen Kennzeichen huschen vorbei. Ob sie auch zum Dive Center wollen? Viele Schritte später bin ich endlich wieder bei meinem Zelt. Die beiden Maschinen von vorhin stehen auch da. Sofort kommen die Fahrer auf mich zu. Doch bevor wir weiter quasseln, will ich mich erst umziehen und etwas - oder auch etwas mehr - trinken.

Nach dem ich wieder frisch bin, treffen wir uns unter Sonnenschirmen am Strand wieder. Wir tauschen unsere Erlebnisse aus und schauen dem Leben am Strand zu. Gegen Abend wird es kühler. Die beiden anderen steigen auf ihre Moppeds und düsen zu ihrer Herberge am Stadtrand von Muscat. Ich faulenze noch bis zum Abendessen auf meiner Liege, wegen der Kühle jedoch mit Pulli und langer Hose.

Schon morgens um halb sieben habe ich alles zusammengepackt und mache mich auf den Weg zum Frühstück. Nach der Stärkung verabschieden mich die Wohnmobilfahrer mit allen guten Wünschen und ich tuckere los. Den Zeitvorteil durch den relativ frühen Start habe ich schon bald vergeudet. Zwei Stunden lang irre ich herum, ohne den Einstieg auf die Küstenstraße bzw. Piste nach Süden zu finden. Irgendwann reicht es mir und ich fahre einen Umweg über durch das Landesinnere nach Süden. Zuerst geht es nach Muscat und grob Richtung Nizwa, dann biege ich bei Bidbid nach Ibra ab. Die Strecke zwischen Bidbid und Ibra ist nicht stark besiedelt und zieht sich etwas in die Länge. Ein starker Wind zwingt mich auch bei Geradeausfahrten immer wieder in Schräglage. Die ständigen Richtungs- Korrekturen erfordern viel Aufmerksamkeit und lenken von der teilweise eintönigen Strecke ab. Entgegen meiner bisherigen Erfahrungen taucht hier auch lange keine Tankstelle auf, in Spritnot komme ich dank größerem Tank jedoch nicht. Hinter Ibra spürt man dann schon die Nähe der Wüste. Je näher ich den Wahiba Sands komme, desto wärmer wird es. Zwischen Al Wasil und Al Ghabbi versuchen die Werbeplakate einiger Wüstencamps mich in die Dünen zu locken, doch alleine will ich da nicht hineinfahren. So ziehe ich bis Al Kamil am Rand der Wahiba entlang, mit einem Auge immer auf die Sanddünen schielend, und biege dann nach Norden zur Küste ab.

In Sur sind nur wenige Fahrzeuge auf der Straße, auch sieht man hier kaum Menschen. Irgendwie ist es wie sonntags morgens bei uns zuhause - also nix los. Am nördlichen Ende des Ortes kann ich im Hotel Sur Beach einen Computer mit Internetanschluss nutzen, um mich wieder mal zuhause zu melden. Leider ist die Verbindung grottenlangsam, dafür aber teurer als sonst. Danach richte ich die Maschine Richtung Süden und fahre nach Ras al Hadd. Lt. Reiseführer soll es hier Wasserschildkröten geben und auch einen Campingplatz. Der Campingplatz erweist sich als Ansammlung mehrerer Schilfhütten mit angeschlossenem Restaurant. Macht alles einen netten Eindruck und so miete ich mir eine der Hütten. Beim Abendessen im Restaurant, ich bin der einzige Gast, bekomme ich dann mitgeteilt, dass hier um diese Jahreszeit keine Schildkröten zu finden sind. Die gäbe es erst einige Kilometer weiter, in Ras al Jinz. Na prima, denke ich mir, das hätten die mir auch gleich sagen können. So verbringe ich einen einsamen Abend mit Tagebuch schreiben und einem Kampf gegen Stechmücken. Als diese mich zu sehr plagen, schlage ich kurzerhand mein Zelt in der Hütte auf und bin durch das Moskitonetz vor den Peinigern geschützt.

Wieder bin ich früh auf Achse. Zunächst schaue ich mir in Sur die alten Dhau-Werften an, die heute nur noch Reparaturen durchführen. Dann fahre ich auf einer Piste, und zwar auf der, deren Einstieg ich von Norden her nicht gefunden habe, nach Norden. Bei Tiwi gibt es das Wadi Ash Shab. Durch dieses Wadi kann man in die Berge hinauf wandern, bis man einige Teiche erreicht. Diese kann man durchschwimmen und erreicht dann einige Höhlen. Obwohl mir einige Omanis versichern, ich könne mein Motorrad problemlos hier stehen lassen, möchte ich die beladene Maschine nur ungern ein paar Stunden ohne Aufsicht alleine lassen. So verzichte ich auf den bestimmt lohnenswerten Ausflug und werde mich später darüber ärgern. Dafür "bewundern" wieder einige Leute aus einer deutschen Reisegruppe meinen Mut, mich alleine hier "herumzutreiben" und verstehen nicht wirklich, dass das nichts mit Mut sondern mit guter Vorbereitung zu tun hat. Da versteht mich eine allein reisende Berlinerin im Mietwagen viel besser. Sie will mit dem Auto (ohne Allrad) die Piste nach Norden hochfahren. Nur zu gerne würde ich sie begleiten, doch ich habe mich ja bereits für den Süden entschieden.

Auf dem Weg nach ras al Jinz muss ich wieder durch Sur fahren. Die Gelegenheit nutze ich um noch mal voll zu tanken und um Öl nachzufüllen. Am Nachmittag erreiche ich dann den Turtle Beach Camping und stelle mein Zelt auf. Zunächst bin ich ganz alleine, doch gegen Abend tauchen immer mehr Gäste auf. Franzosen, Engländer, Japaner und auch Omanis. Um 21:30 Uhr werden wir von einigen Guides abgeholt. In einer Gruppe von ca. 30 Leuten werden wir zum Strand geführt. Ein paar andere Guides warten dort bereits und haben im Vorfeld schon nach Schildkröten gesucht. Wir werden dann zu einem der Tiere hingeführt und können gerade noch beobachten, wie sie ihr Nest zuscharrt und dann ins Meer zurückkriecht. Danach gehen wir zur anderen Seite des Strandes. Dort finden wir eine Schildkröte, die gerade mit dem Nestbau beschäftigt ist. Damit wir das Tier nicht stören, setzen wir uns einige Meter entfernt in den Sand und warten auf ein Zeichen der Guides. Wir müssen ziemlich lange warten und viele der anderen Leute verlieren die Geduld. Nach und nach gehen immer mehr zum Campingplatz zurück, bis wir nur noch zu acht da sitzen. Zwischendurch bewundern wir die fluoreszierende Gischt der Wellen. Das Licht wird durch winzige Lebewesen im Wasser erzeugt und wirkt fast so, als ob Leuchtstoffröhren im Wasser liegen würden. Dann endlich kommt das Zeichen unseres Führers. Die Schildkröte hat das Nest fertig und beginnt mit der Eiablage. Vorsichtig kriechen wir (einer nach dem anderen) zum Nest und lassen uns vom Führer die Eiablage zeigen. Das Tier sei nun in einer Art Trance, erklärt uns der Guide und wir würden es nicht stören, solange wir leise seien und am Boden liegen. Nachdem alle die Eiablage bewundert haben, ziehen wir uns vorsichtig wieder zurück. Das war schon ein tolles Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde.

Ich habe lange überlegt, ob ich die Strandpiste am Rande der Wahiba wirklich alleine fahren sollte. Schließlich gebe ich mir einen Ruck und mache mich auf den Weg. Unterwegs fülle ich die Spritvorräte inklusive eines Reservekanisters auf und bunkere noch einige Liter Wasser. Bis Al Ashkharah ist die Straße noch geteert. Dann geht es auf üblem Wellblech entlang einer im Bau befindlichen Straße weiter. Die Schotterpiste geht dann in eine Weichsandpiste über und ehe ich mich versehe, liege ich schon auf der Nase. Mühsam hebe ich die Maschine auf. Soll ich hier wirklich weiterfahren? Ein Versuch noch. Doch kaum bin ich losgefahren, schon liege ich wieder am Boden. Das kann doch nicht sein. Wieder den Bock aufheben, umdrehen und erst mal zum "sicheren" Schotter zurück. Trotz vieler Wüstenerfahrung ist mir der Boden zu weich und/oder die Maschine zu schwer. Was tun? Nach dem ich mich umgeschaut habe, finde ich eine etwas versteckte Abzweigung. Diese führt ein paar Meter den Berg hinauf, wo die Schotterpiste anscheinend weiter geht. Ich folge dieser Piste und habe offensichtlich den richtigen Weg gefunden. Diese Piste scheint auch der Versorgungsweg für die Baustellenfahrzeuge zu sein, die hier an verschiedenen Stellen gleichzeitig an der neuen Teerstraße arbeiten. So bin ich zumindest nicht alleine auf der Strecke. Die Arbeiter winken mir zu und die Baufahrzeuge stauben mich ordentlich ein, während ich mich Kilometer für Kilometer weiter arbeite.

Irgendwann verläuft sich die Piste im Nichts. Von den Baustellen ist auch nichts mehr zu sehen. Bin ich irgendwo falsch abgezweigt? Einige Spuren führen weiter durch sandiges Terrain. Ich folge den Spuren, kämpfe mich durch Weichsandfelder und überlege, ob ich nicht besser umdrehen sollte. Da sehe ich in der Ferne ein Auto fahren. Also sollte da auch eine Art Piste sein. Ich wühle mich weiter durch. Der Kühlerventilator läuft auf Hochtouren und auch mein Körper lässt den Schweiß nur so laufen. Da, links steht ein ummauertes Gebäude mit omanischer Flagge. Eine Polizeistation. Und da, etwas unterhalb, sind auch Häuser zu sehen. Dorthin führt auch die Piste, auf der ich vorhin das Auto gesehen habe. Ein paar beherzte Gasstöße später erreiche ich das geebnete Schotterbett und kurz darauf auch den kleinen Ort. Hier, mitten im Nichts, gibt es eine Tankstelle und einen kleinen Krämerladen. Benzin habe ich genug, aber eine kalte Cola könnte ich vertragen. Mmhh, wie gut tut die kalte Flüssigkeit nach der Anstrengung. Einen Schokoriegel und einer weiteren kalten Cola später, setze ich meinen Weg fort. Hinter dem Dorf geht es auf übelstem Wellblech weiter. Wieder muss ich kämpfen, um die Maschine halbwegs auf Kurs zu halten ohne dass es mir irgendwelche Teile abvibriert. Einige Kilometer später wird die Piste wieder besser. Leider hält dieser Zustand nicht lange vor, denn da ist der Weg plötzlich zu Ende. Nach ausgiebigem Kartenstudium ist hier anscheinend der Punkt, an dem man am Strand weiterfahren muss. Nur ist dieser noch ein ganzes Stück entfernt. Ich habe die Wahl zwischen weichen ebenem Sand und festem, aber stark bewachsenen hügeligem Gelände, um zum Meer hinunter zu kommen. Ich entscheide mich für den Sand.

