Griechenland/Türkei 1990: Bericht

Eigentlich hatten wir gehofft, dass die Anreise nach Triest etwas kürzer wäre, als der Weg nach Ancona. Auf der Landkarte war das auch so, aber in der Praxis sind es dann doch die gleichen 950 km geblieben. Dafür handeln wir einen günstigen Kabinenplatz auf der Fähre aus, eine Vierbett-Kabine mit reichlich Platz, in der wir auch nur zu zweit bleiben, bekommen wir widerwillig zum üblichen Vierer-Preis, statt den Aufpreis einer reinen Zweierkabine. Noch in der Nacht legen wir in Korfu und Igoumenitsa an, unser Ziel liegt aber ca. 12 Schiffs-Stunden weiter, Patras. In Patras gibt es erst einmal das üblich Frühstück an der Hafenpromenade. Hier verabschieden wir uns von unseren Fähren-Bekanntschaften und machen uns auf den Weg nach Athen. Statt der Schnellstraße kurven wir die kleine Küstenstraße am Nordufer des Peloponnes entlang. Dieser Weg dauert zwar länger, ist aber um Klassen schöner als die stark befahrene Halbautobahn. Zwischendurch machen wir Pause in einem malerisch am Strand gelegenen Café, genießen das schöne Wetter, schließen die Augen und lauschen der Brandung. Am Kanal von Korinth endet die Idylle, hier blüht der Massentourismus auf. Ein paar Kilometer weiter im Süden, stehen die Ruinen des antiken Korinth und schräg gegenüber ist ein kleines Café. Dort soll es laut Reiseführer den besten Yoghurt mit Honig in der ganzen Gegend geben. Trotz der Hitze probieren wir das klebrige Dessert aufs Neue, hier sitzen wir nämlich nicht zum ersten Mal um die Süßspeise zu genießen. Nach dem Schmaus starten wir zur nächsten Etappe Richtung Athen. Hier fahren wir nun doch auf der Autobahn weiter, zum einen ist die Küste, die nun südlich von uns ist, total verbaut, zum anderen drängt nach der bisherigen Trödelei die Zeit etwas. Mit zunehmender Nähe zur griechischen Hauptstadt verstärkt sich auch der Verkehr. Nach einigen Verfahrern finden wir auch den Hafen von Rafina. Komisch, den Weg aus Athen heraus finde ich immer blind, aber auf dem Hinweg, zum Hafen von Piräus, oder dem nordöstlich gelegenem Hafen von Rafina, verfahre ich mich grundsätzlich.

In einem der Ticket-Büros am Hafen erstehen wir unsere Fahrkarten für die Überfahrt zur Insel Lesbos. Die Nacht verbringen wir in unseren Schlafsäcken an Deck. Da ich vorher unbedingt duschen möchte, aber keine offiziellen Duschen zu finden sind, wasche ich mich in einem kleinen Abstellraum an einem Wasserhahn mit Schlauch. Zunächst ist das Wasser eiskalt, wird dann zunehmend heißer und als ich mir die Seife abspülen will, ist es schier kochend heiß. Notgedrungen entferne ich die Seife mehr mit dem Handtuch als mit dem Wasser, Hauptsache einigermaßen sauber. Unser Schiff legt schon früh am Morgen im Hafen der Inselhauptstadt Mytillini an. Übrigens wird die Insel Lesbos von den Einheimischen Mytillini genannt, weshalb man etwas aufpassen muss, damit es keine Verwechslungen gibt. Wir starten mit einem schönen Frühstück am Hafen und machen uns dann daran, die Insel zu durchqueren. Unser Campingplatz liegt nämlich gerade am anderen Ende des Eilandes, bei Molivos. Die Insel an sich ist leider nicht besonders schön. Überall Militärcamps und mit Stacheldraht versperrte Grundstücke. Die Nähe zur Türkei und der ewig währende Streit der beiden Nachbarn führt hier zu solchen unschön verbauten Landschaften. Im Gegensatz zu vielen anderen Inseln, liegt hier auch viel Abfall in der Gegend herum. Dafür ist Lesbos, obwohl es die drittgrößte griechische Insel ist, vom üblichen Touristenandrang verschont, vielleicht weil es fast ausschließlich Kies- statt Sandstrände gibt. Unser Weg führt an einer großen Bucht vorbei, die sich vom Südwesten her bis weit in die Inselmitte schiebt. An den Rändern der Bucht sind einige Salzseen zu erkennen, die gleißend die Sonne reflektieren. Auf kurvigen Sträßchen erreichen wir dann die nördliche Küste und finden schnell unseren Campingplatz. Dieser erweist sich als fast leer. Außer uns stehen hier noch zwei weitere Zelte und ein betagtes Wohnmobil. Auf der einen Seite bedeutet das Ruhe pur, aber wenn gar nichts los ist, wird es auch langweilig. Egal, das Zelt steht in wenigen Minuten, raus aus den Motorradklamotten und rein in den luftigen Urlaubsdress, jetzt schauen wir uns erst einmal die Stadt an.

