Italien 2006: Gardasee ⇒ Bericht

Eigentlich sind die Wetterprognosen gegen uns, aber von etwas Regen haben wir uns noch nie abhalten lassen. Außerdem hat sich Vroni die Gardaseetour zum Geburtstag gewünscht und dann hält uns auch kein schlechtes Wetter von unserem Vorhaben ab. Eis kann man notfalls auch im Lokal drinnen essen, statt Sonne dann halt künstliche Beleuchtung und Zentralheizung. Die Moppeds bringen wir sowieso auf dem Anhänger nach Italien runter, in unserem Alter darf man ruhig weicheiern ;-) Was sollen wir also lange herum lamentieren, einpacken, aufladen und los geht's ...

Die rund 600 Kilometer nach Torbole reißen wir hauptsächlich im Regen ab. Pünktlich zu unserer Ankunft macht das Nass jedoch eine Pause, so dass wir unsere Hondas zumindest "trocken" abladen können. Nach einem Spaziergang, um die von der Autofahrt steifen Gelenke wiederzubeleben, beenden wir den Tag "italienisch" bei Pizza und Pasta.

Der erste Blick aus dem Fenster zeigt uns graue Wolken und stimmt uns nicht gerade fröhlich. Zumindest ist es aber (noch) trocken. Nach dem Frühstück satteln wir auf und fahren halt mal drauf zu. Hinter Riva steigen wir zum Lago di Ledro hinauf. Die rund 600 Meter Höhenunterschied bringen uns vom Frühling in den Winter zurück. Statt grüner Blätter und bunten Blüten ist es hier oben noch kahl und graubraun. Dafür wollen die Kurven zur forscher Gangart verführen, doch es will noch nicht so richtig rund laufen. Lassen wir es also etwas langsamer angehen und erstmal den Tremalzo auf der Asphaltseite erklimmen. Rund 13 Kilometer Kurven und Kehren machen die müden Knochen langsam etwas geschmeidiger, das Fahren läuft immer besser von der Hand. Hier oben liegt rund um uns noch Schnee und die weiße Pracht lässt die niedrigen Temperaturen noch etwas tiefer erscheinen. Ein leichtes Schauern zieht über den Rücken und fast automatisch schalten wir die Griffheizung noch etwas höher. Am Ende der Teerstrecke steht ein dickes Verbotsschild und gebietet unserem Vorwärtsdrang einhalt. Von hier oben aus kann man in die tiefen Täler blicken, durch die der Wind weiße Wolkenfetzen jagt. Bei dem Anblick friert Vroni noch mehr, aber sie friert ja immer ;-) so lassen wir uns recht bald wieder ins Val d'Ampola zurück gleiten.

Einige Kilometer später kommen wir an einem Abzweig vorbei, den ich zwar schon seit Jahren kenne, in den ich aber noch nie abgebogen bin. Heute aber mache ich es anders und biege ab. Ein schmaler schmutziger Weg führt durch ein enges Tal. Die Felsen steigen beiderseits hoch hinauf und verdrängen das ohnehin nur spärliche Licht. Tropfen fallen herab. Zum Teil kommen sie von den nassen Felsen, aber es hat auch ein leichter Regen eingesetzt. Tapfer fahren wir weiter, auch als der Belag schwindet und wir auf Schotter weiterrollen. In einer Kurve steht ein kleiner Traktor, dessen Anhänger mit Holz vollgeladen ist. Der Fahrer erklärt uns, dass es nur noch vier Kilometer weiter geht. Wenn wir ihn richtig verstanden haben, hat eine Mure den Weg versperrt. Ok, zumindest bis zu dieser Stelle wollen wir noch weiter kraxeln. Ein Stück weiter ist die Strecke wieder asphaltiert. Wir erreichen einige Häuser und wundern uns über die Abgeschiedenheit, in der die Menschen hier leben. Dann führt der Weg sehr steil hinauf und ist mit Geröll übersät. Das ist nichts mehr für meine Straßenreifen. Hier drehen wir lieber um und verschieben die weitere Erkundung des Tales auf einen nächsten Besuch. Als wir wieder die Hauptstraße erreichen, hat der Himmel seine Pforten wieder geschlossen. Frohen Mutes rollen wir Richtung Lago d'Idro weiter.