An einer geeigneten Stelle nehme ich Anlauf und fahre mit etwas Tempo in die Sandebene hinein. Zweiter Gang, Vollgas hochdrehen. Dritter Gang Vollgas, der Sand saugt spürbar am Hinterrad. Ich stehe in den Rasten, der Hintern drückt auf die Gepäckrolle. Lenken geht nur mit Gewichtsverlagerung. Mehr schwimmend als fahrend arbeite ich mich weiter Richtung Meer. Hinter einem Hügel geht es etwas bergab auf das Meer zu. Leider sind hier Unmengen von tiefen Autospuren, die kreuz und quer vor dem Strand verlaufen. Am Strand liegen eine Menge Fischerboote, ach wäre ich nur schon dort. Die ganze Fuhre wird hin und hergeschaukelt, ich habe kaum noch Kraft die Maschine zu halten. Da haut es mich auch schon hin. Sch**ße! Hoffentlich komme ich hier wieder weg. Einige Kinder kommen herbeigelaufen. Zwei helfen mir die Maschine wieder aufzurichten und ein Bengel reibt Daumen und Zeigefinger aneinander, er will Geld. Ausgerechnet der, der nicht hilft. Trotz des tiefen verspurten Sandes komme ich gut wieder in Schwung und erreiche endlich den Strand. Ab hier ist der Sand glatt und hart und lässt sich super fahren. Leider geht es nicht lange so weiter. Die Strecke ist eigentlich nur bei Ebbe befahrbar und momentan haben wir Flut. Schon bald muss ich vom Strand runter und in den weichen Sand oberhalb ausweichen. Dort grabe ich mich mehrmals furchtbar ein und bekomme die Maschine nur unter großem Kraftaufwand wieder frei. Als ich wieder mal feststecke, habe ich die Schnauze voll und lege mich erstmal zum Ausruhen hin. Da kommt ein Auto herangefahren. Ein Land Cruiser mit vier Frauen auf der Ladefläche. Die Frauen tragen bunte Kleidung und die traditionellen Masken. Am Steuer sitzt ein älterer Mann, der die Frauen anweist, mir zu helfen. Er bleibt weiter am Steuer sitzen. Unter großem Geschrei helfen mir die Frauen die Transalp wieder flott zu bekommen und dank ihrer Hilfe ist das kaum ein Problem. Ich bedanke mich so gut es geht und will noch etwas Pause machen. Doch die Damen wollen nicht weiterfahren, ehe sie nicht gesehen habe, dass auch ich weiterfahre. Also quäle ich mich durch die Spuren am Auto vorbei, während auch sie sich winkend auf den Weg machen. Kaum sind sie weg, halte ich gleich wieder an und baue direkt an der Piste mein Zelt auf. Ich habe die Schnauze voll vom weichen Sand und will lieber bis morgen früh abwarten, wenn wieder Ebbe ist und ich am Strand weiter kann. Im Laufe des Abends kommen noch einige Fischer vorbeigefahren und hupen, bis ich aus dem Zelt schaue. Dann folgt ihr fragender Blick mit erhobenem Daumen und meine Antwort mit erhobenem Daumen lässt sie zufrieden Grinsen und weiterfahren.

Die Nacht war kurz und schon vor Sonnenaufgang bin ich wieder unterwegs. Das Meer hat sich zurückgezogen und gibt die Strandpiste frei. Ich lasse die Transalp mit ca. 90 km/h laufen. Der frische Wind ist ziemlich kühl, tut aber gut. Hin und wieder sitzen tausende von Möwen am Strand, zumindest solange, bis ich angerauscht komme. Mit wildem Geschrei fliegen sie dann auf und ich muss aufpassen, dass ich keine im Flug erwische. Ab und zu muss ich auch Nebelbänke durchfahren. Das heißt dann Geschwindigkeit runter und Fernlicht an. Der spärliche Gegenverkehr, Fischer die ihren Fang in den nächsten Ort bringen, hat kein Licht an und rechnet hier auch nicht mit einsamen Motorradfahrern. Noch zweimal muss ich kurz in den Tiefsand ausweichen, als Felsen die Weiterfahrt versperren und mich auf die andere Seite quälen. Dann habe ich lange freie Fahrt, und düse in der aufgehenden Sonne immer weiter nach Süden. Irgendwann erreiche ich eine Felsküste, die sich von den Sanddünen bis ins Meer hinaus zieht und eine Fahrt am Strand entlang unmöglich macht. Lt. GPS ist es von hier bis zur Teerstraße keine fünf Kilometer weit. Zunächst erkunde ich zu Fuß den weiteren Weg. Einige Autospuren zweigen seitlich ab und ich folge ihnen. Oberhalb vom Strand führt ein Spurenbündel eine Düne hinauf. Der Sand ist weich und die tiefen Spuren winden sich wild durcheinander. Keine wirkliche Chance, um sich mit Anlauf durch den Sand zu wühlen. Ich versuche es trotzdem. Zuerst fahre ich ein paar Kreise am Strand, um den besten Einstieg zu finden. Dann nehme ich allen Mut zusammen, Gaaas und rein in den Sandhaufen. Die Maschine bockt wie ein junger Mustang, als ich durch die sich kreuzenden Spuren pflüge. Das hohe Gewicht am Heck lässt das Fahrwerk aufschaukeln, nur mit Mühe kann ich den Lenker halten. Zehn Meter, zwanzig, dreißig . nicht mal fünfzig Meter, nicht mal ganz bis zum Fuß der Düne reicht meine Kraft. Alles dreht sich und ich liege im Dreck. Schei.benkleister. Während ich abwechselnd zur liegenden Alp und zur Düne hinaufschaue, überlege ich, ob ich wirklich weitere Versuche starten soll. Was ist, wenn ich mich hier verletze? Was ist, wenn ich zwar einen Kilometer weiter komme, aber im nächsten Dünental festsitze und weder vorwärts noch rückwärts komme? Nach mindestens einer viertel Stunde entscheide ich mich zur Umkehr. Nach Norden sind es 180 Kilometer bis zur Teerstraße. Davon so 60-70 Kilometer Strandpiste, dann ein schwerer Ausstieg von maximal drei Kilometern, der Rest mehr oder weniger schlechtes Wellblech. Aber diese Strecke bin ich schon gefahren und weiß, dass und wie es geht. Die vielleicht fünf Kilometer in südlicher Richtung mit ungewissem Verlauf haben für mich ein höheres Risiko. Bevor ich die Maschine aufhebe, ziehe ich sie auf dem Boden liegend um 180° herum. Wenn ich sie gleich aufheben würde, müsste ich in den tiefen Spuren wenden und das würde mir sehr schwer fallen. Mindestens so schwer, wie den Bock jetzt mitsamt dem Gepäck hochzuwuchten - ächz! Noch fünf Minuten Pause und noch etwas Wasser trinken, dann mache ich mich auf, um den einfacheren Teil der Strecke zu überwinden.

Am Ende der Strandpiste stehe ich wieder vor der Frage, weicher Sand mit Vollgas oder durch Grasbuckel mit tiefen Löchern zirkeln. Diesmal wähle ich die Buckel. Ganz so einfach, wie ich mir das vorgestellt habe, geht es leider doch nicht. Ich muss viel im ersten Gang fahren und dabei mit der Kupplung spielen. Gleichzeitig die schwere Fuhre eng um die Buckel winden, ohne mit den Fußrasten irgendwo hängen zu bleiben. Es dauert nicht lange, bis auch der Kühlerventilator wieder sein Lied singt und mit die warme Luft auf die Knie bläst. Endlich erreiche wieder die feste Piste und bin fast versucht, den Boden zu küssen. Das restliche Stück bis zur Teerstraße ist nun nur noch staubige und durchgeschüttelte Fleißarbeit. Am Nachmittag fahre ich wieder am Nordrand der Wahiba entlang. Meine Blicke zu den Dünen hinüber sind nun nicht mehr ganz so sehnsüchtig, wie auf der Hinfahrt. Jetzt habe ich vom Sand erstmal die Schnauze voll. In Al Qabil gönne ich mir ein Hotelzimmer mit heißer Dusche. Die Klimaanlage trocknet derweil mein Zelt, das ich wegen dem Nebel heute Morgen nass einpacken musste. Nach dem leckeren Abendessen plane ich meine weitere Route, die leider oder zum Glück?! sehr asphaltlastig sein wird.

Weil es auf dem direkten Weg nach Westen nur Pisten gibt und ich nach der gestrigen Schüttelei erstmal genug davon habe, wähle ich den nordwestlichen (Um-) Weg über Nizwa. Ok, so ein kleines Schotterstreckchen baue ich dann doch noch ein und . werde prompt dafür bestraft. Einige Kilometer vor Nizwa vibriert mein Lenker komisch, so als ob der Vorderreifen unrund wäre. Ich ahne schon, dass das ein Plattfuß ist, jedoch ein schleichender, so dass ich erstmal vorsichtig weiterfahre. In Nizwa fahre ich gleich an die erste Tankstelle, damit ich nach der Reparatur nicht selbst pumpen muss, sondern mit dem Reifenfüllgerät ohne Anstrengung den Reifen auf den erforderlichen Druck bringen kann. Doch zunächst will ich den Grund für den Plattfuß suchen. Im Schatten des Tankstellengebäudes lässt es sich gut arbeiten. Durch das Gepäck am Heck läuft das Vorderrad frei, ohne dass ich das Mopped unterbauen muss. Kurz darauf finde ich den Übeltäter in Form eines Akaziendorns, an dem noch ein Stückchen Ast dranhängt. Das dicke Ende bricht beim Versuch es herauszuziehen natürlich gleich ab. Also erstmal das Rad ausbauen und den Reifen runter machen. Den Dorn drücke ich dann mit einem kleinen Schraubenzieher von außen nach innen durch. Danach flicke ich den Schlauch und baue alles wieder zusammen. Derweil leistet mir ein freundlicher Omani Gesellschaft und wundert sich, wie flugs alles von der Hand geht. Nach Abschluss der Arbeiten darf ich mich freundlicherweise beim Tankwart drinnen waschen und schon geht die Fahrt weiter. Mein heutiges Ziel ist der Palast von Jabrin, einige Kilometer hinter Bahla. Die Anlage ist ziemlich groß und nur wenige Besucher schauen sich dort um. Umso freundlicher werde ich dann auch begrüßt und darf meine Motorradklamotten sicher aufbewahrt an der Kasse liegen lassen. Ursprünglich war die Anlage ein Wohnschloss, das 1670 errichtet wurde. Die Kanonentürme wurden erst nachträglich an den Festungsbau angebracht. Daneben gibt es noch Wirtschaftsgebäude und eine Moschee. 1984 wurde der gesamte Bau restauriert. Einige der Innenräume sind eingerichtet und zeigen beispielhaft die frühere Lebensweise.

Nach einer Übernachtung im (nicht besonders empfehlenswerten) Hotel in Bahla, mache ich mich auf den laaangen Weg nach Süden. Die Teerstraße von hier bis Salalah misst ca. 1000 Kilometer und führt hauptsächlich durch recht eintöniges Gebiet. Da es im Hotel kein Frühstück gab und mich in der Oase Adam ein Schild mit der Warnung: "Next Fuel Station 345 km" sowieso in eine Tankstelle treibt, hole ich die morgendliche Stärkung dort nach. Mit vollem Tank und mit aus Vorsicht gefüllten Ersatzkanistern starte ich in Adam. Nicht weit hinter diesem letzten Posten der Zivilisation wird es auch schon trist und öde. Die Landschaft ist flach bis zum Horizont, die Straße ist gut ausgebaut und wirkt ermüdend. Selten kommen Fahrzeuge entgegen oder überholen mich. Meist erschrecke ich ziemlich, wenn von hinten einer angebraust kommt (alle fahren hier viel zu schnell) und beim Vorbeifahren auf die Hupe drückt, um zu grüßen. Entgegen der Warnung auf dem Schild in Adam kommt schon nach 120 Kilometern die erste Raststation. Damit es nicht langweilig wird, lege ich eine Pause ein und genehmige mir ein zweites Frühstück. So halte ich es auch auf den weiteren hunderten von Kilometern. Ich nutze jede Tankstelle, und das sind nicht viele, für eine Pause von der Langeweile und um kalte Getränke zu bekommen. In Quitbit nehme ich mir ein Zimmer für die Nacht. Nach der einsamen Straße habe ich keine Lust auf ein einsames Nachtlager. Leider bin ich der einzige Gast und nach meinem Einchecken ist auch der Verwalter verschwunden. Die Einsamkeit hätte ich auch billiger haben können, wenn auch ohne Dusche.

