Frankreich 2005/1: Sommerhandschuheröffnungsfahrt ⇒ Bericht

Nach den vergangenen Schlechtwetterperioden erfreute uns die Wettervorhersage für das SHEF-Wochenende. Sonnenschein und kaum Wolken wurden uns versprochen und das Versprechen wurde auch gehalten.

Während die meisten „Hard-Enduristen“ mit dem Anhänger nach Le Vic fahren, rolle ich zusammen mit Michael B. und Antje auf eigener Achse nach Süden. Wir wollen das gute Wetter ausnutzen und uns natürlich über möglichst kleine Sträßchen nach Süden vorarbeiten. So genießen wir fast ohne Verkehr die Landschaft und das Fahren. Natürlich darf auch der obligatorische Café au Lait nicht fehlen, den wir in La Petit Pierre schlürfen und uns dabei von der Sonne verwöhnen lassen. Doch schon bald zieht es uns wieder in die Sättel, zu groß war der Motorradentzug in der letzten Zeit und wir wollen wieder den Wind um die Nase spüren. Dann endlich erreichen wir den Col du Donon, meine Lieblingsstrecke in den Vogesen. Hier juckt mich immer die Gashand und ich treibe meine Transalp im Eiltempo den Berg hinauf. Auf der Passhöhe warte ich auf die anderen beiden und genieße die Aussicht in die Nachbartäler. Kurz darauf biege ich auf eine Schotterstrecke ab, die besonders Antje viel Freude zu machen scheint. Sie hat erst seit kurzem den Führerschein und ist ganz heiß auf artgerechte Haltung ihrer KTM. Irgendwo nehme ich einen falschen Abzweig und lande dadurch in einem anderen Tal als geplant. Aber egal, der Weg ist ja das vielbesungene Ziel. Trotzdem, um etwas Zeit zu sparen, nehmen wir kurz eine Schnellstraße, um rascher in das richtige Tal zu kommen, da die Zeit schon etwas fortgeschritten ist und wir nicht zu spät zum Abendessen kommen wollen. Bis Fraize finden wir dann noch die ein und die andere Route Forestiere und kommen rechtzeitig in Le Vic an. Doch die Überraschung ist groß, da außer uns niemand da ist. Das heißt, die Anhänger-Gespanne der anderen sind schon da, aber die Leute sind noch unterwegs auf der ersten Ausfahrt. Wir beziehen unsere Zimmer und kaum haben wir ausgepackt, treffen auch die einzelnen Grüppchen nach und nach ein. Nach dem gemeinsamen Abendessen werden die Erlebnisse des Tages ausgetauscht und bei Benzingerede auch reichlich der Durst gelöscht. Herbert und ich halten am längsten aus und finden gegen 03:30 Uhr endlich in die Falle.

Punkt 08:00 Uhr sitzen wir schon wieder mit den anderen beim Frühstück. Der Kopf ist etwas schwer (vom wenigen Schlaf), aber der starke Kaffee treibt den Kreislauf wieder in die Höhe. Nach dem Abwasch teilen sich die Gruppen ein. Ich führe die Straßentour an, deshalb ist meine Gruppe ziemlich klein. Bei mir finden sich Susanne, Carsten und Lefki ein, eine nette und überschaubare Schar. Zunächst fahren wir nach Gèrardmer zum Tanken. Danach umrunden wir den See bei Xonrupt-Longemer und fahren die Route du 17 km (die Strecke heißt wirklich so - oder so ähnlich ;-) ), ein asphaltierter Waldweg, der durch den Wald nach oben und um Gèrardmer herum führt. Nach einigen Kilometern, und entsprechend zugenommener  Höhe, wird der Weg durch einige Schneefelder versperrt. Herumdrehen oder durchwühlen? Die zwei Mädels haben noch nicht so viel Motorraderfahrung und Carsten ist beginnender Wiedereinsteiger.  Trotzdem, oder vielleicht auch deshalb, entscheiden wir uns für die schwierige Variante. Gemeinsam zerren und schieben wir die Maschinen durch den teils vereisten und glatten Schnee. Entweder ist die Oberfläche fest, dafür aber glatt und rutschig, oder der Schnee ist weich und tief und die Maschine sinkt ein. Mit meinen fast abgefahrenen Michelin Anakee habe ich gute Mühe, etwas Traktion aufzubauen. Carsten hat wenigsten einen neuwertigen Grobstoller auf den Felgen. Als eine Skipiste die Straße kreuzt und der Schnee die Straße dort unpassierbar gemacht hat, weichen wir auf den schrägen Hang aus. Bis auf einen kleinen Rest ist der Hang an dieser Stelle schneefrei und auf dem Gras haben wir sicher besseren Halt. Wegen der Steilheit fahre ich Lefkis Maschine über den Grasstreifen. Als ich auf den schmalen Schneestreifen komme, entpuppt sich dieser als blankes Eis und die Maschine rutscht ein Stück weit ins Tal hinab. Nur mit Mühe kann ich einen Sturz vermeiden. Nun kann ich mich aber nicht mehr rühren, meine Füße rutschen ständig weg und die Maschine will weiter ins Tal rutschen. Gemeinsam legen wir das Motorrad auf die Seite. Dann hole ich ein paar Spanngurte, die ich zufällig dabei habe, und befestige sie am Sturzbügel. Die Gurte sind lang genug, dass die Mädels sicher auf dem Gras stehen und die Maschine ziehen können, während wir Jungs versuchen einigermaßen sicher auf dem glatten Untergrund zu stehen und die Maschine aufrichten. Nach ein paar anstrengenden Minuten haben wir es dann geschafft. Die anderen Moppeds schieben wir dann doch lieber umständlich durch den Schnee, keiner hat Lust auf dem arschglatten Untergrund ins Tal zu rutschen.

