Frankreich 2001/1: Sommerhandschuheröffnungsfahrt ⇒ Vogesen

Seit ein paar Jahren schon gibt es eine Kooperation zwischen dem Motorradstammtisch Karlsruhe und dem Transalp-Stammtisch Franken. In jedem Frühjahr wird von den Karlsruhern die Sommerhandschuheröffnungsfahrt (SHEF) ausgerichtet, im Herbst organisiert der Franken-Stammtisch die Sommerhandschuhabschlussfahrt (SHAF). Anfang April im Jahre des Herrn 2001, waren die Karlsruher wieder am Zuge. Herbert und Marcel haben schon Wochen vorher geplant und Strecken gesucht. Es ist den beiden gelungen, ein ansehnliches Roadbook zusammenzustellen, das uns hauptsächlich offroad durch das Elsass geführt hatte. Da meine Maschine mit einem Roadbookhalter ausgerüstet ist, wurde ich gleich als Leithammel einer fünfköpfigen Gruppe auserkoren. Mir folgten also Lars auf einer Africa Twin, Norbert auf einer Transalp, Reiner mit einer SLR und Heinz, der eine Suzuki DR 650 steuerte. Ich selbst nahm die Führungsaufgabe auf einer KTM Adventure wahr. Wir waren noch keinen Kilometer von unserem Startpunkt in Munchhausen entfernt, da hatte ich schon erste Orientierungsprobleme. Am Roadbook lag das nicht, dieses war sehr gut und genau erstellt worden, ich musste mich aber erst an das Fahren mit dieser Navigationshilfe gewöhnen. Schließlich fand ich den rechten Weg, eine aufgeschnappte Bemerkung, dass wir schon am Start eine tiefe Pfütze durchqueren müssten, half mir bei der Entscheidungsfindung weiter. Nun klappte es immer besser, wir kamen flott vorwärts, bis wir einmal den falschen Weg wählten. Auf schmierigen Waldwegen bewegten wir uns vorwärts, die einen etwas flotter und leicht schwänzelnd, die anderen fusselnd und vorsichtig. Nach 2 oder 3 Kilometern wussten wir definitiv, dass wir falsch sind. Hm, umkehren und auf dem seifigen Stück zurück wollte keiner, also sind wir auf einer breiten Schneise für die LKW der Waldarbeiter weiter, um direkt zum nächsten Ort zu kommen und einen erneuten Einstieg in die Strecke zu versuchen. Die Breite des Weges verleitete mich zu flotterer Gangart, diese wurde nach einigen hundert Metern in einer großen und vor allem tiefen Pfütze jäh gebremst. Das Vorderrad versank in den Fluten, eine große Welle bäumte sich vor mir auf und schlug über mir zusammen - zum Glück war die Kleidung dicht, nun aber alles andere als sauber. An der Straße angekommen, wiesen uns die Hinweisschilder den rechten Weg und den Wiedereinstieg in die geplante Route. Ein paar Kilometer später, hatten wir trotz unseres Umweges, die vor uns gestartete Gruppe eingeholt. Fast zumindest, denn zwischen dem Punkt, wo wir die anderen ausmachten und unserem Standort, lag noch ein schmieriger und glitschiger Feldweg. Vorsichtig rutschten wir vorwärts. Nach der halben Strecke kam plötzlich Brigitte von hinten angeflogen, wild keilte ihre KTM aus, doch sie beherrschte die Maschine und machte uns Männern vor, wie man eine solche Strecke richtig fährt. Meine Maschine steckte zu diesem Zeitpunkt mit dem Vorderrad in einer Furche und das Hinterrad drehte hilflos durch ohne den hauch eines Vortriebs zu ermöglichen. Jürgen, der seinem Brigittsche rasch gefolgt ist, stoppte kameradschaftlich und hielt meine Maschine fest, während ich sie am Vorderrad hochhob und wieder in die richtige Spur setzte. Nach weiteren hundert rutschigen Metern erreichten wir die anderen und sahen weit hinten, wie Reiner seine SLR aufheben musste. Als unsere Gruppe wieder komplett war, gönnten wir Reiner eine Verschnaufpause und fluchten über den bescheidenen Untergrund. Leider hatte es die ganze Woche geregnet und die Geländestrecken in Moorbäder verwandelt. Die zweite Hälfte der schmierigen Strecke versuchte ich nun auch mit höheren Tempo und es klappte sogar sehr gut, wenn nur die scheiß Angst sich hinzulegen nicht gewesen wäre ...