Da es auch hier kein Frühstück gibt, bin ich wieder ziemlich früh auf Achse. Es ist neblig und unangenehm kühl. Ständig beschlagen Visier und Brille, alles ist klatschnass. Nach nicht ganz 100 Kilometern kommt endlich wieder eine Tanke. Ich trinke heißen Kaffee und kalten Fruchtsaft, dazu nehme ich in Brotfladen eingewickeltes Rührei. Kaum 30 Kilometer später kann ich die Stärkung gut gebrauchen. Der Vorderreifen ist wieder platt und das hier, mitten im Nichts. Ich stelle mich so weit wie möglich auf die rechte Seite und baue das Vorderrad aus. Nachdem ich den Schlauch herausoperiert habe sehe ich, dass sich der Flicken von gestern gelöst hat. Also pfriemele ich lieber den Ersatzschlauch rein. Die wenigen vorbeirauschenden Autos haben nichts Besseres zu tun, als mit unverminderter Geschwindigkeit so nah wie möglich vorbei zu fahren und wie wild zu hupen. Ich bin jedes Mal kurz vor einem Herzkasper. Meine Fahrradluftpumpe (ich hab mir extra eine gute Ganzmetallpumpe besorgt) füllt den Reifen schneller als gedacht, so dass ich schon bald wieder auf Tour bin. Bei Thumrayt, ca. 60 Kilometer vor Salalah, endet die langweilige Strecke. Ab hier gibt es wieder Berge und Kurven, eine Tankstelle, die ich jedoch nicht benötige, sowie ein Restaurant, das mit sehr gelegen kommt. Hier kann ich meine von der Reparatur schmutzigen Hände waschen und ein kleines Mittagessen einnehmen. Hinter Thumrayt steigt die Straße bis auf fast 900 Meter hinauf. Dann geht es steil und kurvig abwärts bis auf Meereshöhe, Salalah liegt ja direkt an der Küste. Im Hotel Dhofar miete ich mich für drei Nächte ein. Der Chefpage (wahrscheinlich auch der einzige Dienstmann) ist wirklich aufmerksam und hilfsbereit. "Ich bin nicht nur ein Freund für dich, meint er, "ich bin dein Bruder und immer für dich da!" Na, wenn das keine guten Aussichten sind.

Zunächst wasche ich meine Wäsche, allerdings ohne des "Bruders" Hilfe, und bringe etwas Ordnung in meine Sachen. Dann mache ich mich für eine kleine Besichtigung per Pedes fertig. Auf dem Weg zum Meer laufe ich unter lauter Kokospalmen entlang, immer ein wachsames Auge nach oben gerichtet. Es heißt zwar, alles Gute kommt von oben, aber das ist immer relativ. Lt. Statistik werden mehr Menschen von Kokosnüssen erschlagen, als von Haien angegriffen . Am Strand beobachte ich eine Reihe von Fischern, die gerade ihren Fang an Land bringen. In einem Bogen laufe ich dann zum Weihrauchsouk. Na ja, wer schon mal in Tunis oder Tanger im Souk war, weiß was ein richtiger Souk ist. Der eigentliche Markt ist ziemlich klein. Allerdings ziehen sich von hier aus viele "moderne" Geschäfte weit durch die Straßen. Das Komische dabei ist, dass fast jeder Laden eine Schneiderei ist. Selten findet sich mal ein Elektrikgeschäft oder ein Krämerladen dazwischen. Ich kaufe einiges an Weihrauch als Souvenir für mich und die Daheimgebliebenen ein. Dazu noch etwas Obst und etwas zu trinken. Dann noch ein Besuch im Internetcafé, das sogar eine superschnelle Verbindung hat, bevor ich ins Hotel zurückspaziere.

Für heute habe ich mir die Gegend westlich von Salalah ausgesucht, also theoretisch die Strecke bis zur jemenitischen Grenze. In der Praxis kommt man jedoch nur bis ca. 60 Kilometer vor die Grenze. Ab hier braucht man eine spezielle Genehmigung für die Weiterfahrt. Bevor ich starte, spanne und schmiere ich noch die Kette und fülle etwas Öl auf. Das erste Ziel ist der lange weiße Strand von Al Mughsayl. In Kombination mit dem grünblauen Meer sieht das echt klasse aus. Am Ende der Bucht gibt es so genannte Blowholes zu sehen. Die Felsen sind unterhöhlt und es gibt eine Öffnung nach oben. Wenn jetzt ein Brecher gegen die Felsen schlägt, steigt der Druck in der Unterhöhlung und das Wasser schießt wie bei einem Geisyr aus dem Boden. Ich habe halt das Pech, dass die See ruhig ist, außer einem leichten zischen und etwas dünnem Wasserdampf merkt man nichts von diesem Schauspiel. Hinter dem Strand windet sich die Straße die Steilküste hinauf. Einige Kilometer weiter hat man zahlreiche Serpentinen in den Berg gesprengt, um die tiefen Einschnitte in den Felsen zu überwinden. Kaum hat man sich von den zahlreichen Kehren erholt, steht man auch schon vor dem Militärposten. Ohne Permit geht hier nichts mehr, zumindest nicht in Richtung Jemen. Also muss ich auf der Stelle kehrt machen und die Serpentinen in umgekehrter Richtung meistern.

Wieder zurück in Salalah, nutze ich den Vorteil der zahllosen Schneidereien und lasse meinen Handschuh nähen, an dem sich eine Naht geöffnet hat. Der kleine Raum füllt sich schnell mit den Schneidern aus der Nachbarschaft und jeder will besser wissen, wie man den Handschuh näht. Alle sind lustig und neugierig und sprechen wie fast alle Inder und Pakistani das typische schwer verständliche englisch. Natürlich kommen wir trotzdem miteinander klar. Danach gelüstet es mich nach einer Kokosnuss. Vom Vorabend weiß ich noch, wo die Stände der Verkäufer stehen und fahre gleich hin. Ich mag gar nicht hinsehen, wie der junge Mann mit dem Hackmesser zielsicher auf die Nuss einschlägt, ohne seine Finger zu verletzen. Mir wäre das zu gefährlich. Als ich ihn darauf anspreche meint er nur, "it's my job!" Die Milch ist lecker und auch das Kokosfleisch schmeckt prima. Für mich ist es das erste Mal, dass ich eine frische Kokosnuss esse. Anders als das harte Fleisch der bei uns bekannten getrockneten Nüsse, ist das Fleisch der frischen Nuss zart und weich und saftig. Und sehr gehaltvoll, ich kann abends kaum noch etwas essen.

Den heutigen Tag habe ich für den Osten reserviert. Unweit der Stadt gibt es mehrere Quellen. Von der Küste aus fährt man jeweils wenige Kilometer nach Norden in die Berge. Leider verspricht der Reiseführer mehr, als die Quellen halten können. Sie sind alle in Beton gefasst und als Tränke für die Tiere gedacht. Große Schilder warnen vor Bilharziose, man solle den Kontakt mit dem Wasser vermeiden. Auf dem Weg zum Ain Hamran gibt es wenigstens noch einige Termitenhügel zu bewundern, auch wenn die Tiere schon lange nicht mehr hier leben. Auf dem Weg zum Ain Tabrok muss ich durch eine große Kuhherde fahren, die auf der Straße zum Brunnen marschiert. Einige Viecher machen Platz, andere glotzen mich an. Hoffentlich halten die ihre Hörner zurück. Auch das Fort von Taqah ist etwas enttäuschend. Halb verfallen und voller Müll steht es auf einem Hügel über dem Ort. Da gebe ich lieber Gas und düse nach Mirbat weiter. Das hiesige Fort sieht schon besser aus, dafür ist es geschlossen. Macht nichts, dann geh ich erstmal Mittag machen. Um mir einen Überblick zu verschaffen, rolle ich erstmal durch den fast ausgestorben wirkenden Ort bis zum neuen Hafen. Hier ist zumindest der Ansatz eines geschäftigen Treibens zu sehen. Dann das ganze wieder zurück bis zu dem Lokal, an dem man das Motorrad in Sichtweite direkt vor der Türe parken kann. Restaurants zum draußen sitzen gibt es im Oman leider nur wenige. Nach dem Mahl fahre ich fast bis Taqah zurück und biege nach Norden Richtung Tawi Attyr ab. Nahe dem Ort besichte ich das Sinkhole, eine Kalksteinhöhle, deren Decke eingestürzt ist. Seit dem Einsturz ist dort ein ca. 200 Meter tiefes Loch mit einem Durchmesser von 100 Metern. Zahlreiche Vögel nisten dort und ihr Singen und schreien hallt durch den ganzen Krater. Leider kann man nicht besonders gut hinunter schauen, da die umgebenden Pflanzen die Sicht erschweren. Als ich wieder bei der Maschine bin, kommt ein Taxi angefahren. Der Fahrer fragt mich, woher ich weiß, dass da das Sinkhole sei und ich zeige ihm meinen Reiseführer. Dann fragt er, ob ich auch wüsste, dass es noch ein größeres und schöneres Sinkhole gäbe, was ich verneinen muss. Bevor er sich freundlich verabschiedet erklärt er mir noch den Weg dorthin.

Zunächst will ich jedoch zum Jebel Samhan hinauf fahren, weil man von dort oben einen super Ausblick haben soll. Eigentlich soll eine Schotterpiste hinauf führen, jedoch sind bereits 23 Kilometer davon gut geteert. Die Kurven wollen zur zügigen Gangart locken, jedoch tauchen immer wieder unvermittelt Kühe auf der Straße auf, so dass ich es lieber ruhiger angehen lasse. Die neue Teerstrecke endet dann jäh in einer Baustelle. Grundsätzlich wäre das kein Hindernis, jedoch müsste ich eine frische Teerdecke überfahren. Die Erfahrungen während der Irantour im Jahr zuvor lassen mich auf dieses zweifelhafte Vergnügen verzichten. Noch heute habe ich überall Teer an der Maschine hängen, der sich nur sehr schwer entfernen lässt. Außerdem stehen dicke graue Wolken über dem Samhan und auf den Regenkombi habe ich auch keine Lust. Lieber drehe ich um und versuche das zweite Sinkhole zu finden. Einige Kurven später erreiche ich einen Abzweig, an dem die Taiq Cave, so heißt dieser Krater, ausgeschildert ist. Einige Abzweigungen weiter hört dann auch hier der Teer auf und eine gute Schotterpiste führt mich die letzten Kilometer bis zur Cave. Der Krater ist wirklich viel größer als das erste Sinkhole und zu meiner Freude kann man auch fast den gesamten Bereich überblicken bzw. bis auf den Grund hinunter schauen. Tief unten sieht man eine ausgetrocknete Flussschleife. Auch hier toben zahllose Vögel herum, die in den steilen Wänden ihre Nester bauen. Wirklich ein grandioser Anblick.

