Iran 2005: Bericht |
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Es regnet leicht (wie war das noch mal mit dem sonnigen Süden?). Irgendwie sieht es in Bazargan, der iranischen Grenzstadt, alles genauso trostlos aus, wie auf der türkischen Seite, nur ist es hier durch die Zeitumstellung mit einem Schlag anderthalb Stunden später. Trotz "Zeit voraus" wird der erste Eindruck davon aber auch nicht besser. Vielleicht muss das in Grenzgebieten so sein. Zumindest ist es in den meisten Grenzorten so, die ich kenne. Die Leute in ihren Autos hupen uns zu, Jugendliche rufen "hey mister, how are you?" Ein Satz, den wir hier im Iran noch viele Male hören werden, der uns am Ende jedoch zum Hals heraus hängen wird. Wir lassen das unwirtliche Bazargan hinter uns und fahren weiter. Die Hinweisschilder an den Straßen sind selbstverständlich in Farsi beschriftet. Doch werden wir angenehm überrascht, dass zumindest an den Hauptdurchgangsstraßen den farsi-beschrifteten meist englisch-beschriftete Hinweise folgen. So gelangen wir in die erste größere Stadt nach der Grenze, nach Maku. In einer Bank wollen wir Geld wechseln. Der Wille ist aber nur einseitig, denn Wechseln kann man offiziell nur in bestimmten Banken und diese hier gehört nicht zum erlesenen Kreis. Aber der Bankangestellte tauscht uns unter der Hand 100 Dollar, so sind wir für die nächste Zeit erst mal versorgt. Die nächste Station ist eine Tankstelle. Die Auswahl ist bescheiden, es gibt nur zwei verschiedene äußerlich gleiche Zapfsäulenarten. Die einen für Benzin und die anderen für Diesel. Wir werden die Säulen zukünftig am Boden (mit Diesel getränkt oder nicht) und am Preis unterscheiden können. Benzin kostet 800 Rial (ca. 8 Cent) und Diesel 165 Rial pro Liter (ca. 1,8 Cent). Nach dem Tanken werden wir von einem gut gekleideten Herrn auf englisch angesprochen. Er gibt sich als Führer für Rotel-Tours aus (warum spricht er dann kein deutsch sondern nur englisch?) und verwickelt uns in ein Gespräch. Dann führt er uns in ein Hotel und wechselt uns noch weitere 200 Dollar, natürlich "schwarz". Jetzt haben wir einen riesigen Stapel persischen Geldes sorgfältig gezählt, denn wir haben ausschließlich 10.000-Rial-Scheine erhalten, also Scheine im Wert von rund 1 Euro. Die ganz neuen 20.000-Rial-Scheine sind noch nicht bemerkenswert in Umlauf, und Scheine von größerem Wert gibt es nicht. Dafür sind wir jetzt Millionäre :-) wie auch schon letztes Jahr in der Türkei. Das Abendessen fällt enttäuschend aus. Ralf ist Vegetarier und ich schließe mich, zumindest im Urlaub, immer seinen Essgewohnheiten an. Der Iran ist aber ein Land des Fleisches. Fleisch bekommt man hier überall und in jeglicher Art (außer Schweinefleisch natürlich). In den Restaurants hängen auch Werbeposter für eine große Vielfalt an Wurst, diese Plakate könnten auch in Deutschland hängen. Das hilft uns aber alles nichts, wir müssen mit einem fertig abgepackten Salat (ähnlich wie in Fast-Food-Ketten) vorlieb nehmen. Mit diesem Problem werden wir auch zukünftig immer zu kämpfen haben. Zumindest finden wir vor unserem Hotel eine lauschige Teestube, um den Abend ausklingen und die ersten Eindrücke vertiefen zu können. Bei einer Kanne Tee sitzen wir unter Bäumen und lernen einen Schweden kennen, der gut deutsch spricht. Wir verbringen einen informativen Abend zusammen noch nicht ahnend, dass auch solche Teestuben im Iran selten sind. Bevor wir weiterfahren lassen wir unsere demontierten Reifen im Hotel mit der Option zurück sie in ca. vier Wochen wieder abzuholen. Bei der Weiterfahrt finden wir die Rückseite des Ararat wolkenlos