Über kopfsteingepflasterte Gassen winden wir uns den Hügel hinauf. Molivos ist terrassenförmig an den Berg geklebt, auf dessen Spitze eine Burg aus byzantinischer Zeit thront, die aber von den Genuesern umgebaut wurde. Von hier oben kann man den Fischerhafen mit einer kleinen Werft überblicken, einige fast einsame Kiesstrände ausmachen und sich auf einen kühlen Trunk in einem der kleinen Cafés der unter Denkmalschutz stehenden Stadt freuen. Beim Abstieg sind wir froh, dass viele Gassen mit Pflanzen überdacht sind, denn die Sonne brennt gnadenlos auf uns herab. Während der nächsten zwei Tage durchstöbern wir auf Straßen und Wegen die gebirgige Insel, deren höchste Gipfel, der Olympos und der Lepetimnos, immerhin knapp tausend Meter hoch sind. Überall stoßen wir auf Olivenbäume, durch die die Insel sehr grün wirkt, obwohl sie recht trocken ist. Nur um Kalloni herum finden wir wirklich fruchtbare Landschaften. Der Nordwesten, bei Sigri, ist eher rauh und bergig, während die Buchten Kolpos Kallonis und Kolpos Geras fast an nordische Fjorde erinnern. Außer in Molivos finden wir auf der Insel kaum etwas, was an Tourismus erinnert. Überall ist es einsam und ruhig, fast zu ruhig. So sehr wir die Touristenströme auch ablehnen, aber hier ist es für uns fast langweilig, weshalb wir uns früher als geplant für eine Weiterreise entscheiden. Wir besorgen uns Tickets für die Überfahrt nach Ayvalik in der Türkei. Als wir für die kurze Überfahrt über 200 Mark für zwei Personen und zwei Motorräder hinblättern müssen, fallen wir fast von Hocker. Aber wir wollen auf jeden Fall in die Türkei weiter und billiger wird es auch über alternative Strecken nicht. Da die Fähre schon sehr früh am Morgen fährt und wir vom Campingplatz aus über eine Stunde bis zum Hafen brauchen, nehmen wir uns in Mytillini ein Zimmer. Als wir dann auf die Fähre zuhalten, wird mir doch etwas bange ums Herz. Die Fähre ist ein kleiner Kutter, auf den gerade mal vier bis sechs Autos drauf passen. Wir fahren auf das schwankende Gefährt und müssen die Maschinen rechts und links der Deckaufbauten an der Reling festzurren. Hoffentlich kommen wir heil an.

In Ayvalik fahren wir zwar als erste von Bord, werden aber als letzte abgefertigt. Nachdem wir an diversen Schaltern angestanden sind und hier ein Zettelchen und dort einen Stempel bekommen haben, sieht sich ein Zöllner unsere beladenen Fuhren an. Er möchte, dass Ulli ihren rechten Koffer öffnet. Diese weigert sich aber vehement, da dort unser Vorrat an Ouzo "versteckt" ist und öffnet den linken Koffer. Der Kontrolleur ist trotzdem zufrieden und wir dürfen passieren. Südlich von Ayvalik finden wir eine kleine Pension, die im Garten sogar einen Pool hat. Wir sind die einzigen "ausländischen" Gäste, die anderen Leute sind alle aus der Türkei. So wie es aussieht, eher modern eingestellte Leute aus der besseren Schicht. Die Männer trinken Alkohol und die Frauen baden in knappen Bikinis oder liegen fast nackt in der Sonne. Die im Hintergrund laufende Musik ist fast ausschließlich westlichen Ursprungs. Abends beim Essen wechselt sie jedoch in lokale Klänge und das gefällt uns auch besser in diesem Ambiente. Gegessen wird in einem an den Seiten offenen Zelt. Alle Gäste sitzen an einem großen Tisch und jeder nimmt sich von den zahlreichen und nicht leer werdenden Schüsseln was und soviel er will. Manches ist gewöhnungsbedürftig, manches nicht identifizierbar, aber das meiste ist sehr lecker.