Von Tawi Attyr aus suche ich mir dann den Weg zum Wadi Hinna. Üble Wellblechpiste ist sicher eine passendere Bezeichnung als Weg. Mein Ziel sind die dort wachsenden Baobabs (Affenbrotbäume), die es eigentlich nur in Ostafrika gibt. Ob die Samen auf natürliche Weise hierher gekommen sind, oder ob sie von Menschenhand gepflanzt wurden, die Omanis haben seit langem Beziehungen zu Sansibar, weiß heute keiner mehr. Zuerst denke ich, dass ich irgendwo falsch abgebogen bin, doch dann taucht der erste Baumriese auf. Fast Gespenstisch streckt er seine kahlen Äste in den Himmel. Ein Stück weiter ist die Piste durch Erdwälle gesperrt. Von der Küste her wird gerade eine Teerstraße gebaut, die hier hinauf führt. Zum Glück ist die Strecke nicht schon früher gesperrt worden, denn hier ist eine ganze Ansammlung von Baobabs zu finden. Jetzt fehlen nur noch Affen und Elefanten, damit man sich wie auf einer Safari in Ostafrika fühlt. Nachdem ich dann zwangsläufig wieder über das Wellblech zurück musste, fahre ich in einem großen Nordbogen nach Salalah zurück. Überall kann man deutlich erkennen, dass hier kein Mangel an Wasser besteht, auch wenn gerade Trockenzeit ist. Im Gegensatz zum Norden ist hier alles grün, Landwirtschaft und Viehzucht sind vorherrschend. Eine angenehme Abwechslung für das Auge.

Heute fahre ich in den Norden zurück, um mich mit Daniela, Gerd und Frank zu treffen. Bis Thumrayt fahre ich auf kurvigen Straßen hinauf, dann biege ich nach Osten, auf die Piste nach Marmul ab. Auch hier ist die Piste nicht nur die alte Verbindung zu den Erdölfördergebieten, sondern auch der Versorgungsweg für die Arbeiter und Maschinen, die gerade mit dem Bau einer Teerstraße begonnen haben. Leichtes Wellblech lässt die ganze Fuhre vibrieren. Ich ziehe lange Staubfahnen hinter mir her. Selten begegnet mir ein anderes Fahrzeug und wenn, dann kann ich schon lange vorher die Staubfahne erkennen. Kurz bevor es dann an mit vorbeifährt, halte ich an, mache den Motor aus und schließe mein Visier. Erst wenn sich der dicke Staub halbwegs verzogen hat, fahre ich weiter. Immer wieder mahnen Schilder, mit eingeschaltetem Licht zu fahren und auf keinen Fall in den Staubfahnen zu überholen. Ungefähr 60 Kilometer vor Marmul geht die Schotterpiste in eine Teerstraße über. So spaßig der Schotter für Endurofahrer auch ist, dennoch freut man sich auch, wenn man wieder etwas ruhiger und entspannter fahren kann. Marmul ist eine Ölarbeitersiedlung. Eine Tankstelle, ein Restaurant und unzählige Containerbaracken für die Arbeiter prägen das Bild. Nach dem Tanken gönne ich mir ein zweites Frühstück. Letzteres eher aus Neugier am Treiben um mich herum als wegen dem Hunger. Hinter Marmul geht es wieder auf Pisten weiter. Die ganze Gegend ist voll mit Pferdekopfpumpen, Strommasten, Ölpipelines, Pumpstationen usw. Im Gegensatz zu den Emiraten kann man direkt an die Anlagen heranfahren und sich alles genau anschauen. Für mich als Maschinenbau-Ingenieur ist alles hochinteressant.

Auf dem Weg nach Shalim, der nächsten Ansiedlung der Ölindustrie, sind die Pumpanlagen weit von der Piste entfernt. Die Gegend ist meist eben, nur selten erheben sich flache Hügel und bringen etwas Abwechslung. Da ich nicht genau weiß, wie es um die Tankstellendichte steht, tanke ich in Shalim vorsichtshalber nach. Bis ich dann endlich bei Sawqirah die Küste erreiche, wird die Piste noch mal ziemlich rau und schüttelt mich ordentlich durch. Kurz vor Sawqirah beginnt wieder eine Asphaltstraße. Das letzte Stück der Straße wurde durch einen Berg gesprengt. Wie durch einen engen Kanal führt der Weg zum Meer hinunter und gibt den Blick auf das leuchtend blaue Wasser frei. Ein toller Anblick nach der langen Fahrt durch die graubraune Wüste. Auf der Küstenstraße fliege ich nur so dahin und lasse mir vom Wind den Staub aus der Kleidung blasen. In Dhahir fülle ich den Tank wieder auf und besorge mir noch etwas frisches Trinkwasser. Einige Kilometer weiter biege ich von der Straße ab und folge einigen Reifenspuren, die durch den Sand Richtung Meer führen. Nach ca. zwei Kilometern bin ich weit genug von der Straße weg und kann etwas versteckt hinter Büschen mein Zelt aufbauen. Während die Sonne untergeht, koche ich mir einen Tee und genieße die Aussicht und den salzgeschwängerten Geruch des Meeres. Als ich im Schlafsack liege und fast eingeschlafen bin, schreckt mich das Klingeln meines Handys auf. Frank ruft an und wir machen einen vorläufigen Treffpunkt für den nächsten Tag aus. Morgen um 12:00 Uhr wollen wir nochmals telefonieren und unser Zusammentreffen genauer ausbaldowern.

Das Zelt ist nass vom Tau. Noch ehe sich die Sonne am Horizont zeigt, habe ich schon alles zusammengepackt. Bei der Weiterfahrt zeigt sich die Landschaft etwas abwechselungsreicher. Sanddünen wechseln sich mit Hügeln ab. Kleine Kalksteinberge leuchten weiß in der Sonne. Immer wieder weisen Schilder auf das Schutzgebiet für Oryx-Antilopen hin. Der arabische weiße Oryx wurde durch Überjagung nahezu ausgerottet. Mit Hilfe einiger weniger Exemplare, die in verschiedenen Zoos auf der Welt noch übrig waren, wurde erfolgreich ein Nachzuchtprogramm gestartet. Mittlerweile wurde mit der Auswilderung der Tiere begonnen. Das Betreten des Gebietes, dass ungefähr so groß wie Hessen ist, ist nur mit einer speziellen Genehmigung aus Muscat erlaubt. Kurz vor Zwölf halte ich an einer Tankstelle an und warte auf den Anruf der anderen drei. Wir machen ein Treffen in Nizwa aus. Wir sind ungefähr gleich weit von dem Ort entfernt, kommen nur aus unterschiedlichen Richtungen. Schon bald habe ich das Ziel erreicht und bekomme gerade noch die letzten beiden Zimmer im begehrten Majan Guesthouse. Ich bringe mein Gepäck aufs Zimmer und widme mich dann dem Motorrad. Kette spannen und schmieren, Ölstand prüfen und überall mal drüberschauen. Danach wasche ich meine Wäsche, dabei werden auch meine Finger vom Schrauben wieder sauber ;-). Die anderen kommen erst ziemlich Spät an, weil Frank einen Platten hatte und die Reparatur sich ihn die Länge zog. Zur Feier unseres Treffens gehen wir abends zum Essen aus und lassen uns mit indischer Küche verwöhnen.

Wie am Abend besprochen fahren wir nach dem Frühstück nach Süden. Gemeinsam wollen wir die Wahiba durchqueren. Alleine wollte ich das aus Sicherheitsgründen nicht riskieren. In Al Qabil füllen wir unsere Benzin- und Wasservorräte auf, bevor wir uns direkt nach Süden wenden und auf die Piste fahren. Solch ein brutales Wellblech, wie auf den ersten 30 Kilometern dieser Strecke, habe ich noch nie erlebt. Die Schüttelei ist so schlimm, dass sich sogar mein Rücklichtglas verliere. Zwischendurch machen wir eine Pause, weil Frank tierischen Hunger hat. Wir machen Wasser heiß um Spaghetti zu kochen. Da ich schon seit einigen Wochen auf kulinarischer Sparflamme lebe, brauche ich jetzt nichts zu essen. Mir reichen ein paar Schlucke Wasser. Ungefähr 40 Kilometer vom Pistenbeginn aus gerechnet, suchen wir uns einen Platz zum Campen. Gerd fährt eine Dünenstufe über uns und findet dort eine geeignete Stelle. Ganz oben auf dem Dünenkamm steht eine Ziegenherde. Die Tiere glotzen neugierig zu Gerd herunter. Von uns aus sieht es aus, als ob ein Trupp Indianer da oben steht und uns überfallen möchte. Zum Glück bleiben aber alle friedlich. Wir arbeiten uns durch den weichen Sand zu Gerd hinauf und suchen uns ein flaches Plätzchen, um unsere Zelte aufzubauen. Kaum haben Frank und Gerd abgeladen, steigen sie schon wieder auf ihre Moppeds und düsen über die Dünen. Ich baue derweil mein Zelt auf und schieße zwischendurch ein paar Bilder von den beiden. Als die Dünenstürmer genug haben, bauen auch sie ihre Zelte auf. Danach steigen wir gemeinsam zu Fuß auf die Sandhügel und schauen uns den Sonnenuntergang an. Danach beginnen wir mit dem Kochen unseres Abendessens und sitzen noch lange am Lagerfeuer.

Nach dem Frühstück brechen wir zur nächsten Wüstenetappe auf. Wir müssen viele teils verspurte Sandstrecken überwinden, was zwar etwas anstrengend ist, aber trotzdem Spaß macht. Dann wechselt die Landschaft, weite akazienbestandene Ebenen öffnen sich, auf denen wir leicht vorwärts kommen. Nach einiger Zeit stellen sich einige Dünenfelder in den Weg. Die ersten können wir noch in weiten Bögen umfahren. Dann aber müssen wir mitten durch. Der weiche Sand stellt macht es uns nicht gerade leicht, aber wir meistern auch diese Stellen. Der erhöhte Kraftaufwand verlangt jedoch nach einigen Pausen. Wir wollen uns im Schatten der Bäume ausruhen, doch wir müssen erschreckt feststellen, dass es dort überall von Kamelzecken wimmelt. Bevor wir die Blutsauger unfreiwillig füttern, ruhen wir uns lieber in der heißen Sonne aus und verstecken uns so gut es geht hinter unseren Motorrädern. Bei der Weiterfahrt nehmen die querliegenden Dünen immer mehr zu. Meist fährt Frank mit seiner KTM voraus und erkundet die Strecken. Über Funk gibt er uns dann Instruktionen, wie wir am besten durchkommen und auf was wir zu achten haben. Abends frischt der Wind auf und wir suchen einen Lagerplatz, der möglichst im Windschatten einer Düne liegt. Doch der Weg dorthin ist weich und der Sand will unsere Maschinen einsaugen. Nach einigen Ausgrabungen haben wir die üble Stelle jedoch geschafft und können die Zelte halbwegs windsicher aufstellen. Gemeinsam sammeln wir dann altes Holz für das Lagerfeuer und stapeln es in einer ruhigen Senke. Gerd ist unser Feuermeister und lässt das Holz zu starker Glut herunterbrennen. Derweil knetet Frank mit Mehl, Hefe und Wasser den Teig für Fladenbrot, dass wir dann im heißen Sand backen. Hm, das schmeckt echt lecker!