Ein paar Schneefelder weiter erreichen wir einen Weg der ins Tal hinunter führt. Ab hier geht es ohne Hindernisse weiter. Wir fahren nach Gèrardmer und finden ein nettes Straßencafé, bei dem wir direkt vor den Tischen parken können. Hier löschen wir unseren unbändigen Durst, denn die Plackerei hat uns ganz schön ins Schwitzen gebracht. Da wir ja „nur“ eine Straßentour fahren wollten, haben wir nichts zu trinken mitgenommen, Cafés gibt es hier ja genügend. Wir bleiben dann noch eine ganze Weile sitzen, erholen uns und tanken Sonne auf, bevor uns die Straße wieder ruft.

Für unsere Tour habe ich mir keinen festen Plan vorgenommen, welche Strecke wir unter die Räder nehmen. Da ich schon oft hier unterwegs war, lasse ich mich einfach von den Gegebenheiten vor Ort leiten und entscheide aus dem Bauch heraus, welche Route für uns die geeignete ist. Ich versuche, wie immer, möglichst kleine Wege zu finden, die wir dann erkunden können. So komme ich auch zu einem Abzweig, der mir vom letzten Jahr her noch gut in Erinnerung ist. Also links abfahren und dann das Passsträßchen hinaufdüsen. Die Bäume tragen zwar noch kaum Blätter, jedoch stehen sie hier so dicht, dass es auf dem Weg recht dunkel wird. Kurz vor der Passhöhe kommt es so, wie wir es fast schon erwartet hatten. Schneefelder halten uns von der Weiterfahrt ab. Ich laufe ein paar hundert Meter voraus, um zu schauen, ob sich eine erneute Kraftanstrengung, um die Maschinen durchzuzerren, lohnen würde. Doch der Schnee ist zu tief, die Schneefelder zu lang und der Weg zu steil. Anstatt uns hier aufzureiben, wollen wir lieber noch ein paar Kilometer fahren.

Die Suche nach einer Tankstelle bringt uns ein wenig aus den Hügeln heraus in Richtung Rheinebene. Nachdem die Spritfässer gefüllt sind, rollen wir wieder zügig Richtung Berge zur Route de Cretes hinauf. Da diese in Richtung Col de la Schlucht gesperrt ist, wärmen wir uns hier oben mit einem Kaffee auf. In tausend Meter Höhe pfeift der Wind recht kalt, weshalb wir recht schnell wieder tiefere und wärmere Gefilde suchen. In einem Bogen fahren wir zum Col de la Schlucht, überqueren die Passhöhe und … vermissen plötzlich Carsten. Während die Mädels an einer Straßeneinbuchtung warten, fahre ich ein Stück zurück, um Carsten zu suchen. Ich finde ihn vor der Passhöhe, am Straßenrand stehend. Wer hat Kreislaufprobleme und braucht eine Pause. Wir tuckern zum Platz wo die Mädels warten und Carsten legt sich erst mal hin. Susanne fährt zum Pass zurück und besorgt Cola und Schokolade, damit Carsten sich stärken kann. Ich fahre zu unserer Unterkunft, bis zu der es nicht mehr weit ist, um ein Auto zu besorgen. Kaum bin ich dort angekommen, klingelt schon das Telefon. Wir sollen einen Notarzt rufen, denn Carsten geht es immer schlechter. Marion kann am besten französisch, sie bespricht mit Claude den Vorfall und leiten dann einen Krankenwagen zum Platz an dem die anderen drei warten. Marion und ich fahren mit dem Auto hin. Als wir dort ankommen, liegt Carsten schon im Sanka. Marion erklärt den Sanitätern was vorgefallen ist, macht den Papierkram klar und fährt dann mit ihrem Auto dem Krankenwagen hinterher zur Rettungsstation. Ich nehme Carstens KTM und fahre mit Lefki und Susanne zu unserer Unterkunft. Um es vorweg zu nehmen, zum Abendessen sind Marion und Carsten wieder zurück, Carsten geht es wieder besser. Nach dem Abendessen zeigen Petra und Jürgen Dias von ihrer Omantour im Januar dieses Jahres. Es muss ein tolles Erlebnis gewesen sein, wie die Bilder eindrucksvoll zeigen, ob das auch eine Gegend für eine SHEF oder SHAF wäre? Alles eine Frage der Organisation ;-)