Der folgende Tag führt uns ins Landesinnere. Auf kleinen Landstraßen rollen wir gen Osten. Am Straßenrand liegen aufgeschlagene Planen, auf denen Trauben zu Rosinen getrocknet werden. Die Leute auf den Feldern winken uns zu und manchmal überholen wir eine MZ mit Lastenbeiwagen, in dem meist zwei oder drei Frauen sitzen und sich transportieren lassen. Das Tanken dauert immer über eine Stunde. Der eigentliche Prozess der Kraftstoffübernahme geht natürlich schnell, aber kaum sind wir als Deutsche erkannt, stellen die Tankwarte und ihre Freunde ein paar Tische zusammen, drücken uns auf die Schemel und bei Tee und Cola müssen wir von Deutschland erzählen. Da wir kein Türkisch können und die meisten unserer Gastgeber außer Türkisch nur wenige Brocken deutsch, unterhalten wir uns mit Händen und Füßen, was dem Spaß an der Sache aber keinen Abbruch tut. Abseits der Hauptrouten genießen wir die Ruhe und Ausgeglichenheit des Landlebens. In den kühleren Vormittags- und Spätnachmittagsstunden fahren wir auf kleinen und kleinsten Straßen durch die Landschaften. Die heißen Mittagsstunden verbringen wir dösend an schattigen Plätzen, wo wir vor der Hitze flüchten können, oft auch an kleinen Bächen, worin wir unsere Füße oder auch mehr kühlen. Abends essen wir in kleinen bäuerlichen Wirtshäusern. Es gibt immer Einheitsessen für alle, meist wissen wir nicht was es genau ist, aber es schmeckt immer gut.

Eines Abends erreichen wir Pamukkale. Hier sind die berühmten Sinterterrassen, die ich bisher nur von Fotos her kannte und von denen ich dachte, dass sie in einer einsamen Landschaft, weit ab jeglicher Zivilisation lägen. Aber das war ein Satz mit X. Neben den Terrassen wurde ein künstlicher Ort aus dem Boden gestampft, jedes Gebäude ist ein Hotel oder ein Restaurant. Wir tasten uns vorsichtig durch das Menschengewühl aus Touristen, hier geht es zu wie beim Schlussverkauf in einer deutschen Fußgängerzone. Da es schon dunkel ist, nehmen wir uns ein Zimmer am Ortsrand. Unsere "Zelle" ist dunkel und leidlich sauber, man sieht, dass hier täglich die Bewohner wechseln, aber für eine Nacht wird es gehen. Schon vor Sonnenaufgang fahren wir zu den Sinterbecken hoch. Im Gegensatz zum Vortag sind wir nun so gut wie alleine und können ungestört fotografieren, als die Sonne die Landschaft langsam mit ihren Strahlen überstreicht. Obwohl die Luft noch kühl ist, wagen wir auch ein Bad in einem der natürlich entstandenen Becken. Direkt am Bergkamm gibt es auch die Ruinenstadt Hierapolis zu bewundern. Wie der Name schon zeigt, wurde sie seinerzeit von Griechen gegründet. Als nach und nach immer mehr Menschen den Hügel bevölkern, fahren wir zurück, packen unsere Sachen zusammen und flüchten ohne Frühstück in ruhigere Gebiete. Kommt man in stärker bevölkerte Gebiete, so erkennt man das meist an den kleinen Industrievierteln an den Ein- bzw. Ausfallstraßen der Orte. Bestimmt 90 % der kleinen Betriebe sind Reifen- und Auspuffhändler - bei diesen Straßenverhältnissen wohl die am meisten beanspruchten Teile an den Autos. Viele Tankstellen haben eine Art überdimensionale Wasserhähne montiert, wo man mit dem Auto drunter fahren kann und wenn man an einer Strippe zieht, ergießt sich ein dicker Wasserschwall über das Fahrzeug. Ob das mehr der Kühlung oder der Reinigung dienen soll, wissen wir bis heute nicht, vielleicht beides. Zumindest scheint es hier keinen Wassermangel zu geben.