Zum Frühstück gibt es einen Teil der auf Vorrat gebackenen Fladenbrote. Die Stärkung haben wir auch bitter nötig, denn ab jetzt haben wir einige schwierige Dünen zu überwinden. Meine Transalp tut sich mit dem ganzen Gepäck ziemlich schwer, zweimal gräbt sie sich richtig tief ein. Mehrere Pausen sind notwendig, damit wir zwischendurch verschnaufen können und uns nicht zu sehr quälen müssen. Gegen Mittag erreicht die Temperatur 30°C, das erleichtert die Sandfahrt nicht gerade, da der Sand mit zunehmender Trockenheit immer weicher wird. Kaum haben wir die Dünenketten überwunden und freuen uns über das nun leichtere Fahren, wird uns schon die nächste Prüfung auferlegt. Franks Vorderreifen ist platt. Damit wir nicht in der Sonne braten müssen, spannen wir eine Plane zwischen die Motorräder. So können wir den Schlauch im Schatten aus- und einbauen und flicken. Mit wieder genügend Druck in den Reifen müssen wir dann um Kamelgrasbüsche zirkeln. Anfangs macht es noch Spaß, zwischen den Hindernissen hindurchzutänzeln, doch nach einigen Kilometern wedeln wird es sehr anstrengend und nervig. Komischerweise kann ich meinen schweren Zweizylinder recht gut dirigieren, während Frank über seine KTM flucht. Vielleicht ist der weichere Motoreinsatz der Honda einfacher zu beherrschen. Als wir eine kleine Ortschaft erreichen, wissen wir, dass wir die Wahiba nun bezwungen haben. Von hier aus sind es nun nur noch wenige Kilometer hoppelige Pistenkilometer bis zur Teerstraße.

Auf Asphalt gleiten wir weiter Richtung Süden. In Mahoot biegen wir nach Al Hij ab. Dort tanken wir und in Ermangelung einer Einkaufsmöglichkeit gehen wir in einem Restaurant essen. Danach bunkern wir noch Brauchwasser, damit wir uns heute Abend, nach der Wüstendurchquerung, mal wieder einigermaßen waschen können. Bevor wir weiterfahren, gönnen wir uns aber noch eine Runde Eis. Ein Genuss, auf den wir bei unseren Reisen in Nordafrika immer verzichten mussten. Der Weg zum Meer hinunter nach Films ist reines Wellblech. Durch die groben Stöße löst sich Franks Wassersack und rutscht zum Hinterrad herunter. Dieses hat nichts Besseres zu tun, als den Sack aufzuschlitzen und unseren Wasservorrat zu dezimieren. Unser Traum von einer Nacht am Strand erfüllt sich leider nicht. Das Meer hat sich weit zurückgezogen, vor uns liegt eine weite Ebene aus Schlick und Algen. Um weiter zu fahren ist es leider schon zu spät. Die Sonne ist schon hinter dem Horizont verschwunden und wir müssen uns beeilen, damit unsere Zelte noch vor der Dunkelheit stehen. Zum Waschen stellt sich dann immer einer mit Wassersack und Stirnlampe bewaffnet auf einen Felsen und lässt auf Zuruf immer etwas von dem Nass auf die darunter stehende Person rieseln, damit diese sich vom Staub und Schweiß der vergangenen Tage reinigen kann. Daniela und Gerd verbrauchen dabei zusammen nur halb soviel Wasser, wie Frank und ich für jeden von uns alleine nutzen. Nach der Reinigung wollen wir noch ein Feuer machen, doch hier in Küstennähe ist das Holz leider so feucht, dass es uns nicht so recht gelingen will. So sitzen wir vor dem Schlafengehen bei Kerzenschein zusammen und vertilgen noch einige Reste an Brot, Knoblauch und Gurken.

Der Weg bis zur Hauptstraße besteht aus Schotter und ist ziemlich staubig. Wir halten großen Abstand zueinander, um einigermaßen Sicht und staubfreie Luft zum Atmen zu haben. Die Asphaltstraße ist dann sehr erholsam für uns. Sanft und ohne Staub gleiten wir dahin. Nach ca. 200 Kilometern erreichen wir eine Tankstelle. Sprit fassen, Maschinen kurz durchchecken und gegenüber ins Restaurant, damit auch die Fahrer regenerieren können. Im Restaurant ist viel los. Dauernd kommen immer mehr Fischer herein, die lautstark ihre Mahlzeit einnehmen. Für uns ist es das erste Mal, dass wir im Oman so einen Trubel erleben. Bisher waren die Leute immer leise und zurückhaltend. Trotzdem ist es auch lustig zu sehen, wie sich die hungrigen Männer auf ihr Essen stürzen und kaum so schnell schlucken können, wie sie ihre Mahlzeit nachschieben und sich gleichzeitig unterhalten. Wiederum ungefähr 200 eher unspektakuläre Kilometer weiter wollen wir einige Lebensmittel einkaufen, bevor wir auf die Piste in die Erdölfördergebiete abbiegen. Doch weil heute Freitag ist, haben die Läden geschlossen. Wenigstens bekommen wir einige Liter Trinkwasser. Das letzte Teilstück vor der Piste rollen wir dann noch auf einer Backe ab. Die Landschaft ist hier steinig, kahl und wild zerklüftet. Es ist nicht leicht einen Lagerplatz zu finden. Unterwegs finden wir Holz auf der Piste, das wohl ein Auto verloren hat. Wir sammeln einiges davon ein, damit wir heute Abend ein Feuer entfachen können. Bis zum Horizont wächst hier nämlich nichts Brennbares. Frank erkundet dann einen möglichen Lagerplatz und gibt grünes Licht. Wir zirkeln zwischen großen Steinen hindurch und müssen einige weiche Kalkpfannen überwinden, bis wir zu der erkundeten Stelle kommen. Ein großer Felsen schirmt uns zur Piste hin ab und bietet gleichzeitig Windschatten. Der Boden ist zwar hart, aber eben. Nach dem Zeltaufbau streifen wir noch etwas durch die nähere Umgebung und erkennen dabei, dass die ganzen Felsen aus ehemaligen Korallenriffen bestehen. Überall finden wir im Stein noch Überreste der Korallenarme. Kein Wunder, dass es hier soviel Kalk gibt. Als es dunkel ist, entzündet Gerd, unser Feuerspezialist, in einer Felsnische die auf der Piste eingesammelten Holzstücke. Wir anderen packen die Töpfe aus. Zur Feier des Tages gibt es Knödel mit zwei verschiedenen Soßen, einer scharfen und einer weniger scharfen Variante. Ich muss mich immer wieder wundern, was Frank so alles an "Fressalien" dabei hat und trotzdem viel weniger Gepäck als ich mitschleppt.

Als ich vor ein paar Tagen noch in umgekehrter Richtung unterwegs gewesen bin, war die Piste in einem üblen Zustand, der nur moderate Geschwindigkeiten ermöglicht hatte. Heute aber ist sie frisch geschoben und wir sind auf dem Schotter schneller unterwegs, als gestern noch auf dem Asphalt. Ab und zu kommt ein LKW entgegen, der die Baustellen versorgt. Auch hier wird es in absehbarer Zeit eine Teerstraße geben, leider. Viel zu schnell erreichen wir Marmul. Wir besichtigen die Erdöl- Förderanlagen, die kilometerlangen Pipelines und Stromkabel, Pumpstationen und Lagertanks, bevor wir an die Tankstelle, auf der anderen Seite des Ortes rollen. Genau hier stellt Frank ein Klappern am Motor seiner KTM fest. Wir versuchen die Geräuschquelle zu orten und landen am Zylinderkopf. Eigentlich kann es nur das Nockenwellenlager sein, das ist eine LC4-Krankheit. Bevor wir in unnötige Hektik ausbrechen, gehen wir ins Restaurant um die Ecke, um alles weitere beim Essen zu besprechen. Nach dem Essen fährt Frank in die direkt neben dem Restaurant gelegene Werkstatt für die Fahrzeuge der Ölfirma und fragt, ob wir irgendwo ein Plätzchen zum Schrauben bekommen könnten. Wir dürfen in die leere Lackierhalle und beginnen mit dem Zerlegen. Tatsächlich liegt das Klappern am defekten Nockenwellenlager. Während Frank es ausbaut, rufe ich Kumpel Luigi in Deutschland an, damit er uns die Lagernummer durchgeben kann. Auf dem Lager selbst finden wir nämlich keine Bezeichnung. Dann düsen Gerd und ich gemeinsam auf Danielas DR350 los, um irgendwo ein solches Lager zu bekommen. Ziemlich genau zwei Stunden und viele "Mechanic-Shops" später, haben wir Erfolg. In einer Elektrowerkstatt gibt es tatsächlich ein passendes Lager. Wir bekommen es nicht nur kostenlos, sondern auch noch ein zweites als Ersatz mit obendrauf. Voller Glück kehren wir zur Schrauberhalle zurück und beginnen sofort mit dem Ein- bzw. Zusammenbau. Es ist schon 17:00 Uhr und wir müssen bis spätestens 18:00 Uhr fertig sein, denn dann macht die Werkstatt zu. Leider sind wir nicht ganz so schnell. Doch der Chef drückt beide Augen zu und wir dürfen noch eine halbe Stunde länger bleiben, bis die Maschine wieder läuft. Erleichtert fallen wir uns alle in die Arme. Eigentlich hätte es keinen besseren Ort für eine Panne geben können. Zum Glück ist das Malheur hier passiert und nicht mitten in der Wahiba. Alle Leute im Ölcamp waren sehr bemüht uns zu helfen. Von hier aus noch mal vielen Dank an alle die uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben und auch an das Oil Department of Oman, dass wir uns hier so frei bewegen und überall hineinschauen durften.

Nun stehen wir zwar abfahrtsbereit da, aber eigentlich ist es schon wieder Zeit, sich um einen Schlafplatz zu kümmern. Ein Hotel gibt es nicht und um im Ölarbeitercamp zu übernachten, müssten wir uns erst eine Genehmigung im 20 Kilometer entfernten Büro holen. Das ist uns um diese Zeit zu weit, bis dahin ist es dunkel. Wir kaufen an der Tanke schnell noch etwas zu trinken und einige Kekse, fahren dann drei oder vier Kilometer aus dem Ort heraus und biegen dann querfeldein in die Wüste ab. Eine leichte Senke verspricht uns Schutz vor dem mittlerweile starken Wind. Als wir die Zelte aufstellen, wird das Versprechen jedoch nicht wirklich eingehalten. Mit gegenseitiger Hilfe stehen unsere Hütten dann doch irgendwann. Wegen der kräftigen Brise verzichten wir auf ein Feuer und sitzen noch eine Weile bei Cola und Keksen im Dunkeln zusammen, bevor wir in unsere Schlafsäcke verschwinden.

Am Morgen sind unsere Zelte noch nass vom Tau. Wir packen trotzdem zusammen und fahren zum Restaurant zurück. Die Leute sind verwundert uns schon wieder zu sehen. Wir frühstücken gemütlich, bevor wir uns auf den Weg nach Salalah machen. Die ersten 60 Kilometer rollen wir auf Asphalt, dann beginnt wieder die Schotterpiste, die uns bis Thumrayt führt. Unterwegs treffen wir auf Elco, einem Holländer, der auf einem Fahrrad unterwegs ist. Ich könnte mir zig schöne Strecken zum Fahrradfahren vorstellen, aber so eine Schotterpiste würde ich nicht unbedingt fahren wollen. Nach dem wir einige Zeit zusammen gequatscht haben, geht die staubige Fahrt wieder weiter. In Thumrayt besuchen wir wieder, na was schon, natürlich ein Restaurant. Ich weiß nicht, woher die anderen Drei immer ihren Hunger hernehmen, dauernd wird gefuttert ;-) Danach beginnen die kurvenreichen 80 Kilometer Teer bis Salalah. Dabei überwinden wir fast 1000 Höhenmeter. Zahlreiche Kühe an und auf der Straße machen das Fahren auch nicht einfacher, so dass wir unsere Fahrfreude doch etwas zügeln müssen, um nicht auf die Hörner genommen zu werden. Unser erstes Ziel in Salalah ist natürlich der Kokosnussstand. Das Mittagessen liegt ja schon sooo lange zurück ;-). Die kühle Kokosmilch schmeckt wieder lecker und das Kokosfleisch stopft so richtig den Magen voll. Danach besuchen wir den schönen Palmenstrand und legen eine schöpferische oder wohl besser eine Verdauungspause ein, bevor wir uns um eine Unterkunft kümmern.

