Frankreich 2008/1: SommerHandschuhEröffnungsFahrt ⇒ Bericht

Den Freitagnachmittag habe ich mir frei genommen, um auf gemütlich auf schönen Sträßchen in die Südvogesen zu touren. Noch schnell auf der Autobahn über die Rheinbrücke und gleich in Hagenbach wieder runter. Statt direkt nach Frankreich zu fahren, wähle ich die Strecke durch den Bienwald, die um diese Tageszeit frei von Radfahrern ist, man kann entspannt dahin gleiten. Viele Kurven später bin ich an „unserer“ traditionellen Wasserdurchfahrt angekommen. Da ich alleine anreise, habe ich mir extra ein Stativ nebst Funkfernauslöser eingepackt, um das Furten abzulichten. Doch beim Test stelle ich fest, dass der Akku des Auslösers leer ist und nichts funkt oder löst aus. Ich versuche es mit dem Selbstauslöser, doch die 10 möglichen Sekunden reichen gerade aus, um über den Steg mein Mopped zu erreichen. Also isses nix mit Actionbildern. Vielleicht zum Glück, denn das Wasser ist tiefer als gedacht. Beim Durchfahren fange ich an mit den Füßen zu rudern, anstatt sie fest auf den Rasten zu lassen. Dadurch spritzt noch mehr Wasser und läuft von oben in die Stiefel hinein. Noch bevor ich das andere Ufer erreiche, bin ich pitschnass.

Bis ich am Fuße des Col du Donon bin, hat das warme Wetter alles schon wieder getrocknet. Dieser Pass gehört zu meinen Lieblingsstrecken in den Vogesen und entsprechend zügig eile ich hinauf. Fast wird aus der Lieblingsstrecke ein letzter Schrecken, denn ein Langholztransporter meint auf meiner Fahrspur den Berg hinunter zu müssen. Zudem macht er keine Anstalten sich auf seine Seite zurück zu bewegen, so dass ich im rutschigen Grünstreifen mein Heil suchen muss. Und als ob das nicht schon genug wäre, kommt mir einige Kilometer später auch noch ein Kleinlieferwagen auf meiner Spur entgegen, und will mir genauso wenig Platz lassen. Danach kann ich glücklicherweise unbehelligt den Col überqueren. Bei Schirmeck biege ich auf eine Schotterstrecke ab. Über 20 Kilometer führt der Weg durch die den Forêt Domaniale. Ganz einsam und alleine bin ich hier unterwegs, erst am Ende der Strecke treffe ich auf einige Reiter, an denen ich mit abgeschaltetem Motor vorbei rolle.

Etwas später erreiche ich Corcieux, hier irgendwo soll der Campingplatz sein, auf dem wir uns zur Sommerhandschuheröffnungsfahrt treffen wollen. Durch Urlaubsreisen einiger wichtiger Organisatoren, mussten wir die Veranstaltung terminlich etwas später im Jahr als sonst legen. Das strahlende Wetter gibt der Entscheidung Recht. Statt wie fast immer üblich mit Frostbeulen auf den Moppeds zu sitzen, sieht es diesmal verstärkt nach Sonnenbrand aus. Am Ortseingang von Corcieux steht eine Käserei der Firma President. Davor ein kleines Geschäft, der Werksverkauf. Hier decke ich mich erstmal mit einigem an leckerem Käse ein.

Einige Gasstöße später komme ich am Campingplatz an. Dirk und Christian aus Franken sind schon da und mühen sich gerade mit den Tücken des Campingbus-Vorzelts ab. Nachdem ich mein Stoffhaus aufgebaut habe, fahre ich noch schnell nach Gérardmer weiter, um noch einige andere Sachen, wie Brot, Gemüse, Fleisch und Getränke einzukaufen. Nach meiner Rückkehr muss ich mich vor BMW-Fahrer Christian erniedrigen und an meiner Twin schrauben. Beim letzten Ölwechsel habe ich zuviel Öl eingefüllt und nun drückt es mir die Brühe irgendwo raus. Um die Stelle zu suchen, müssen natürlich Verkleidungen und Tank runter. Christian hat natürlich nichts Besseres zu tun, als mich bei der Fehlersuche zu fotografieren. Leider ist überall Ölsiff zu sehen, so dass ich ohne eine gründliche Reinigung des Motors nicht weiter komme. Na gut, dann bau ich halt wieder alles zusammen und verschiebe die Arbeit ein paar Tage, bis ich wieder Zuhause bin.