Unsere kleine Türkeirunde endet in Kusadasi. Während ich alleine in die Stadt fahre, um die Tickets zu besorgen, wartet Ulli in einer Art Rasthaus oberhalb der Stadt. Ich schiebe mich durch das Verkehrsgewühl bis zum Hafen und besorge Fahrkarten für die Überfahrt nach Samos. Auch diese Verbindung ist nicht gerade preiswert, führt sie doch ins "feindliche" Griechenland hinüber. Als ich zum Rasthaus zurückkomme, hat Ulli einen großen Teller Fleischspieße vor sich stehen, die sie aber gar nicht bestellt hatte. Die Gesellschaft am Nebentisch hat ihr von ihrem Essen etwas abgegeben, vielleicht weil Ulli mit ihren Federgewicht nicht gerade dem orientalischen Schönheitsideal entspricht und die Herren sie deshalb etwas aufpäppeln wollen. Die Muselmanen mögen eher die sogenannten Rubensformen. Natürlich bekomme ich auch gleich einen Teller gebracht und so können wir uns vor der Überfahrt noch die Bäuche füllen. Der Kahn, der uns nach Samos bringen soll, hat anscheinend mehr Fahrkarten verkauft, als Gäste draufpassen. Wir müssen an unseren Maschinen je einen Koffer abmontieren, damit sie zwischen Bordwand und Reling passen. Nachdem unsere Zweiräder aus dem Weg sind passt so noch ein weiteres Auto auf das kleine Deck. Dann schaukeln wir mit beträchtlichem Tiefgang durch die Ägäis und freuen uns, als wir endlich den Hafen der griechischen Insel erreichen. Auf Samos drehen wir nur eine kleine Runde, denn schon am nächsten Tag wollen wir weiter. Da Samos für seinen Ouzo bekannt ist, lassen wir uns es nicht nehmen eine der Manufakturen zu besichtigen. Dort wird den Besuchern auf englisch das Geheimnis der Herstellung erläutert und natürlich müssen wir auch den einen oder anderen heben. In der Hitze macht uns der Alkohol zu schaffen, so dass wir uns gerne ein einfaches, aber schönes Zimmer in der Nähe der Abfüllanlage nehmen. Schon früh am Morgen entern wir die Fähre. Dieses mal haben wir zum Glück ein größeres Schiff, um das tiefblaue Meer zu durchpflügen. Nach einigen Stunden erreichen wir Paros, wo wir ein paar Tage bleiben wollen. Heute lohnt es sich nicht mehr eine Runde zu drehen. Wir bauen unser Zelt auf, waschen unsere Wäsche und laufen dann zum Einkaufen in den Ort. Im Schein unserer Gaslampe sitzen wir dann vor dem Zelt und kochen uns Nudeln mit Tomatensoße.

Leider gibt es auf dem Campingplatz nicht viel Schatten und schon früh ist es unerträglich heiß im Zelt. Wir machen uns für eine Ausfahrt fertig, gefrühstückt wird unterwegs in einem Kafenion. Wir halten uns zunächst nach Süden und erreichen Pounta. Von hier aus fährt eine kleine Fähre nach Antiparos hinüber, die wir zufällig kurz vor der Abfahrt erreichen. Kaum sind wir drauf, legt das Schiff schon ab. Auf der anderen Seite erreichen wir Antiparos, die gleichnamige Hauptstadt der Insel. Hauptstadt ist etwas übertrieben, Hauptdorf trifft die Sache schon eher. Dort setzen wir uns in eines der zahlreichen Kafenions und frühstücken. Die Insel selbst ist nicht groß. Über staubige Pisten erreichen wir eine Höhle in der Nähe des Kap Akakos. Nach der Besichtigung und einer kleinen Runde über die Schotterstrecken der Insel fahren wir zum Hauptort zurück. Bis zur Abfahrt der Fähre haben wir noch Zeit für eine kleine Besichtigung der Souvenirgeschäfte und für ein kühlendes Mineralwasser. Wieder auf Paros zurück, suchen wir uns einen Weg auf die andere Seite der Insel. Teerstraßen wechseln sich mit leichten Schotteretappen ab. An vielen Stellen wird hier Marmor abgebaut. Der parische Marmor hat schon seit der Antike Weltgeltung und ist von hervorragender Qualität. Die berühmte Venus von Milo wurde aus Marmor der Insel Paros gemeißelt. Wir finden einen schattigen Garten, in dem eine antike halbfertige Statue zu bewundern ist. Kurz vor der Fertigstellung bekam das Gestein Risse und so wurde der Unvollendete einfach liegengelassen und an anderer Stelle mit einer neuen Statue begonnen. Unter einem schattigen kühlen Blätterdach lassen wir uns in Korbstühle fallen und mit kühlem Wasser sowie heißem Milchkaffee bewirten. Das Wasser gegen den Durst, der Kaffee für den Geschmack. Über Naussa, im Norden der Insel, fahren wir wieder zum Campingplatz bei Parikia zurück. Nach dem Abendessen machen wir uns stadtfein und gehen in eine Disco. In der Nacht nehmen wir noch einen Schlummertrunk in einer der Hafenkneipen und versuchen unsere Ohren wieder an normale Lautstärken zu gewöhnen.