Am westlichen Ende der Stadt, kurz vor dem Hafen, steht das Hotel Tourist Village. Dort mieten wir uns ein großes Appartement, mit drei Schlafzimmern mit je einem eigenen Badezimmer, einer Küche, einem großen Wohnzimmer mit Essbereich, 2 zusätzlichen Toiletten und einer Waschmaschine. Endlich wieder duschen und Wäsche waschen. Die Waschmaschine ist ununterbrochen in Betrieb. Wir waschen einfach alles, sogar unsere Motorradklamotten. Am Abend fahren wir mit dem Taxi in die Stadt. Der Fahrer wollte uns dann wohl etwas schröpfen, denn er verlangte 5 OMR (ca. 10 Euro) für die Fahrt, obwohl für die Strecke normalerweise weniger als 1 OMR üblich sind. Wir können ihn dann noch auf 1 OMR runterhandeln. Wir schlendern durch die Gassen und ich spiele mich als großen Führer auf. Doch irgendwie finde ich den Weihrauch-Souk nicht mehr und wir irren etwas orientierungslos umher. Na gut, dann verschieben wir den Besuch auf morgen und suchen uns heute ein nettes Lokal zum Essen. Wir bestellen uns eine vegetarische Gemüseplatte mit scharfer Soße und pfannenkuchenartigem Brot. Schmeckt alles echt lecker. Danach kaufen wir noch etwas ein, damit wir morgen unsere Küche im Tourist Village auch nutzen können. Für die Rückfahrt wollen wir den Preis mit dem Taxifahrer vorher ausmachen, doch zu unserem Preis will niemand zum Hotel fahren. Das Problem dabei ist, dass neben unserer Unterkunft gleich das Hilton Hotel liegt und den Leuten die dort absteigen ist das Geld anscheinend egal, die bezahlen jeden Preis für das Taxi. Als wir schon fast aufgeben wollen, findet sich doch noch ein Taxifahrer, dem das Gespräch mit uns wichtiger ist als der Fahrpreis und uns für den normal üblichen Preis zu unserer Behausung fährt.

Während Gerd und Daniela Kaffee kochen, fahre ich frisches Brot holen. Nach dem gemeinsamen Frühstück beginnt das große Schrauben. Frank kontrolliert noch mal das Ventilspiel an seiner KTM, falls sich nach dem Lagertausch noch etwas gesetzt haben sollte. Alle kontrollieren Ölstand und Lufi-Zustand, reinigen hier und schrauben dort. Ich kürze die Kette meiner Transalp, die wegen des vor der Reise montierten kleineren Ritzels etwas lang war. Alles wird durchgecheckt. Während wir Männer das Schrauben gegen Mittag langsam beenden, bereitet Daniela einen Salat vor. Nach der Zwischenmahlzeit bewegen wir uns langsam in Richtung Pool. Das kühle Wasser tut bei der Hitze echt gut und wir plantschen wie Kinder herum. Nach der ersten Erfrischung laufen wir zum Strand hinunter. Das Meerwasser ist wärmer als das Wasser im Pool. Wir schwimmen raus und lassen uns von den Wellen wieder Richtung Strand spülen. Einfach nur toll nach tagelanger Fahrt durch Wüste und Steppe. Am Strand beobachten wir dann kleine Krebse und Sandwürmer, bleiben jedoch nicht lange in der Sonne, damit wir uns keinen Sonnenbrand holen. Viel lieber tauchen wir wieder ins kühle Nass des Pools hinein und lassen uns durch den Schatten der Brücke treiben. Als die Sonne untergeht, lässt die Hitze etwas nach. Jetzt ist die richtige Zeit um in den Whirlpool zu steigen. Das Wasser ist unpassend zum derzeitigen Klima ziemlich heiß. Dennoch genießen wir die wohltuende Entspannung.

Unser letzter gemeinsamer Tag bricht an. Nach dem Frühstück wollen wir in die Gebiete östlich von Salalah fahren. Da ich vor einigen Tagen schon mal dort war, fahre ich voraus. Wir besuchen wieder die verschiedenen Brunnen und die Termitenhügel und kurven dann Richtung Tawi Attair in die Berge hinauf. Die Piste zu den Baobabs ist ziemlich staubig. Jetzt, wo wir mit mehreren Maschinen hier entlang düsen, fällt das noch mehr auf. Doch was ist das da vorn? Die Baustelle von neulich ist mittlerweile ein ganzes Stück gewandert und die Absperrung liegt nun vor den Baobabs. Einige Arbeiter mit Planierraupe sind gerade am werkeln. Aus einem Landcruiser steigt ein Mann aus und gibt sich als leitender Bauingenieur zu erkennen. Er fragt was wir hier tun und wir antworten, dass wir die Affenbrotbäume sehen wollen. Woher wir den überhaupt kämen, ist gleich seine nächste Frage. Mittlerweile hat sich der ganze Arbeitertrupp um uns geschart. Der Chef ist Ägypter, wie die meisten der anderen Kollegen auch. Sie freuen sich sehr auf den Besuch aus Deutschland und sofort werden Thermosflaschen mit Tee ausgepackt. Ein weiterer Arbeiter bringt eine Flasche voll mit frischer Kamelmilch, von der wir unbedingt kosten sollen. Gerd hat schon Erfahrungen mit Kamelmilch und sagt, sie schmecke wie fettarme Kuhmilch. Mit gemischten Gefühlen probieren wir das noch fremde Getränk und siehe da, es schmeckt tatsächlich unerwartet gut. Wir erzählen und lachen viel mit den Arbeitern, bis der Chef dem Raupenfahrer den Befehl gibt, die Strecke für uns frei zu machen. Tatsächlich planiert uns der gute Mann die Absperrung weg und schiebt einen Weg den Berg hinauf. Was für ein Service! Dann fährt der Leiter selbst mit seinem Toyo voran, um uns den Weg zu den Baobabs zu zeigen. Leider mache ich den Fehler, ihm zu dicht zu folgen. Das Auto fährt nämlich sehr langsam den Hügel hoch und für den trotz Planierraupe immer noch lockeren Boden müsste ich den Gashahn eigentlich viel weiter aufziehen können. So grabe ich mich tatsächlich ein und komme nur mit Franks Schiebehilfe wieder frei. Man, ist mir das peinlich .

Bei den ostafrikanischen Baumriesen angekommen, verabschieden sich die Ägypter und wünschen uns alles Gute für die weitere Reise. Wir schauen uns um, entdecken noch eine Quelle im Wald, die aber den Warnschildern nach mit Bilharziose verseucht ist. Dann fahren wir die steil abfallende Piste in Richtung Küste hinunter, die Strecke war bei meinem ersten Besuch noch gesperrt. Teilweise rutschen wir mehr durch die engen Kehren, als das wir rollen, aber Spaß macht es trotzdem. Fast sind wir etwas enttäuscht, als wir nach der Kurverei die Küstenstraße erreichen. Doch der Hunger überwiegt dem Begehren die Strecke nochmals hinaufzufahren und treibt uns nach Mirbat weiter. Nach dem Essen schauen wir uns den Hafen an und besuchen auch noch das Fort von Mirbat. An der Tankstelle am Ortsende füllen wir unsere Tanks auf uns fahren danach erstmal Richtung Salalah. Die schönen Dünen verleiten die anderen Drei zu einem sandigen Abstecher. Ich selbst bleibe auf der Straße, da ich gestern erst die Maschine für die lange Rückreise fertig gemacht habe und mir den neuen Luftfilter nicht gleich wieder versauen will. Einen weiteren Lufi habe ich nämlich nicht dabei. Nach dem sich das Trio ausgetobt hat, treffen wir uns auf der Straße wieder und düsen weiter. Einige Kilometer später lockt uns eine Piste in die Berge hinauf. Natürlich muss ich die anderen nicht lange fragen, ob sie da hinauf wollen, Gas und hoch. Die Kehren sind steinig und rutschig, aber das ist ja das Salz in der Suppe. Bei dem Staubaufkommen muss ich wieder an meinen Luftfilter denken, da hätte ich die Stranddünen ja auch noch mitnehmen können. Unsere Piste endet kurz vor Tawi Attir. Das trifft sich prima, denn zu dem großen Sinkhole wollten wir sowieso noch fahren. Da ich die Strecke noch im Kopf habe, ist der Weg, bis auf den "Kuhwechsel" kein Problem. Auch die anderen sind vom Blick in die Taiq Cave fasziniert. Ein Riesenkrater in der Einsamkeit, um uns herum überall Vogelgezwitscher, über uns der blaue Himmel. Ist schon toll, was die Natur so alles bietet.

Bevor wir zum Hotel fahren, kaufen wir noch etliches für das Abendessen ein. Während Daniela, Gerd und ich schon mal zurück fahren, besucht Frank noch ein Internetcafé. Vor dem Duschen und den Essensvorbereitungen springen wir noch schnell in den Pool und genießen beim Sonnenuntergang ein Bad im Jacousie - einfach nur superschön! Beim Essen plaudern wir über die nächsten Tage. Für mich ist es leider schon Zeit, an die Rückfahrt zu denken, deshalb geht es bei mir morgen nach Norden. Die anderen Drei haben noch etwas Zeit und planen einen Abstecher in die Wüste Rub al Khali.

Schon vor dem Frühstück steht meine Transalp fertig gepackt vor dem Haus. Ich genieße die letzte gemeinsame Mahlzeit, denn wenn ich nun wieder alleine bin, werde ich nicht mehr soviel essen ;-) Dann ist der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. Für mich kein leichter Schritt, denn ich bin nur ungern alleine unterwegs. Eine letzte Umarmung und ein letztes Winken zum Abschied, dann ziehe ich los .

Als ich Thumrait erreiche, heißt es dann auch Abschied von den letzten Kurven nehmen. Ab hier geht es über hunderte von Kilometern nur noch geradeaus. Noch eine kleine Überlegung, ob ich nicht doch wieder die Piste durch die Erdölgebiete nehmen sollte, doch mein Vorderreifen ist so weit abgefahren, dass bald die Karkasse durchkommt und ich möchte auch noch ein paar Tage auf Mudsandam verbringen und will auch deshalb nicht zuviel Zeit verlieren. Wie schon auf der Fahrt in den Süden, steuere ich jedes "Rasthaus" an der Strecke an. Ein kaltes Getränk oder ein Joghurt in der Kühle des Gastraumes sind eine wahre Erholung von der heißen langweiligen Strecke durch die weiten Ebenen. Am Abend muss ich lange suchen, um einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Ich möchte von der Straße aus nicht gesehen werden, aber es ist flach bis zum Horizont. Und wenn dann doch mal einige Erhebungen in der Ferne auszumachen sind, dann ist das Gebiet neben der Straße total weich und zerfurcht. Kurz vor dem Dunkelwerden finde ich dann doch noch eine gute Möglichkeit. Mit viel Gas pflüge ich durch den weichen Sand und erreiche nach ca. zwei Kilometern einige niedrige Dünen. Noch ein Gasstoß und ich bin hinter dem ersten Riegel verschwunden. Eingebettet zwischen lauter Sandhügeln finde ich eine schöne flache Stelle zum Zelten. Das ist ein prima Platz für die Nacht, so was hätte ich kaum zu hoffen gewagt. Jetzt, wo ich wieder alleine bin, muss ein Müsliriegel als Abendessen reichen. Keine Knödel mehr und auch keine Spaghetti. Trotzdem bin ich nicht hungrig.