vor, sozusagen ein kleiner Abschied von der Türkei. Keine Wolken heißt gutes Wetter, endlich. Dafür bekommen wir in Tabriz eine erste Kostprobe des iranischen Verkehrs zu schmecken. Keine Sicherheitsabstände, ständiges Gehupe, jeder fährt wie er will, und keine Regel wird beachtet. Die LKW sind innerhalb der Ortschaften oft schneller unterwegs als alle anderen Fahrzeuge. Wir müssen höllisch aufpassen weder sprichwörtlich noch tatsächlich unter die viel zitierten Räder zu kommen. Aber wir sind ja anpassungsfähig und mit dem Nichtbeachten von Regeln haben wir ja auch schon etwas Erfahrung ;-). Zudem kommt noch das ganze Abgas, das uns den Atem raubt. Da kann man über die heimische Feinstaub-Diskussion nur müde grinsen. Nach langem Kampf mit den neuen Verkehrssituation finden wir endlich den richtigen Abzweig zum Orumiyeh-See. Dieser ist ein Salzsee und rund zehnmal so groß wie der Bodensee, allerdings mit maximal 15 Metern bis zum Grund lange nicht so tief wie das schwäbische Meer. Aufgrund des hohen Salzgehalts beschränkt sich Leben darin nur auf Plankton. Ansonsten ist die Umgebung des Sees ein Paradies für Ornithologen. Es leben dort Flamingos, Pelikane und viele andere Wasservögel. Wir fahren nach Meslemi Island, einer Halbinsel im oberen Drittel des Sees. Lt. Karte gibt es dort eine Ringstraße, die wir abfahren möchten. Ein ca. 30 Kilometer langer Damm führt direkt nach Saray, dem größten Ort auf der Halbinsel. Dort biegen wir nach Norden ab und folgen der Straße, die immer an der Küste entlang führt. Nach einigen Kilometern geht der Asphalt in einen Schotterweg über. Nach rechts hin haben wir schöne Aussichten auf den im vorderen Teil trockenen Salzsee. Irgendwie erinnert uns der Anblick an den Chott el Jerid in Tunesien. Links geht es in die Hügel hinauf. Zwischen Ufer und Bergrücken haben die Bauern Felder bis in den Hang hinauf angelegt. Anscheinend gibt es genügend Süßwasser für die Landwirtschaft. Weil Ralf so viel Staub aufwirbelt, bleibe ich ein ganzes Stück weit hinter ihm zurück. Nach dem ich den tabrizischen Feinstaub überlebt habe, will ich auch nicht an Ralfs Grobstaub zugrunde gehen. Selbiger kurvt gerade noch in Sichtweite vor mir her und hat nichts besseres zu tun, als zum schwarzen Strand hinunter zu fahren. Ich sehe noch eine riesige Staubwolke aufsteigen, dann hat er sich festgefahren (grins ;-)). Als ich an den Abzweig komme, lasse ich meine Maschine auf der Piste stehen (man ist ja lernfähig) und laufe zu ihm runter. Gemeinsam schieben und zerren wir so lange, bis seine Twin wieder festen Untergrund erreicht hat. Dabei hatte der Sand so tragfähig ausgesehen, meint Ralf entschuldigend, bevor wir die Umrundung fortsetzen. Auf der Westseite finden wir ein verlassenes Feriendorf. Das Gras zwischen den Gebäuden ist schon ziemlich hoch gewachsen, da scheint schon länger keiner mehr gewesen zu sein. Es ist auch keine Menschenseele zu sehen. Eigentlich ein prima Platz zum Übernachten. Nach dem der Iran bisher ziemlich dicht besiedelt war, erweckt das ganze irgendwie den Eindruck, als wenn es ein Atombombentestgebiet wäre. Na gut, dann kommt auch sicher niemand und stört unsere Nachtruhe. Wir fahren das Grundstück erst einmal ab und entschließen uns dann dazu, unser Zelt hinter einem Haus mit mehreren Ferienwohnungen aufzubauen. Dort sind wir wind- und sichtgeschützt. Aber wir haben nichts zum Abendessen da und kaum noch Wasser. Also umrunden wir noch den Südteil der Halbinsel und fahren zum Ausgangspunkt der Rundtour nach Saray. Direkt an der Kreuzung gibt es zwei Läden. Entgegen unseres ersten Eindruckes gibt es aber