Trotz der morgendlichen Hitze, bleiben wir heute etwas länger liegen, jedoch draußen vor dem Zelt, im Schatten einer Plane. Im Zelt selbst kann man es nicht aushalten. Doch unsere Ruhe wird von einer jungen Katze unterbrochen, die unbedingt mit uns schmusen will und keine Ruhe gibt. Also stehen wir doch irgendwann auf und satteln uns für eine Ausfahrt auf. Heute machen wir eine ruhige Klostertour, rund um den über siebenhundert Meter hohen Agios Ilias sind ja genügend verstreut. Von der geschotterten Bergpiste aus, kann man bis zur Nachbarinsel Naxos rüberschauen, da wollen wir morgen hin. Der Gipfel des Berges ist militärisches Sperrgebiet, so kommen wir nicht bis ganz oben hin. Vor dem verschlossenen Tor kehren wir um und fahren den spiralförmig angelegten Weg wieder zurück. In einem Dorf gönnen wir uns ein spätes Mittagessen, griechischer Salat und frisches Brot, mit dem wir das reichlich vorhandene Olivenöl aus dem Teller tupfen. Zurück am Campingplatz, gehen wir ausnahmsweise mal an den Strand und genießen das kühle Bad in der Brandung. Während Ulli sich dann in die Sonne legt, ziehe ich einen schattigen Platz vor und lese mein Buch weiter. Abends packen wir das Gröbste schon mal zusammen und besorgen uns die Tickets für Naxos.

Das Schiff hat natürlich die in Griechenland übliche Verspätung und wir unterhalten uns, während wir in einem Café warten, mit anderen Motorradfahrern, die auch auf die Nachbarinsel wechseln wollen. Später rollen wir in Naxos-Stadt von Bord und fahren gleich nach Süden weiter, wo es einen schönen Sandstrand und einen Campingplatz gibt. Die letzten Kilometer müssen wir auf einer Sandpiste zurücklegen, die teilweise verspurt ist, was die Fahrt mit unseren vollbeladenen Maschinen nicht gerade vereinfacht. In Ermangelung von großen schattenspendenden Bäumen wurden auf dem Campingplatz Gestelle mit Strohdächern errichtet. Unser fast zwei Meter hohes Zelt passt glücklicherweise gerade drunter. Der Bau unserer Unterkunft hat viel Schweiß gekostet, deshalb springen wir schnell unter die Dusche, bevor wir zu unserer Tour starten. Naxos ist ca. doppelt so groß wie Paros und ist die landschaftlich vielfältigste Insel der Kykladen. Da es uns an der Küste zu heiß ist, wollen wir in die Berge hinauf. Wir orientieren uns mit einer Landkarte, die wir noch im Hafen gekauft haben und auf der die meisten Wege verzeichnet sind. Darin finden wir auch die beiden Hauptgipfel Zas und Koronos, die mit einer Höhe von jeweils ca. 1000 Metern Abkühlung versprechen. Die Zahlen auf der Karte haben nicht zuviel versprochen, es ist hier oben sogar so kalt, dass wir frieren. Sicher ist es hier nicht eiskalt, aber schon der geringe Temperaturunterschied im Vergleich zur Küste, wird von unseren Körpern stärker empfunden, als er tatsächlich ist. Umso mehr verwundern uns die Touries, die nur mit Bikini oder Badehose bekleidet auf ihren gemieteten Rollern hocken und anscheinend nicht frieren. Ok, der Sonnenbrand der ihnen droht oder die Verletzungen im Falle eines Sturzes sind sicher unangenehmer. Wir fahren wieder talwärts, bis die Temperatur wieder stimmt, und suchen uns ein schattiges Café, wo wir unsere Flüssigkeitsverluste wieder ausgleichen. Auf Umwegen rollen wir dann nach Naxos-Stadt, wo wir die Ruinen auf einer Landzunge direkt neben dem Hafen besichtigen. Außer der exponierten Lage, können wir den baulichen Überresten nicht viel abgewinnen und so stürzen wir uns in den Trubel der Hafencafés, bevor wir zum Camp zurückkehren.