Etwas später treffen auch Tina und Lutz sowie Marcel ein. Gemeinsam bringen wir den Grill zum Laufen und brutzeln was das Zeug hält. Im Gegensatz zu den recht hohen Tagestemperaturen, wird es nach Sonnenuntergang empfindlich kühl. So hocken wir dick eingemummelt um den Grill, bzw. das Lagerfeuer. Wobei letzteres nicht so recht brennen will, obwohl - oder weil - wir mit Christian einen Feuerbeauftragten auserkoren haben. Na ja, er ist noch jung und kann noch lernen ;-). Nachts, so gegen 02:00 Uhr, kommen noch Rengdeng-Ralf, Frau C. Bredenhöller und Luigi an, aber da liege ich schon in der Falle und träume süß.

Am Morgen mache ich mich schon früh vom Acker. Die anderen wollen mit ihren Hard-/Klein-/Leicht-Enduros eh Dreckspatzeln gehen. Mir und meinem Dickschiff steht der Sinn mehr nach Touren und Sightseeing. Ich bin noch nicht lange unterwegs, da finde ich einen malerisch daliegenden See. Spiegelglatt liegt er da, umgeben von bewaldeten Hügeln und überspannt von einem tiefblauen Himmel. Wenn das kein Platz zum Frühstücken ist. Sogar eine Bank steht einladend am Ufer. Ich packe Baguette und Käse aus und lasse mir es gut schmecken. Gegenüber stehen einige Angler und hoffen auf einen guten Fang. Ab und zu kommen ein oder zwei Wanderer vorbei. Ansonsten ist es ruhig und friedlich.

Nachdem ich mich an diversen Kurven ausgetobt habe, u. a. Col des Croix, Ballon de Servance und Col du Stalon, erreiche ich gegen Mittag Ronchamp. Dort steht auf einem Hügel die Chapelle Notre-Dame du Haut. Erbaut von Edouart Jeanneret, genannt Le Corbusier. Das Kirchenhaus besticht äußerlich durch seine geschwungenen Formen, im Inneren durch seine Schlichtheit. Obwohl auf dem Parkplatz mehrere Busse stehen, ist es auf dem Gelände der Kirche fast leer. Wahrscheinlich sind alle vor der Hitze in den Schatten geflüchtet.

Nach dem kulturellen Teil mache ich mich wieder auf die Kurvenhatz. Zunächst suche ich mir auf Landsträßchen vorletzter Ordnung einen Weg durch die weitläufigen Wälder in Richtung Ballon de Alsace. Am Einstieg zur Passauffahrt ist eine Gruppe mit BMW-Sportlern vor mir. Die fahren allerdings nicht besonders sportlich hinauf, d. h., auf den geraden geben sie Gas, aber in den Kurven kommen sie nicht rum. Eine Weile fahre ich hinterher, dann muss ich aber überholen. Durch den Leistungsunterschied geht das natürlich nur in der Kurve. Als sie vor einer Kehre wieder bis auf die Gegenfahrbahn ausholen, flitze ich innen vorbei und düse davon. Trotz Michelin Desert und großer Alukoffer, kann man es mit der Twin schön durch die Kurven laufen lassen. Auf der Passhöhe gönne ich mir einen Café au Lait und wundere mich darüber, dass die französischen Motorradfahrer alle Bier trinken. Vielleicht haben die deshalb ihre Sportler um die Kurven getragen …

Vorbei am Lac de Sewen rolle ich bis Masevaux und biege dort zum Col de Hundsrück ab. Ein Stück weiter nördlich komme ich über den Col d’ Hahnenbrunnen zur Route des Crêtes. Komischerweise ist kaum was los, so dass ich recht zügig vorwärts komme. Den Col de la Schlucht hinunter lege ich mich mit einem Guzzi-Fahrer an. Erst weiter unten, wo die Kurven weniger werden, kann er auf einer Geraden vorbei ziehen. Na ja, ich versuche halt immer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten ;-).

Am Campingplatz ist nun schon mehr los. Mittlerweile sind noch eine Menge Leute eingetroffen, unter anderem Ralf, Jan, Carsten und Antje, Michael H. und Michael R. Am Abend brennen gleich mehrere Feuer und es wird um die Wette gegrillt. Ich bleibe heute Abend fleischlos, dafür ziehe ich mir Käse, Baguette und Rotwein rein, das ist für mich Frankreich.