Eigentlich wollten wir nun noch den Maniva-Pass und wenn möglich, auch den Croce Domini befahren. Doch schon an den Abzweigungen stehen Schilder, dass die Strecken wegen Schnee gesperrt sind. Da auch noch schwere dunkle Wolken über dieser Seite der Berge stehen, wollen wir auch nicht bis zur tatsächlichen Sperrung hinauffahren. Hier unten ist es noch trocken und wir haben keine Lust auf Regen. So umfahren wir den Idrosee und kehren in Idro in unserer "Stamm-Spaghetteria" ein. Hier gibt es sehr leckere Pasta und die sind im Vergleich zum Gardasee nicht nur qualitativ besser, sondern auch fast nur halb so teuer. Die großen Sonnenschirme, unter denen wir sitzen, fungieren heute eher als Regenschutz, auch wenn es momentan noch trocken ist. Nach den leckeren Spaghetti al Arrabiata setzen wir unsere Tour fort. Vorbei am Passo del Fabbiola kurven wir in Richtung Lago di Valvestino weiter. Noch bevor wir den Stausee erreichen, müssen wir jedoch die Regenkombis überziehen. Etwas spaßgebremst ziehen wir dann durch die zahlreichen Kurven und tauschen Forschheit gegen Vorsicht. Letzteres nicht nur wegen des Wetters, sondern auch wegen der italienischen Autofahrer, die in den Kurven immer beide Fahrspuren brauchen. Die Abfahrt zum Gardasee ist dann zum Glück wieder trocken. Trotzdem behalten wir erstmal die Gummihäute an, man kann ja nie wissen, was noch so kommt. Die trockene Straße lässt uns dann auch vom breiten Wege abweichen und auf ein schmales Sträßchen wechseln, das mit engen Kurven und 21 % Gefälle! nach Bogliaco hinunter führt. Das Stück würde ich gerne mal mit dem Fahrrad hinauffahren, aber dazu wird meine Kondition wohl noch nicht ganz ausreichen. Die Strecke am See entlang ist dann nicht mehr ganz so prickelnd. Tunnel reiht sich an Tunnel, zwischendurch öffnen sich wieder die Himmelsschleusen, so dass man sich sogar auf die Tunnel freut. Aber so ganz lassen wir uns die Tour nicht vermiesen. Die meiste Zeit war es ja trocken und wir haben sogar zwei neue Streckchen entdeckt. So schlecht ist die Bilanz des Tages also doch nicht ausgefallen, mal schauen was der morgige Tag so bringt. Doch heute abend gehen wir erst mal groß aus, schließlich muss Vronis Geburtstag gebührend gefeiert werden. Das "La Terrazza" in Torbole bildet dafür den richtigen Rahmen. Als Vorspeise gibt es für uns beide geräucherte Forelle auf einem Rucola-Tomatenbett. Als Hauptgang wählt Vroni Nudelhalbmonde mit Flusskrebssoße und als Dessert eine Creme Karamel. Ich nehme die Kalbsmedaillons mit breiten Bandnudeln und zum Nachtisch die Früchte der Saison. Dazu trinken wir einen leckeren Prosecco Valdobbiadenne.