kein Gemüse oder Obst, sondern nur Kartoffelchips und Kekse. Aber auch Eier, wie ich bei näherer Untersuchung des Angebotes feststelle. Der Ladenbesitzer erklärt sich bereit, einige davon für uns in die Pfanne zu hauen. Dazu gibt es eine rohe Zwiebel, Fladenbrot und Tee. Mehr brauchen wir gar nicht. Satt und zufrieden füllen wir dann noch unsere Wasservorräte auf und kehren zu unserem Übernachtungsplatz zurück. Noch bevor es dunkel ist steht das Zelt und wir kochen uns noch einen Tee, mit dem wir noch einige Kekse hinunterspülen, die Ralf, das alte Schleckermaul immer zur Genüge im Rucksack hat. Auf dem Platz hinter dem Haus stehen auch einige Tischtennisplatten aus Beton. Praktisch, da kann man prima drauf liegen. Und so nutzen wir die Tische bis spät in die Nacht als Liegen und schauen zu den Sternen, Sternschnuppen, Flugzeugen und Satelliten hinauf. Lauter Donner lässt uns hochschrecken. War das die Atombombe? Nicht ganz, aber ein schweres Gewitter zieht auf. Unsere müden Augen können gerade so die 06:00 auf der Uhr ablesen. Ralf zieht den Reißverschluss auf. Der Himmel ist im Westen ganz schwarz, das Gewitter zieht genau auf uns zu. In Windeseile packen wir unsere Sachen zusammen und bauen das Zelt ab. Dann noch schnell in die Regenklamotten und kaum haben wir diesen verschlossen, bricht schon das Unwetter über uns hinein. Das war wirklich "just in time". Ein starker Wind bläst und es schüttet was die Wolken hergeben. Eine knappe Stunde später ist der ganze Spuk vorbei. Es eilen zwar noch Wolkenfetzen über uns hinweg, aber zumindest kommt kein Wasser mehr von oben. Wir fahren langsam Richtung Saray und halten vor dem gleichen Laden, in dem wir gestern zu Abend gegessen haben. Nichts wie raus aus den Regenklamotten und diese zum Trockenen aufgehängt. Zum Frühstück gibt es ..., na was wohl? Natürlich das gleiche, wie zum gestrigen Abendessen. Gebratene Eier mit roher Zwiebel. Ok, die Zähne sind eh noch nicht geputzt. Nach dem Frühstück und Zahnpflege erledigt sind, packen wir die inzwischen getrockneten Regenklamotten weg und fahren über den Damm wieder zurück ans Festland. Ralf fährt vorneweg, diesmal ohne Staubfahne, und führt uns zum Kaspischen Meer. Die Fahrt durch die Berge zieht sich unangenehm, denn leider ist es landschaftlich nicht besonders interessant. Außerdem ist der Verkehr unangenehm dicht. In einer Ortschaft werden wir zur Abwechslung vom Dorfpolizisten angehalten, denn er will unsere Pässe sehen. Die Kontrolle wiederum finden viele Passanten so interessant, dass wir in kürzester Zeit von einer dicken Menschentraube umringt sind. Autos halten an und verstopfen die Straße. Einige Soldaten kommen hinzu und versuchen vergeblich den Auflauf zu zerstreuen. Erst als wir unsere Papiere wieder haben und wir die Motoren starten, wird etwas Platz gemacht und wir können dem Gedränge entrinnen. Einige Kilometer weiter wählen wir an einem Abzweig eine kleine Straße, die gemäß Karte über einen Bergzug führt. Hier lässt der Verkehr deutlich nach. Ach was, wir sind fast alleine unterwegs. Bald darauf erfahren wir auch den Grund dafür. Nach einer Wasserdurchfahrt geht es nur noch auf einer Piste weiter. Kilometerlang nur noch Staub und Gerüttel, bis wir wieder eine Hauptstraße erreichen. Inzwischen haben wir eine Höhe von 2.400 Metern erreicht. Ich wunderte mich schon, warum der Motor nicht mehr so zieht wie gewohnt. Teilweise sieht es aus wie auf der österreichischen Seite des Timmelsjochs, dann wieder wie im deutschen Wald. Und immer wieder Kurvenspaß wie in den Alpen. Gegen Abend erreichen wir Bandar Anzali. Ralf muss unbedingt