Heute ziehe ich mit Ralf los. Zunächst entern wir einen Supermarkt, denn sonntags sind die nur bis mittags geöffnet. Danach steuern wir unsere Moppeds in Richtung „Land der tausend Seen“. Ralf fährt voraus und ich habe Mühe halbwegs an ihm dran zu bleiben, er fährt halt gerne „sportlich“. Bei Remiremont finden wir losen Schotter, den wir natürlich nicht unberührt lassen können. Später geht es auf schmalen Sträßchen weiter, immer wieder an kleineren oder größeren Teichen vorbei. Dazwischen blühen strahlend gelb die Rapsfelder. Bald darauf kommen wir zu etwas härterem Schotter. Tiefe Pfützen, steinige Abbrüche und steile Auffahrten wechseln sich ab. Die Hitze und die anstrengende Fahrt lassen uns ganz schön schwitzen. Die Strecke endet an einer Hauptstraße. Einige hundert Meter weiter gleich der nächste Abzweig, diesmal wieder schmaler Asphalt. Wiederum haufenweise Teiche und Seen, manchmal wirkt die Landschaft fast skandinavisch. Nach dem reichlichen Schotter und der Kurverei auf kleinen Wegen steht uns der Sinn nach flotteren Kurven. Ralf führt uns über die schnellen Kehren zum Ballon de Alsace hinauf. Oben trinken wir einen genauso schnellen Kaffee, bevor wir zum Grand Ballon weiter eilen. Leider haben wir keine Fernsicht, wie bei der SHAF im Herbst 2007, wo wir sogar die Alpen sehen konnten. Dann treibt uns der Hunger zum Campingplatz zurück. Heute haben wir schon mehr Arbeit, auf der Route des Crêtes vorwärts zu kommen. Doch wir kommen gut an den Schleichenden vorbei und sind schon bald wieder bei den Zelten.

Am Abend fängt es leicht zu regnen an. Schon am Nachmittag haben wir beobachtet, wie sich dunkle Wolken auftürmen, aber gehofft, dass das Gewitter an uns vorüber zieht. Rasch werden einige Autos zu einer Art Wagenburg zusammengestellt und dazwischen ein Tarp gespannt. Darunter machen wir es uns dann gemütlich. Nach einer viertel oder halben Stunde ist der Regen dann zum Glück schon wieder vorbei.

Nach dem ich meine Twin bepackt habe, frühstücke ich noch zusammen mit Ralf und Rengdeng-Ralf. Ich mag es früh loszufahren und die Straßen für mich zu haben. In einem kleinen Ort muss ich warten, weil gerade Kühe vom Stall auf die Weide getrieben werden. Für mich Idylle, für den Bauern harte Arbeit. Dann geht es aus einsamen kurvenreichen Sträßchen weiter. Mit Hilfe des GPS finde ich den Einstieg zu einer mir noch unbekannten Schotterstrecke. Zunächst ist der Weg relativ breit und eben, mit der Zeit wird er aber immer zerfurchter und steiniger. Viele Abzweigungen versuchen mich zu verwirren, aber mit Hilfe der GPS-Topo-Karte und der Verbotsschilder an einigen Abzweigungen, kann ich mich auf dem rechten Weg halten. Nach knapp 20 Kilometern Offroad-Strecke, erreiche ich wieder eine geteerte Straße und rolle auf ihr gemütlich den Berg hinunter. Eine kleine Kapelle steht am Weg. Sie ist offen und ich schaue auch mal hinein. Sonnenlicht fällt durch bunte Scheiben hinein, ein schlichter, mit Blumen geschmückter Altar, davor einfache Holzstühle auf einem mosaikartigen Boden. Ich mag diese Einfachheit.

Dann geht es weiter zum Col de Fouchy hinauf. Ich überhole einige Radfahrer, die sich langsam nach oben schrauben. Ein Stückchen hinter dem Col ist der Ort Villé. Dort steht ein schnuckeliges Café, in dem man auch tolle Spezialitäten kaufen kann, eines meiner Lieblingscafés im Elsass. Leider ist der Laden immer ziemlich voll, weil er halt so gut ist. Die Chefin selbst kredenzt mir einen Crossaint avec Chocolat und einen richtigen Café au Lait, also einen mit viel heißer Milch in einer separaten Kanne. Und nicht, wie es auch im Elsass immer mehr üblich ist, einen schwarzen Kaffee mit zwei abgepackten Kondensmilchdöschen.

Nach der Pause eile ich die Kurven des Col de Steige hinauf, biege falsch ab und komme auf die N420. Na gut, schnell bis Schirmeck gedüst und dann weiter auf den Col du Donon. Eine große Gruppe Motorräder mit Luxemburger Kennzeichen schleicht die Kurven hinauf, macht aber Platz, um mich vorbei zu lassen. Dann düse ich durch das Tal der roten Saar bis Abreschviller hinab. Die Hügel leuchten in frischem grün und gelb, ein toller Kontrast zum blauen Himmel. Über Phalsbourg, La Petite Pierre, Niederbronn les Bains und Wissembourg erreiche ich wieder heimatlichen Boden. Obwohl, irgendwie ist das Elsass ja auch meine „Heimat“. So nah vor der Türe und doch ein Flair von „ganz anders als Zuhause“. Vielleicht bin ich deswegen so gerne dort, alles wie Daheim, nur ganz anders ;-)

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