Es ist kalt, sehr kalt. Unsere Wirtin erzählt, dass die Schneefallgrenze auf 800 Meter gefallen ist. Dementsprechend mummeln wir uns ein, bevor wir losfahren. In Rovereto beginnt eine schöne Strecke durch die Berge. Eine Weile folgen wir dem Lauf des Terragnolo, dann schrauben wir uns Meter um Meter nach Folgaria hinauf. Auf dem 1.279 Meter hohen Passo d. Sommo erreichen wir mit +1° C temperaturmäßig den Tiefpunkt dieser Tour. Zwei BMW-Fahrer stehen mit rotgefrorenen Gesichtern vor dem Café und wollen sich wohl aufwärmen. Wir ziehen durch und suchen unser Heil in tieferen Lagen. Das Kaiserjägersträßchen, hoch über dem Lago die Caldonazzo, ist einer der Höhepunkte auf unserer Route. Der blaue See liegt umrahmt von schneebedeckten Bergen tief unter uns. Das Sträßchen selbst ist mit seinen engen Kehren und schmalen Tunnels jedes Mal eine Freude. Jedoch muss man auch höllisch aufpassen, denn bei Gegenverkehr wird es auch mit einem schmalen Motorrad recht knapp. Im Tal unten ist es endlich wieder einigermaßen warm. Das Örtchen Levico schauen wir uns zu Fuß an, nicht ohne einen wohlverdienten heißen Cappuccino zu trinken. Bevor wir weiterfahren kaufen wir noch Panini, Salami und Schinken für eine Brotzeit ein.

Auf der Karte finden wir nördlich von Levico ein sehr verschlungenes Sträßchen. Um den Einstieg zu finden, müssen wir mehrmals durch das Einbahnstraßengewirr des Städtchens fahren. Dann jagen wir endlich die Kehren hinauf. An einer sonnigen Stelle machen wir noch mal kurze Rast und schauen ins grüne Tal hinunter. Am Berg gegenüber können wir sogar die Kehren des Kaiserjägersträßchens ausmachen. Leider stören die offenen Auspuffanlagen der Sportfahrerfraktion die Idylle. Laut hallt das Röhren durch das ganze Tal. Da kann man die Antipathie der Nicht-Motorradfahrer manchmal schon verstehen. Doch wir sind nicht nur zum schauen da. Rein in den Sattel und hoch auf den Berg. Wir erreichen fast 1.500 Meter Höhe. Wegen der Kälte halten wir uns aber gar nicht lange hier oben auf, sondern kurven rasch ins "warme" Tal hinunter. Der Weg auf der Abfahrtsseite ist schmaler als die Auffahrt und vom Winter noch ziemlich verschmutzt, also gute Bedingungen für Reiseenduros ;-) Locker, aber nicht übermütig lassen wir es den Berg hinunter laufen. Unser nächstes Ziel ist der Monte Bondone auf der anderen Seite des Etsch-Tales. Um den Berg zu erreichen müssen wir zunächst Trento durchqueren, was dank der Umgehungsstraße recht zügig abläuft. Nach Sopramonte hinauf wurde wieder keine Möglichkeit ausgelassen, eine Kurve einzubauen. Leider ist die Strecke zum Monte Palone hinauf wegen eines Radrennens gesperrt, so müssen wir auf die Nordwestseite des Massivs ausweichen. Dieser "Umweg" wird jedoch mit einem Gemüseverkaufsstand belohnt, an dem wir ein halbes Kilo Strauchtomaten und eine schöne Paprika als Ergänzung zur Wurst erstehen. Wir düsen weiter und biegen bei Calvedine scharf nach rechts in Richtung des gleichnamigen Sees ab. Ein paar Kehren weiter erreichen wir einen sonnigen Picknickplatz oberhalb des Ortes. Hier lassen wir uns die wohlverdiente Brotzeit schmecken, die wir unterwegs zusammengekauft haben.

Nach der Brotzeit zirkeln wir am Lago die Calvedine vorbei, auf dem interessanterweise einige Surfer recht flott ihre Bahn ziehen. Etwas weiter erreichen wir ein Gebiet, in dem viele große Steine herumliegen, die wie Spielzeug von Riesenkindern wirken. Dazwischen windet sich die Straße auf das im Tal gelegene Flüsschen Sarca zu. Zunächst folgen wir ein Stück weit dessen Verlauf, halten dann aber auf Nago, statt auf Riva zu, um zu unserer Eisdiele nach Mori zu gelangen. Wenn die Temperaturen etwas milder wären, hätten wir noch den Monte Velo mitgenommen. So aber wollen wir das Eis und den heißen Cappuccino nicht lange auf uns warten lassen. So ein richtiges italienisches Eis ist doch ein schöner Abschluss für diese Tour, auch wenn wir beim Verzehr der Riesenportion fast schon Frostbeulen bekommen ;-)

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