tanken (immer die Leute mit ihren unterdimensionierten Tanks ;-) ), denn die Zapfsäulen waren in den Bergen ziemlich rar. Nach dem die Maschinen versorgt sind, suchen wir uns eine Unterkunft. Direkt am spärlichen Strand des Kaspischen Meeres bekommen wir eine schöne Ferienwohnung. Hier lässt es sich aushalten. Nach der Maschinen- und Körperpflege wollen wir zum Abendessen in die Stadt laufen. Ralf will nach links, ich halte rechts für die richtige Richtung und setze mich souverän durch. Die Straße, die wir entlang laufen, wird von der einheimischen Bevölkerung anscheinend als Joggingstrecke genutzt. Während wir da so vor uns hin tippeln und von Joggern überholt werden, beobachten wir etwas irritiert, dass die iranischen Damen mitsamt Tschador und schwarzem Mantel über dem Trainingsanzug joggen. Das kann doch nicht wirklich Spaß machen. Aber es kommt (für mich) noch schlimmer. Nach ca. drei Kilometern schweißtreibender Laufarbeit muss ich gestehen, dass meine Richtung die falsche war (Boden geh auf, ich will versinken). Damit wir noch etwas zu beißen bekommen bevor die Bürgersteige hochgeklappt werden, nehmen wir uns für den Rückweg ein Taxi (super Idee, natürlich von mir) und lassen uns in die Innenstadt chauffieren. Der Fahrer will nicht mal Geld dafür haben (jetzt ist auch Ralf beruhigt). Auf der Suche nach Essbarem, finden wir dann leider nur Hamburgerläden und Fast-Food-Pizza mit ausschließlich Fleischhaltigem im Angebot. Wenigstens einen kleinen Fertigsalat können wir ergattern. Na gut, dann kaufen wir eben selbst noch etwas ein, eine Küche haben wir ja in der Ferienwohnung. Als wir mit den Einkäufen beim Hotel zurück sind, herrscht große Aufregung. Die Angestellten überschlagen sich dabei uns mitzuteilen, dass noch ein deutscher Motorradfahrer angekommen sei. Tatsächlich, aber fast unglaublich, es ist Wolfgang, den wir ja schon in Griechenland und der Türkei mehrmals getroffen haben (Stichwort BMW-Lichtmaschine). Er lädt uns gleich zum Tee auf seinem Balkon mit Meerblick ein. Dort hocken wir eine ganze Weile, tauschen unsere Erfahrungen aus und besprechen die vor uns liegenden Routen. Früh morgens hat es schon 26°C, wir schwitzen beim Packen der Maschinen. Wir wollen in die Berge rund um Rasht hochfahren, um uns die Teeplantagen anzuschauen. Kaum haben wir die Hauptstraße verlassen, sind alle Hinweisschilder nur noch in Farsi geschrieben. Dank meiner rudimentären Arabischkenntnisse (die Schriftzeichen sind fast identisch), können wir uns jedoch von Dorf zu Dorf weiterhangeln. Der Straßenbelag wechselt schon bald von Asphalt zu Schotter über und wir holpern mehr oder weniger die Steigungen hinauf. Außer dem Tee an den Hängen, gibt es hier noch zahlreiche Reisfelder, die in harter Arbeit bestellt werden. Da der auf der Karte geplante Rundweg für uns nicht machbar ist, da der Untergrund für unsere beladenen und mit Straßenreifen ausgestatteten Motorräder immer schlechter befahrbar wird, kehren wir irgendwann wieder um. In einem Dorf fliegt plötzlich ein Ball über die Straße und landet genau unter meiner Maschine. Auf dem Sattel sitzen bleibend bücke ich mich umständlich nach unten, um das Spielzeug herauszufischeln. Dazu muss ich mich ganz schön strecken und kann nur mit Mühe das Gleichgewicht halten (ganz schön blöde, wenn man mir kurzen Beinen sein Mopped auch noch höher legt). Schließlich schaffe ich es doch noch, das Teil aufzuheben und mich wieder aufzurichten und blicke einem Mädchen in die Augen. Mit einem schüchternen Mersi (danke auf Farsi) schnappt sie sich den Ball und verschwindet gleich wieder. Kaum ist sie hinter