Eigentlich recht flott, hetzten wir einen ausgewaschenen Naturweg entlang, Pfützen wechselten sich mit zähem Schlamm ab und verwandelten uns und die Maschinen in feucht-braune Monster. Plötzlich verschwand mein Vorderrad wieder in einem der Wasserlöcher. Eine riesige Woge fiel über mich zusammen und drang in meinen Helm ein. Die KTM schaffte gerade noch die andere Seite zu erreichen, dann machte es Plopp und der Motor war aus. Nachdem ich die Batterie leer georgelt hatte, zog ich doch einmal den Kerzenstecker ab und mit der Hilfe von Marcel, der uns just in diesem Augenblick zusammen mit Herbert erreichte, prüfte ich, ob überhaupt noch ein Zündfunke entsteht. Nach dem positiven Ergebnis, trainierte ich mein linkes Bein und trat den Kickstarter bis es schmerzte. Irgendwann hatte die Adventure Mitleid mit ihrem Besitzer und plopperte wieder. Mit nun lahmer Hüfte, aber grinsendem Gesicht, setzten wir unseren Weg fort und erreichten alsbald eine der Schlüsselstellen dieser Tour, die steile Auffahrt auf einen Bahndamm. Breit grinsend stand Herbert schon mit gezücktem Fotoapparat da und erwartete uns Probanden. Ich versuchte es als erstes, etwas Anlauf am Berg Gaaaas, aber oben auf der Dammhöhe machte ich zu früh den Hahn zu und lag schnell auf der Seite. Zum Glück war ich schon so weit oben, dass ich nicht mehr runter musste. Nach mir versuchte sich Reiner, der sich allerdings schon auf halber Höhe ablegte und dann lieber die Umgehungsstrecke bis zum nächsten Treffpunkt nahm. Auch DR-Fahrer Heinz legte sich oben auf der Dammkrone noch hin, dafür schafften Norbert und Lars auf ihren schweren Reiseenduros die Anhöhe ohne Fehler. Oben auf dem Damm fuhren wir neben den Gleisen weiter und erreichten bald die andere Gruppe, die Aufstellung für die nächste Hürde bezog, eine tiefsandige Auffahrt. Diejenigen, die die Auffahrt schon gemeistert hatten, standen mit gezückten Kameras oben und warteten auf die nächsten "Opfer". Je nach Reifenprofil und Geschick meisterten alle mit mehr oder weniger Hilfe auch diese Sonderprüfung.

Nun hofften wir ohne große Probleme das Lokal für die Mittagsrast zu erreichen, jedoch mussten wir noch eine sehr schmierige Auffahrt meistern. Als Gruppenführer musste ich natürlich als erster hoch. Mit ausbrechendem Heck glitschte ich langsam den Berg hoch, das feuchte Wetter der letzten Tage und meine zum Fußeln zu kurzen Beine verfluchend. Lars folgte mir auf dem Fuße und wir stellten oben die Maschinen ab, um den anderen entgegen zu gehen und zu helfen. Nach und nach bekamen wir unsere Gruppe den Berg hoch und folgten der vorgegebenen Route weiter. Einige Leute der Gruppe hinter uns zogen es vor, diese Steigung zu umfahren und einen einfacheren Weg zu wählen. Auch Reiner und Heinz aus unserer Gruppe hatten nun die Schnauze voll und fuhren zur nächsten Straße weiter, um direkt zum Restaurant zu fahren. Lars Norbert und ich quälten uns im glitschigen Morast weiter und erreichten zwar als letzte das Lokal, aber wir hatten das Ganze auf der vorgeschriebenen Strecke gemeistert. Im Lokal waren die meisten schon am Mampfen. Auch wir stärkten uns mit Quiche Lorraine und Salat und tauschten mit den anderen die Erfahrungen aus. Frisch gestärkt setzten wir als erste Gruppe unseren Weg fort. Herbert prophezeite uns eine Strecke mit weniger Matschanteil, da die Nachmittagsetappe hauptsächlich über Waldwege führen sollte. Tatsächlich war der zweite Teil viel angenehmer zu fahren. Statt in der Rhein-Ebene waren wir nun im bergigen Teil des Elsass unterwegs. Die Waldwege waren zwar steinig, boten aber den Reifen genügend Halt und Führungskraft. Kurvenreich führten die Wege durch dichten Wald auf die Hügel hinauf bzw. von ihnen herunter. Zwischendurch gab es aber auch einige lichte Stellen, die vor zwei Jahren durch das Sturmtief "Lothar" entstanden sind, das weite Flächen an den Berghängen regelrecht entwaldete. Uns gaben diese Lücken den Blick über die Täler und zu den benachbarten Hügeln frei. Ab und an kreuzte eine Holzfällerpiste unsere Route, hier war es dann wieder ziemlich zerfurcht und schlammig. Nach einer allgemein als "wunderschön" bezeichneten Strecke, erreichten wir einen Waldparkplatz, der im Roadbook als Treffpunkt markiert war. Heinz und Reiner fuhren die paar Kilometer nach Schirmeck, um ihre Tanks aufzufüllen, wir anderen warteten auf die folgenden Gruppen.