Nach einem Faulenzertag am Strand, wollen wir heute wieder fahren. Wir halten uns südlich und umrunden die Insel gegen den Uhrzeigersinn. Die meisten Wege im Süden sind nicht asphaltiert und so müssen wir eine Menge Staub schlucken. Hier unten gibt es auch kaum Ansiedlungen, geschweige denn Kafenions, wo wir unsere trockenen Kehlen spülen könnten. So müssen wir dürsten, bis wir einen Bauern finden, der uns mit Wasser aus einem Brunnen versorgt. Hoffentlich hat das keine "durchschlagende Wirkung". Nach der Pause zieht sich unser Weg nach Norden wie Gummi in die Länge. Wir müssen ein Sperrgebiet umfahren, steigen zum Koronos hinauf und setzen den Weg nach Norden fort. Hier besuchen wir wieder einen "Kouros", eine unvollendete Statue, die von den antiken Steinmetzen liegengelassen wurde. Anders als auf Paros, gibt es hier jedoch keinen Garten und keinen Schatten. Wir steigen zwischen glühenden Felsen umher und schwitzen in der Sonne. Nun haben wir genug von der Hitze, wir fahren wir Richtung Naxos-Stadt, um in den schattigen Hafencafés herumzulümmeln und dem Meer zu lauschen, wie es sich gegen die Hafenmauern wirft. Abends essen wir in einer Kneipe direkt am Strand. Es ist ein Abschiedsessen, denn morgen müssen wir uns leider Richtung Heimat aufmachen.

Da die Fähre erst abends ablegt, lassen wir uns viel Zeit mit dem Packen und stellen die bepackten Maschinen unter ein schattiges Dach am Strand. Dann baden wir ein letztes Mal im Meer, bevor wir Schweiß und Salz unter der Dusche zurücklassen, um in den Motorradklamotten erneut zu schwitzen - zum einen wegen der Hitze und zum anderen wegen der verspurten Sandfelder. Im Hafen dann ein letzter Kaffee, bevor wir die Maschinen in der Fähre verzurren und uns einen Schlafplatz auf Deck suchen. Als wir in Piräus einlaufen, ist es noch dunkel. Eine riesige Anzeige strahlt uns abwechselnd die Uhrzeit und die Temperatur entgegen: 5:12 Uhr, 27°C. Und wir? Wir sitzen in Motorradklamotten an der Reling, haben die Schlafsäcke um uns gewunden und frieren! Bis wir dann endlich vom Schiff runterkommen, dauert es noch über eine Stunde. Dann suchen wir uns den Weg aus der Millionenstadt heraus an der Küste entlang Richtung Westen. Am Kanal von Korinth frühstücken wir in Ruhe, bevor wir unseren Weg an der Nordküste des Peloponnes fortsetzen.

Wir fahren nach Kalávrita hinauf, einem Skigebiet wie wir unerwartet feststellen. Die Gegend erinnert uns an den heimischen Schwarzwald, überall Nadelwald. Dann rollen wir gemütlich die kurvenreiche Straße Richtung Meer hinunter, jede noch so kleine Biegung ganz ausfahrend. Genau 50 km sind es vom Skilift bis zum Meer, dass gibt es im Schwarzwald leider nicht. Wir quartieren uns für die letzte Nacht auf einem Campingplatz ein. Abends gibt es im Restaurant ein großes Fest. Die Kellner tanzen und zerdeppern haufenweise Teller. Natürlich nicht das gute Geschirr sondern speziell für dieses Fest hergestellte ungebrannte Tonteller. Am nächsten Morgen schlafen wir lange aus. Bis Patras ist es nur ein Katzensprung und unser Schiff fährt erst am Abend. Wir tuckern gemütlich los, und genießen die einsame Küstenstraße. Mittags machen wir eine lange Pause unter schattigen Bäumen am Strand, wo uns das leise Spülen der Wellen etwas eindösen lässt. Am späten Nachmittag erreichen wir Patras, machen unsere Tickets klar und warten gemeinsam mit vielen anderen Reisenden auf die Abfahrt der Fähre, die für die nächsten 36 Stunden unsere Heimat sein wird.

[Bericht] - Album 1 ⇒