der Mauer verschwunden, ertönt von dort ein schreien und jauchzen. Einige Mädels kommen um die Ecke und rufen "hello" und "I love you!" Ganz schön kess für hiesige Verhältnisse. Kaum habe ich den Fotoapparat gezückt, verschwindet die Hälfte der Teenies wieder hinter der Mauer, die mutigeren bleiben stehen und lassen sich gerne ablichten. In Lahijan wollen wir das Teemuseum besuchen, doch wir werden von den Leuten dermaßen in Beschlag genommen, dass wir schon bald Reißaus nehmen. Sie sind zwar alle nett und freundlich, doch irgendwann wird es einfach zuviel mit der Freundlichkeit, wenn man sich nicht mehr bewegen und kaum noch atmen kann. Zunächst folgen wir noch der verkehrsreichen Küstenstraße, biegen bei Abbesabad aber wieder in die Berge ab. Je höher wir kommen, desto nebliger und kühler wird es. So langsam brauchen wir auch eine Unterkunft und damit sieht es hier oben eher schlecht aus. So verwerfen wir unseren Plan noch heute durch die Berge zu fahren und rollen wieder Richtung Küste zurück. Bei Chalus finden wir eine Art Bungalow-Anlage, in der wir nach Verhandlungen für 14 Dollar ein Häuschen bekommen. Wir laden unser Gepäck ab und fahren bei leichtem Nieselregen in die Stadt runter, um noch etwas zu essen. Nach einen knappen Kilometer hört der Regen auf und blauer Himmel zeigt sich. Nach dem wir im Ort zwei- oder dreimal hin und her gefahren sind, finden wir ein Restaurant. Ralf wählt Fisch und Reis, ich steige für heute Abend aus dem Vegetarierleben aus und nehme Hühnchen und Reis. Das schmeckt zwar alles nicht schlecht, doch die große (unangenehme) Überraschung kommt beim Bezahlen. Pro Nase müssen wir umgerechnet 13 € hinlegen. Das ist für hiesige Verhältnisse ein ganz schöner Batzen Geld. Bevor wir zurück fahren, kaufen wir noch für das morgige Frühstück ein. Die Brotbäckereien erkennt man immer am Menschenauflauf vor dem Haus (wenn nicht gerade ein paar Motorradfahrer in der Traube stehen). Ralf stellt sich an, um ein paar Fladen zu erstehen. Links stehen die Männer, rechts die Frauen. Die Leute wundern sich natürlich über seine Motorradklamotten und bombardieren ihn mit Fragen. Netterweise bekommt er sogar sofort sein Brot durchgereicht, obwohl er noch lange nicht dran ist. Beim gegenüberliegenden Gemüsehändler erstehen wir dann noch Tomaten und Gurken, bevor wir zurück fahren. Kurz vor unserem Bungalow fängt dann wieder der Nieselregen an, irgendwie scheint genau hier die Wettergrenze zu verlaufen. Da in unserem Häuschen keine Küche ist, kochen wir den Tee vor der Tür auf dem Benzinkocher. Der Regen von gestern hat sich verzogen und blauer Himmel lacht. Uns vergeht das Lachen allerdings beim Bezahlen. Statt der abgemachten 14 Dollar will der Verwalter nun derer 40 haben. Ralf zeigt ihm den Zettel von gestern, auf dem wir den Betrag sogar schriftlich ausgemacht haben. Doch der Mann will davon nichts wissen. Bei einer günstigen Gelegenheit zieht Ralf ihm unsere Pässe aus den Händen und steckt sie ein. Danach zählt er 14 Dollar ab und legt sie auf den Tisch. Während der Typ weiter zetert und jammert, ziehen wir uns an und fahren los. Auf diese Art und Weise wollen wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen. Wir fahren durch die Berge Richtung Teheran. Je höher wir kommen, desto nebliger wird es wieder. Nach einem kleinen Pass führt die Straße durch eine tiefe Schlucht. Dann folgen einige Kehren, über die wir uns nach oben schrauben. Endlich sind wir über den Wolken. Die Sonne wärmt unsere durchgefrorenen Körper. Leider finden wir den geplanten Abzweig nicht, der uns zum Damavand bringen soll, mit 5.671 