Nachdem wir alle wieder beieinander waren, starteten wir, diesmal als zweite Gruppe, zur nächsten Etappe. Nachdem wir auf einem Schotterweg den Talgrund erreicht hatten, führte ein steiler Waldweg auf der anderen Seite wieder hinauf. Hier mussten wir über einige Kehren schnell an Höhe gewinnen und folgten einer versteckten Kammstrasse einige Täler weiter, wo wir wieder in die Tiefe geleitet wurden. Einige Landsträßchen wurden gekreuzt und dem Schotter folgend, bestiegen wir die nächste Anhöhe durch einen dunklen Forst. Die folgende Abfahrt endete in einem tiefen matschigen Spurengewirr. Direkt in der folgenden Rechtskurve war eine riesengroße schlammbraune Pfütze. Auf einigen danebenliegenden Baumstämmen stand johlend die zuerst gestartete Gruppe und wartete mit schussbereiten Fotoapparaten auf die Lösung der uns nun gestellten Aufgabe. Uns war nicht klar, wie tief der Tümpel war und an welcher Stelle wir ihn am besten durchwaten sollten. Die Maschinen der anderen standen schon auf der anderen Seite, also musste ein Durchkommen möglich sein. Langsam und vorsichtig tuckerte ich auf das Wasserloch zu. Das Hinterrad immer auf Zug haltend, fand ich zufällig die richtige, weil nicht zu tiefe, Stelle zum Durchfahren. Ich hatte es geschafft. Lars und Norbert folgten in meiner Spur. Reiner suchte sich einen eigenen Weg, musste anhalten und die Füße absetzen und konnte dann zusehen, wie das Wasser von oben in die Stiefel floss. Lars und ich rollten weiter und warteten an der nächsten Biegung. Die anderen drei kamen jedoch nicht nach. Wir wollten den schlammigen Berg nicht mehr zurück fahren und warteten noch ein paar Minuten. Unter der Annahme, dass die anderen drei sich das Schauspiel der noch folgenden FahrerInnen nicht entgehen lassen wollten, setzten wir dann alleine unseren Weg fort, es war ja nicht mehr weit bis zum Ziel. Auf uns alleine gestellt ließen wir die Motorräder schier fliegen. Schottriger Untergrund wechselte mit festgefahrenem Waldboden und kurzen Landstraßenabschnitten. Die Kurven flogen uns nur so entgegen. Noch einmal ins Tal hinunter, dann hatten wir es geschafft und unser Ziel erreicht. Helga und Hanne, die mit dem Marketenderfahrzeug voraus gefahren sind, winkten uns von dem Haus aus zu, das unsere Herberge für die kommende Nacht war. Stefan und Anja waren auch schon da, aber die beiden sind über die Straße hinunter geschwuchtelt und hatten die einzigen sauberen Maschinen an diesem Tag. Sieger nach Punkten waren also Lars und ich ;-). P.S. So dreckig waren meine Maschine und ich noch nie. Lars hatte Glück, er hatte die Twin seiner Frau genommen. Ob es heute immer noch seine Frau ist, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen ;-)

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