Als ich morgens aus dem Zelt schaue, ist der Himmel richtig grau und trüb. Es sieht stark nach Regen aus. Schnell die Zähne putzen und das Zeug zusammenpacken. Dann geht es zurück zur Straße und weiter Richtung Norden. Es wird immer dunkler und der Wind frischt auf. Mit dem Wind wird viel Sand durch die Luft gewirbelt und das Ganze steigert sich zu einem kleinen Sandsturm. Man spürt regelrecht die Spannung in der Luft, die durch die Reibung der Sandkörner erzeugt wird. Dann fängt es an zu tröpfeln, Regen mischt sich in den Sandwind. Das Tröpfeln wird stärker, aber so richtig regnen will es auch nicht. Nach einiger Zeit wird es dann wieder hell. Der Regen verschwindet und auch den Sand lasse ich hinter mir zurück. Mit der Oase Adam erreiche ich wieder die Zivilisation. Für die Maschine gibt es Benzin und etwas Öl, für mich ein Egg Sandwich und Milchkaffee. Auf dem weiteren Weg besuche ich noch mal das Fort von Jabrin, aber nur von außen. Unter einem großen Baum haben sich einige Händler versammelt und verkaufen einigen Schnickschnack an die Touristen, die mit Bussen herangekarrt werden. Ich sitze im Schatten und trinke einen Ginger mit Kardamon, also einen Ingwertee. Das Zeug schmeckt wie Tee mit viel Pfeffer und ich muss ganz schön würgen, um den so genannten Tee herunterzubekommen, ohne dass mir das jemand ansieht. Denn vor den Pauschaltouristen aus dem Bus, die gerade anerkennend um meine Maschine herum steigen, muss ich ja mein Gesicht als "Abenteurer" wahren ;-) Ein ganz besonders Kundiger weist mich dann noch darauf hin, dass mein TÜV bald abläuft, na wenn das kein waschechter Deutscher ist ;-)

Westlich von Nizwa erwischt mich dann doch noch ein richtiger Regenguss. Mein Regenkombi kann den Wassermassen nicht ganz widerstehen und das ein oder andere Rinnsal findet den Weg bis auf die Haut. Ein Stück weit vor Ibri hört der Regen wieder auf. Überall stehen tiefe Pfützen oder gar ganze Bäche fließen über die Straße. Jetzt machen sich die rot/weißen Pfosten in den Senken bezahlt, die die Wassertiefe anzeigen. Es ist gar nicht so leicht durch das tiefe schnell fließende Wasser zu fahren. Zum einen ist die Strömung stark und zum anderen verwirrt das quer zur Fahrtrichtung fließende Wasser meine Optik, so dass ich immer weit nach vorne schauen muss, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Endlich finde ich ein kleines Restaurant an der Straße. Raus aus den Regenklamotten und alles zum Trocknen hingelegt. In der Zwischenzeit spanne ich die Kette und sprühe sie ordentlich ein. Nach der Arbeit gönne ich mir ein Sandwich und einen Kaffee und hoffe, dass das der letzte Regen war. Vor Al Ain überquere ich die Grenze und reise wieder in die Emirate ein. In Al Ain nehme ich mir wieder ein Zimmer im gleichen Hotel, wie zum Anfang der Tour. Eigentlich wollte ich zelten, aber es sieht immer noch nach Regen aus. Kaum habe ich das Gepäck abgeladen, fängt es auch wieder an zu schütten wie aus Eimern.

Als ich am Morgen aus dem Fenster schaue, sind die Straßen pitschnass und feine Regentropfen hängen in der Luft. Also wieder rein in die Regenklamotten und weiter Richtung Dubai. 25 Kilometer vor Dubai sieht man linkerhand schon das Hotel Burj al Arab am Horizont stehen. Das muss ja ein riesiger Klotz sein. In Dubai weiß das Wasser nicht, ob es vom Himmel fallen oder als Gischt von der Straße her kommen soll. So hab ich mir das nicht vorgestellt, Dubai im Regenkombi. Die halbe Stadt ist eine Baustelle, aber mit Hilfe des GPS finde ich immer einen Weg in Richtung Burj al Arab. Seit geraumer Zeit scheint mir ein Land Cruiser zu folgen, oder bilde ich mir das nur ein? Irgendwann führt eine Seitenstraße ganz nah an den "Turm von Arabien" heran. Der Toyota ist immer noch hinter mir. Als ich zum Fotografieren anhalte, gibt sich der Fahrer des Geländewagens als John aus Dublin zu erkennen. Er sei mir gefolgt, weil er auch eine Africa Twin fahre (meine Transalp sieht nach dem Umbau einer AT ziemlich ähnlich) und wolle wissen, ob er mir irgendwie helfen könne. Doch außer einem Wetterwechsel brauche ich keine Hilfe und da kann John leider auch nichts machen. So verabschieden wir uns nach einem Smalltalk und John zieht weiter, während ich mir das bekannte Hotel in Form eines Dhausegels näher anschaue. Aus der Nähe sieht das Gebäude komischerweise gar nicht mehr so groß aus, ist aber dennoch imposant anzuschauen. Ich fahre zum Palm Island weiter, aber hier ist alles noch Baustelle. Also noch eine Runde durch die Stadt gedreht, bevor ich den Lenker Richtung Norden drehe und ich nach Musandam aufmache.

Auf der Höhe von Al Shariah macht die Kette Geräusche. Ich halte an, um sie zu spannen und zu schmieren. So langsam scheint sie am Ende zu sein. Bei der Gelegenheit schäle ich mich gleich aus der Regenhaut, das Wetter scheint sich zu bessern. Als ich wieder starten will, geht nichts mehr. Kein Lämpchen brennt, alles ist tot. Hm, was kann das sein? Eigentlich nur die Batteriepole. Seitendeckel runter, Kabel abgeschraubt, die Kontaktstellen gereinigt und wieder alles festgeschraubt. Schlüssel rumgedreht und - alles geht wieder. Da haben wohl Sand und Feuchtigkeit den Kontakten etwas zugesetzt. Bei der Ausreise aus den Emiraten muss ich 20 AED Gebühren zahlen, ich habe aber nur noch 15 und omanisches Geld will der Grenzer nicht nehmen. Ein hilfsbereiter Omani erkennt die Situation und tauscht mir schnell etwas Geld um. Jetzt kann ich die Ausreise bezahlen auf die Halbinsel Musandam weiter, die zum Oman gehört. Die Einreise auf der omanischen Seite ist unkompliziert und schnell. Dann geht es auf der kurvenreichen Küstenstraße weiter. Der Asphalt ist griffig, das Panorama gigantisch und die Sonne scheint wieder. Was will man mehr. In Khasab gehe ich erstmal etwas essen, denn seit dem Frühstück habe ich nichts mehr zu mir genommen. Nach dem Essen nehme ich mir ein Zimmer im Qada Hotel. Das mit dem Hotel war eine gute Entscheidung, denn am Abend fangt es wieder an zu schütten.

Zur Abwechslung bin ich heute mit einem Boot unterwegs. Ich habe eine Tagestour auf einer Dhau gebucht. Außer dem Kapitän und dem Steuermann ist noch ein belgisches Ehepaar mit ihrem erwachsenen Sohn auf dem Schiff. Kaum haben wir den Hafen verlassen, lassen hohe Wellen das Boot kräftig schaukeln. Hoffentlich geht das nicht die ganze Zeit so weiter, sonst überlebe ich die Fahrt nicht. Zum Glück biegen wir schon bald in einen der Fjorde ab, hier ist die See gleich viel ruhiger und ich brauche keine Tüte. Mittlerweile haben sich noch zwei weitere Dhaus zur unsrigen gesellt und haben anscheinend das gleiche Ziel. Plötzlich höre ich wie jemand meinen Namen ruft. Ich traue meinen Augen kaum, als ich auf dem benachbarten Schiff Petra, Rainer, Frank, Martin und Jürgen entdecke. Wir winken uns gegenseitig zu und verabreden uns für den Abend. Dann geht es weiter in die Bucht hinein zu einer Stelle, an der Delfine zu sehen sind. Immer wieder tauchen sie zum Luftholen auf, mal alleine und mal in Gruppen. Sie schwimmen unter dem Boot durch oder begleiten es parallel. Eine ganze Weile beobachten wir das Schauspiel, bevor wir weiter fahren. Die Berge um uns herum sind hoch und unwegsam. Wir kommen an einsamen Dörfern vorbei, die nur vom Wasser aus zu erreichen sind. An einer kleinen Insel stoppen wir, der Anker wird ausgeworfen. Wir bekommen Flossen, Taucherbrille und Schnorchel und springen ins Wasser. So ausgerüstet können wir die Unterwasserwelt erkunden. Die Felsen sind mit Pflanzen, Seeigeln und Muscheln bedeckt, zahlreiche Fische schwimmen umher. Bei der Gelegenheit schwimme ich auch zum Boot der anderen hinüber und wir quatschen etwas über das bisher erlebte. Nach dem Tauchgang werden auf der Dhau Früchte und Tee angeboten. Immer tiefer fahren wir in den Fjord hinein, bis zu einem ruhigen Plätzchen, an dem das Mittagessen serviert wird. Es gibt Hühnchen und Fisch, Kartoffeln und Brot, dazu eine scharfe Soße. Nach der Mahlzeit tuckern wir weiter und kommen an eine Stelle, an der wir wieder schwimmen und schnorcheln können. Diesmal sind leider viele Quallen im Wasser. Es sind zwar keine Feuerquallen, aber so ganz wohl fühle ich mich auch nicht. Die Rückfahrt führt wieder an einsamen Buchten und noch einsameren Dörfern vorbei. Als wir wieder den Hafen erreichen, neigt sich die Sonne schon ziemlich dem Horizont zu. Wie verabredet, treffe ich mich abends mit den anderen in einem Restaurant. Zu uns gesellen sich noch zwei Pärchen, die auf Musandam einen Tauchurlaub verbringen. Natürlich gibt es viel zu erzählen und auch viel zu viel zu essen. Dann müssen wir uns verabschieden, denn die Motorradkollegen fahren morgen nach Dubai und fliegen nachhause, sie müssen etwas früher heim als ich.