Metern der höchste Berg im Iran. Aber es gibt noch eine zweite Chance, lt. Karte führt noch eine weitere Straße zum Damavand und diesen Abzweig finden wir sogar. Wir lassen die verkehrsreiche Hauptverbindungsstrecke hinter uns und kurven nun einsam nach Dizin hinauf. Dizin ist ein Skiort auf 2.700 Metern Höhe gelegen und zu dieser Jahreszeit genauso trostlos wie die Skiorte in den Alpen. Einige wenige Leute laufen herum. Der Sessellift ist zwar in Betrieb, aber anscheinend nur zu Wartungsarbeiten. Ab hier müsste es einen Weg über einen Pass nach Fasham geben, den wir aber nicht finden. Wir erkundigen uns bei den Monteuren am Lift und die erklären uns, wo der Einstieg ist. Als wir dort ankommen, versperrt ein geschlossenes Tor den Weg. Hm, sind wir nun richtig oder nicht? Wir fahren noch mal zurück und treffen auf einige Leute, die wir wieder nach dem Weg fragen. Die erzählen uns, dass der Pass wegen Schnee gesperrt und deshalb auch das Tor geschlossen ist. Leider müssten wir zurück fahren und den Weg über Teheran nehmen. Mist, genau das wollten wir vermeiden. Schon bald sind wir wieder auf der Hauptstraße und überholen die zahlreichen langsamen Autos und LKW, letztere fahren fast im Schritttempo den Berg hinauf und auch hinunter, die kennen wohl ihre Bremsen. Die PKW sind zumindest bergab mutiger. Bevor wir auf die Autobahn nach Teheran stoßen, wollen wir uns noch einen Tee gönnen und finden auch schon bald ein nettes Café. Im Reiseführer haben wir gelesen, dass im Iran früher nur Kaffee getrunken wurde. Der Tee wurde erst später eingeführt und verdrängte den Kaffee teils aus wirtschaftlichen und teils aus innenpolitischen Gründen. Deshalb trinkt man den Tee heute in Kaffeehäusern, die ihren traditionellen Namen beibehalten haben. Vor dem Haus stehen einige Holzrahmen, die an Bettgestelle erinnern. Darauf liegen Teppiche und Kissen, auf denen man sich ausbreiten kann. In manchen Gegenden stehen diese traditionellen Lagerstätten an Stelle von Tischen und Stühlen vor den Cafés und Restaurants. Auch wir machen uns darauf breit. Den reichlichen Platz können wir gut gebrauchen, um unsere Rucksäcke und Motorradklamotten unterzubringen. Als wir den Tee serviert bekommen, hält Ralf die Nase hoch und wittert köstlichen Duft nach frischen Keksen. So eine Leckerei würde gut zum Tee passen. Er geht dem Geruch nach und findet eine kleine Keksmanufaktur, direkt neben dem Cafè. Wie er da so neugierig hineinpeilt, kommen auch schon einige Leute auf ihn zu. Die Chefin lädt in sofort ein und erklärt ihm, was sie so alles herstellen. Dann hilft Ralf den Leuten im Internet nach einem gebrauchten Ofen in Deutschland zu suchen, den die Besitzer gerne kaufen würden. Als Dank bekommen wir tütenweise Kekse geschenkt und dürfen auch kostenlos nach Hause mailen. Dann taucht der Chef mit einer Rolle Klebeband, auf dem Werbung für die Keksfabrik aufgedruckt ist. Je einen Streifen dieses Bandes klebt er auf unsere Koffer. Nun haben wir einen offiziellen Sponsor, der uns zumindest für einige Tage mit köstlichen Leckereien versorgt hat. Als wir auf die Autobahn fahren, wundern wir uns über ein Schild, nach dem man diese mit Motorrädern gar nicht befahren dürfte. Egal, wir fahren trotzdem drauf. Die Fahrt ist nicht weniger chaotisch wie auf den Landstraßen, aber wir haben uns ja schon angepasst. In Teheran gibt es mehrere Ringautobahnen, trotz GPS fällt uns die Orientierung nicht leicht. Prompt verfahren wir uns auch, was allerdings an einigen Baustellen und damit verbundenen Sperrungen von Autobahnabschnitten und nicht an unserem Unvermögen liegt. Jetzt ist das GPS