Nach dem Frühstück fahren die Hardliner noch etwas ins Gemüse, ich führe eine Gruppe auf eigener Achse Richtung Karlsruhe. Mit zur Gruppe gehören nun Michael B., Antje, Lefki, Matthias, Jürgen und Petra. Durch das sonntags übliche Tankstellenproblem im Elsass, müssen wir zunächst nach St. Die fahren, um Sprit zu fassen. Danach nehmen wir ein Stück Nationalstraße, um rasch wieder in endurotaugliche Gefilde zu kommen. Bei Senones nehmen wir den Einstieg zu einer Schotterstrecke Richtung Norden. Lefki ist noch etwas unerfahren auf Schotter und fährt anfangs recht langsam. Doch Michael gibt ihr ein paar Tipps und schwups, ist das Mädel kaum wieder zu erkennen. Wir brauchen an den Abzweigen gar nicht mehr auf sie zu warten, sie hält unser Tempo ganz gut mit und hat auch noch Spaß dabei. Da die Leuts in der Gruppe gern noch mehr vom losen Untergrund hätten, lege ich noch eine kleine Runde drauf und hänge ein paar weitere Kilometer Waldwege dran. Danach lassen Petra und ich es auf der Straße zum Donon hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter krachen. Wir geben unseren Pferdchen die Sporen und jagen Kurve für Kurve die Passstraße entlang. Bei Abreschwiller warten wir auf den Rest der Gruppe und fahren dann wieder brav weiter ;-)

Kurt vor Lutzelburg habe ich noch ein kleines Schmankerl eingebaut, eine immer wieder gern genommene Wasserdurchfahrt. Von oben sieht man den Bach im Tal fließen und ich denke mir noch so im Hinterkopf, dass der heute ganz schön breit aussieht. Dann rollen wir links die Schotterstrecke runter und ab geht es durch die Furt. Uuuaaahh ist das Wasser diesmal tief, hoffentlich falle ich da nicht rein. Kurz darauf stehe ich am anderen Ufer und schaue zurück. Petra fährt in den Bach und plötzlich macht es platsch und sie liegt in den Fluten. Vom Mopped schaut nur noch das Lenkerende raus, sie selbst geht vollkommen auf Tauchstation. Hurtig springe ich von meiner Maschine und spurte zu ihr ins Wasser. Zusammen heben wir die BMW aus dem kühlen Nass und schieben sie an Land. Petra ist durch und durch durchnässt. Während sie die nassen Klamotten zum trocknen auszieht, schrauben wir anderen die Zündkerzen raus und bauen den Luftfilter ab. Dann heben wir die Maschine aufs Hinterrad und lassen das Wasser aus dem Auspuff laufen. Um den Lufikasten zu leeren, müssen wir den Boxer auf die Seite legen. Zum Schluss drehen wir den Motor solange mit dem Kickstarter, bis kein Wasser mehr aus den Kerzenlöchern kommt. Dann bauen wir alles wieder zusammen, bis auf den Luftfilter, denn der ist vollkommen durchnässt. Nach einigen Startversuchen nimmt der Motor wieder seine Arbeit auf. Zuerst etwas unwillig, dann aber zündet er immer besser. Bis zuhause wird Petra ohne Luftfilter fahren, da wir nun nur noch Straße fahren, ist das bisschen Staub, der da evtl. angesaugt wird, nicht so schlimm. In der Zwischenzeit haben auch die anderen mutig den Bach überwunden, bis auf Michael. Er nimmt lieber den schmalen Steg, da er keine Lust verspürt, seine BMW evtl. auch auseinander nehmen zu müssen. Na ja, zwischen Enduro und Enduro gibt es doch Unterschiede ;-)

Der Rest der Heimfahrt geht unspektakulär über die Bühne. Auf den Schreck hin gönnen wir uns noch einen Kaffee und ein Stück Kuchen in Bad Niederbronn. In Wissembourg biegen die Pfälzer Petra und Jürgen dann nach Norden ab, wir anderen halten uns weiter Richtung Osten. Ein supertolles Wochenende geht zu Ende. Es wurde auch Zeit, dass der Winter endlich die Flucht ergreift und die Sonne wieder die Herrschaft übernimmt. Danke an alle Organisatoren und Teilnehmer der SHEF 2005. Wir freuen uns schon auf die kommenden gemeinsamen Aktionen …

[Bericht] - Album 1 ⇒