Schon früh am Morgen bin ich wieder unterwegs. Diesmal aber wieder mit dem Motorrad. Eine Piste führt knapp 60 Kilometer ins Landsinnere hinein, bis zu einer Polizeistation. Der Weg führt hoch in die Berge hinauf, man muss kleine Pässe erklimmen und an Graten entlang fahren. Überall gibt es super Ausblicke. Trotz meines abgefahrenen Reifens lässt sich der Schotter gut fahren, anscheinend ist die Piste erst kürzlich neu geschoben worden. Beim Polizeiposten geht es leider nicht weiter, hier muss ich umdrehen und den gleichen Weg wieder zurück. Plötzlich stinkt es tierisch nach Benzin. Ich halte an und sehe, wie ein dicker Strahl unter dem Tank hervorspritzt. Sofort drehe ich die Benzinhähne zu und der Strahl versiegt. Bei der näheren Untersuchung stelle ich fest, dass ein Benzinschlauch eingerissen ist. Also Werkzeug raus, rechte Verkleidung weggeschraubt, den Benzinschlauch etwas gekürzt und wieder alles zusammengebaut. Der Schlauch ist wieder dicht und ich kann weiterfahren. Ab und zu zweige ich von der Piste ab und schaue mich in den Nebentälern um. Es gibt einen Akazienwald zu entdecken, ok, unter Wald stellt sich der Mitteleuropäer etwas anderes vor und versteckt gelegene kleine Ortschaften. Ein Höhepunkt ist eine Art Pass, von der aus man einen ganzen Fjord überblicken kann. Ein wirklich toller Anblick, den ich mit einer neugierigen schwarzen Ziege teile. Bevor ich zum Hotel zurückfahre, trinke ich noch einen kühlen Milkshake. Das warme Wasser, das ich an Bord habe, schmeckt in der Hitze nicht wirklich. Am Abend treffe ich im Restaurant wieder auf die Taucher, so muss ich wenigstens nicht alleine essen und habe Unterhaltung. Zwischendurch stellt einer der Kellner fest, dass Benzin aus meiner Maschine tropft. So ein Mist, nicht schon wieder. Der Benzinschlauch ist an der gleichen Stelle wieder gerissen. Zum Glück reicht es den rechten Benzinhahn zu schließen und den Schlauch am Schnellverschluss vom System zu trennen. Bis morgen komme ich mit der linken Tankhälfte aus.

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit schlafe ich recht lange. Irgendwie war ich wohl doch ziemlich müde, nachdem es gestern beim Essen doch recht spät geworden ist. Da ich auch nicht so richtig wach werden will, möchte ich den Tag etwas entspannt verbringen. Doch vor der Entspannung wartet noch Arbeit auf mich, ich sollte den maroden Benzinschlauch noch wechseln. Also auf zum Toyota-Händler, den ich gestern gesehen habe, der wird schon was passenden haben. An der Ersatzteiltheke zeigt man mir dauernd irgendwelche andere Schläuche, aber keinen Benzinschlauch. Als ich dem Verkäufer ein Muster zeige, nickt er indertypisch mit dem Kopf zur Seite und meint, dass sie so was nicht hätten. Hm, was ist denn das für eine Werkstatt? Keine 100 Meter weiter gibt es eine Hinterhofwerkstatt. Ich erkläre dem Chef meinen Wunsch und der zieht mehrere Meter passenden Benzinschlauch aus dem Regal. Und was ist außen draufgedruckt? "Genuine Toyota Parts", wenn das nicht zum Lachen ist. Ich bekomme die gewünschte Länge abgeschnitten und fahre zurück zum Hotel. Auf dem Parkplatz wechsele ich den Schlauch und schau auch sonst überall mal drüber. Nach getaner Arbeit kann nun die Entspannung beginnen. Schnell packe ich ein paar Sachen zusammen, dann suche ich mir ein nettes schattiges Plätzchen am Meer, was leider etwas dauert, da etwas Schattiges gar nicht so leicht zu finden ist. Doch meine Beharrlichkeit wird mit einem baufälligen verwitterten Dach direkt am Wasser belohnt. Warmes Wetter, das plätschern der Wellen im Ohr und Zeit für "dolce far niente", das süße Nichtstun, was will man mehr.

Am Abend packe ich meine Siebensachen zusammen und fahre ein letztes Mal zum Restaurant. Als Vorspeise nehme ich Kichererbsenbrei mit warmem Fladenbrot, als Hauptgang gibt es Fisch mit einer leckeren Soße und dazu Reis und Salat und den Abschluss macht ein Bananenshake. Die beiden Taucherpärchen sind auch wieder da, so dass auch für eine angenehme Unterhaltung gesorgt ist.

Nach einer kurzen Nacht, mache ich die Maschine abfahrtsbereit, bezahle mein Zimmer und leiste mir noch ein Omelette zum Kaffee. In der gerade aufgegangenen Sonne fahre ich die Küstenstraße entlang. Im alten Hafen liegen schon die ersten iranischen Schmugglerboote vor Anker. Sie dürfen nur tagsüber anlegen, nachts müssen sie den Hafen verlassen. Ziemlich kurvenreich führt der Weg an den Fjorden entlang. Noch ist der Wind angenehm kühl und erfrischend. An der Grenze werde ich recht flott abgefertigt. Einige französische und Schweizer Touristen, die einen Tagesausflug auf die Halbinsel machen, "bewundern" meine Tour mit dem Motorrad und plaudern eine Weile mit mir. Dann muss ihr Kleinbus weiter und ich düse Richtung Dubai los. In der ersten größeren Stadt, gleichzeitig das Emirat Ras al Khaimah, wechsele ich noch etwas Geld, da ich hier wieder emiratische Dirham brauche. Danach suche ich mir gleich ein Café, denn eine kleine schöpferische Pause tut mir gut. Außerdem habe ich ja Zeit und muss nicht hetzen. Doch irgendwie habe ich doch keine Ruhe, kaum ist der Kaffeebecher leer, zieht es mich wieder in den Sattel. Ohne Umwege fahre ich nach Dubai zum Burj al Arab, damit ich das Hotel auch mal bei Sonnenschein sehe. Nach einigen Fotos lasse ich mich vom GPS zum Hard Rock Café führen. Dabei komme ich auch an der gerade neu eröffneten künstlichen Skipiste vorbei. Soll ich mal reinschauen? Eigentlich ja, aber ich bin gerade auf einer achtspurigen Straße mit Mittelleitplanken und komme hier nicht runter. OK, dann vielleicht später.

Innen ist das Hard Rock Café im Prinzip wie jedes andere auf der Welt auch. Die meisten Gäste sind Europäer und Amerikaner, kaum Einheimische. Ich bestelle einen Toast und Cola. Im Gegensatz zu den bisher in den Restaurants gezahlten Preisen, sind diese hier ungewohnt hoch. Doch als mein Teller kommt, ist der Preis wieder relativiert. Da liegen zwei dick belegte Toasts drauf und ein kleiner Berg Salat ist auch noch dabei. Zwischendurch kommt einer der Kellner vorbei und als er meinen Helm sieht, erzählt er mir gleich, dass die Ducati draußen ihm gehöre und er ein leidenschaftlicher Motorradfahrer sei. Anscheinend verwechselt er Leidenschaft mit Besitzerstolz, denn er fragt nicht mal, welche Maschine ich fahre. Bevor ich mich wieder auf den Weg mache, wechseln noch zwei T-Shirts den Besitzer, als kleines Souvenir.

Wiederum wühle ich mich durch den Teils dichten Verkehr durch eine Stadt, die hauptsächlich aus Baustellen besteht. Ich brauche einen Platz für die Nacht, mein Flieger geht ja erst morgen. Meine Angst, dass die Jugendherberge mich nicht nimmt, weil ich zu alt bin, ist unbegründet. Sie nimmt mich nicht, weil sie ausgebucht ist :-(. Im Reiseführer suche ich nach günstigen Hotels und klappere sie nach und nach ab. Doch die von den Portiers genannten Zimmerpreise haben nichts mit den im Führer angegebenen Tarifen zu tun und das ist mir ehrlich gesagt zu teuer. Bleibt nur noch die "Flucht" in die Wüste.

Ganz so einfach ist das mit dem Bett unterm Sternenhimmel auch nicht. Letztendlich bin ich 80 Kilometer gefahren, bis endlich eine Stelle kam, an der keine Zaun die Straße von der Landschaft trennt und ich endlich vom Asphalt runter kann. Entgegen des ersten visuellen Eindrucks ist der Sand sehr tragfähig und ich kann problemlos ein ganzes Stück in die Sanddünen hineinfahren. In einer leichten Senke baue ich das Zelt auf. Auf dem Benzinkocher brutzelt schon der Linseneintopf und ich sitze noch eine ganze Weile einfach da, um die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Es war genau die richtige Entscheidung. So billig kann ein Hotelzimmer gar nicht sein, um auf eine Nacht in den Dünen zu verzichten. Es ist genau der richtige Abschluss für diese Tour.

Schon wieder bin ich viel zu früh wach. Die Uhr zeigt 06:15 an. Ich stecke den Kopf aus dem Zelt und stelle fest, dass alles noch ziemlich nass vom Tau ist. Heute muss ich das Zelt trocken einpacken, da es erst in einigen Wochen wieder ausgepackt wird. Also bleibe ich ausnahmsweise noch liegen. Doch schon um 07:00 bin ich so unruhig, dass ich aufstehe und mit dem rumkruschteln anfange. Der Schlafsack kommt zum Lüften auf die Gebetsmatte, die ich mir als Sitz-/Liegeunterlage gekauft hatte. Ich ziehe mir einen Müsliriegel als Frühstück rein, bis die Sonne endlich über die Sandhügel lugt. Das Zelt drehe ich nach und nach in die warmen Strahlen, bis endlich alles trocken ist. In Ruhe packe ich alles zusammen, lasse den Motor etwas warm laufen und genieße dann die letzte Dünenfahrt dieser Tour. Gemütlich rolle ich wieder nach Dubai zurück und suche mir den Weg ins Industriegebiet, wo das Aramex Warehouse liegt. Ein kleines Café zieht mich magisch an und da ich noch viel Zeit habe, gönne ich mir ein zweites Frühstück. Einige indische Arbeiter fragen mich schüchtern nach meiner Herkunft und bewundern das Motorrad. Es ist einfach schön, unter dem schattenspendenden Sonnenschirm zu sitzen, ein Egg Sandwich zu essen, und dem Treiben auf der Straße zuzusehen. OK, Kaffee gibt es sicher besseren als hier, aber lieber schlechten Kaffee in der Ferne trinken als guten Kaffee zu Hause ;-)

Irgendwann muss ich mich dann doch aufraffen und mich auf den Weg zu Aramex machen. Ich bewege mich wie in Zeitlupe, um die schöne Zeit noch etwas auszunutzen. Noch ein paar Mal links und rechts abgebogen, dann stehe ich vor der Schranke zum Warehouse. Diesmal steht ein Wächter da und ich muss mich ausweisen. Er entschuldigt sich tausend Mal für die Umstände, aber er hätte Order das so zu handhaben. Zum Schluss bekomme ich noch einen Besucherausweis und darf dann zu meiner bereitstehenden Kiste fahren. Nun beginnt die Arbeit. Gepäck abladen und halbwegs geordnet ablegen. Maschine teilzerlegen, Kiste vorbereiten usw. Dank des in der Kiste montierten Scherenwagenhebers, kann ich die Maschine alleine auf den Kistenboden manövrieren, das Vorderrad ausbauen und das Mopped in der richtigen Position absenken und verzurren. Nach zwei Stunden ist alles verpackt und verstaut. Nun geh ich noch schnell Duschen - gut, dass das hier möglich ist und ziehe mir frische Klamotten an. Dann sage ich im Büro bescheid, dass meine Kiste transportfertig sei und sie das Teil zu den Motorrad-Kisten der anderen stellen sollen.

Fünfeinhalb Wochen und über 10.000 Kilometer liegen nun hinter mir. Ich habe viel erlebt, nette Leute kennen gelernt und neue Erfahrungen gemacht. Trotz vieler kultureller und landschaftlicher Gemeinsamkeiten sind die Emirate und der Oman ganz anders als die nordafrikanischen Länder. Die Länder sind einfach zu bereisen, alles ist sauber, es gibt alles und noch mehr, kein Gedränge an den Grenzen und oft findet man europäischen Standard. Dafür fehlen der orientalische Flair, die traditionellen Souks, und die Gerüche und Geräusche aus Tausendundeiner Nacht, die in Nordafrika vorherrschend sind. Wie sagt ein altes Sprichwort? Wer die Wahl hat, hat die Qual .