noch wichtiger, um aus dem überfüllten Straßengewirr wieder heraus zu finden. Nach vielen Kilometern im Stau, haben wir die iranische Hauptstadt dann endlich hinter uns gelassen und fahren wieder grob Richtung Kaspisches Meer, um zum Damavand zu gelangen. Kurz vor Polur, man glaubt es kaum, kommt uns Wolfgang entgegen. Leider wird die Wiedersehensfreude getrübt. Das Getriebe seiner BMW ist kaputt, er kann nur noch im zweiten Gang fahren. Wir empfehlen ihm nach Teheran zu fahren. Dort haben wir einige Polizeimotorräder der gleichen Marke gesehen, vielleicht gibt es dort eine Werkstatt, die ihm weiter helfen kann. Falls nicht, soll er sich einen Pickup mit Fahrer mieten, der ihn zur türkischen Grenze bringt. In der Türkei kann er sich wieder vom ADAC helfen lassen. Wolfgang zuckelt dann nach Teheran weiter, Ralf und ich rollen Richtung Polur. Von Polur aus gibt es eine Straße, die direkt am Fuß des Damavand entlang führt. Leider wird da heute nichts mehr draus, da ein Gewitter aufzieht. Von einem in Deutschland lebenden Iraner, der hier gerade auf Heimaturlaub ist, bekommen wir ein Hotel empfohlen, dass 3-4 Kilometer hinter Polur liegen soll. Sein Begleiter erzählt alles noch mal alles auf englisch (warum eigentlich?), da sind es aber dann schon 5-6 Kilometer. Zu allem Überfluss wiederholt er sich wiederum, diesmal auf italienisch und die Entfernung steigt nun schon auf 9 Kilometer. Tatsächlich erreichen wir das Hotel dann nach 18 Kilometern. Es ist ein altes Kurhotel und wir sind anscheinend die einzigen Gäste. Die Dame am Empfang spricht nur Farsi, was unsere Verhandlungen nicht erleichtert. Letztendlich drücken wir den Preis auf umgerechnet 35 USD und bekommen dafür eine riesige Ferienwohnung, mit 3 Zimmern, 2 Bädern und Balkon. Die beiden Twins dürfen wir in eine Garage stellen. Wir laufen dann die steile Straße in den Ort hinunter und kaufen für unser Abendessen und gleich auch für das morgige Frühstück ein. Gut, dass wir das per Pedes machen, die Gassen sind so eng, dass wir unsere Dickschiffe mit Koffern nur schwer hätten durchzirkeln können. Von unserem Balkon aus haben wir einen tollen Blick auf den von der Morgensonne angestrahlten schneebedeckten Gipfel des Damavand. Um dem Berg noch näher zu kommen, nutzen wir eine kleine Panoramastraße, die an seinem Fuß entlang führt. Dabei treffen wir auf zwei Jugendliche, die etwas ratlos vor einem Mopped stehen. Der Hinterreifen ist platt und sie haben kein Werkzeug dabei. Wir helfen den beiden das Hinterrad auszubauen und finden einen total perforierten Schlauch vor. Hier können auch unsere Flicken nicht mehr helfen, ein neuer Schlauch muss her. Da auf unseren Maschinen kein Platz für eine zweite Person ist, empfehlen wir den beiden ein Auto anzuhalten und einen neuen Schlauch zu besorgen. Als wir von unserer Sightseeingtour um den Damavand zurück kommen, sind sie gerade dabei das Rad wieder einzubauen. Unterstützung bekamen sie von einigen Soldaten aus einer nahe gelegenen Kaserne. Beruhigt setzen wir unseren Weg fort. Wir durchqueren die östlich von Teheran gelegene und nach dem höchsten Berg benannte Stadt Damavand und versuchen von dort aus auf kleinen Straßen durch die Berge, die Hauptverbindungsstrecke nach Mashhad zu erreichen. Leider vertun wir uns etwas mit der Übertragung der Wege von der Landkarte auf die Natur und folgen einer parallel verlaufenden Strecke, deren Untergrund schon bald zu Schotter wechselt. An sich freuen wir uns über die Abwechslung, aber wir sind zeitlich schon hinter unserer Tagesplanung und wollen heute noch ein Stück weiter kommen. Vor einem Haus finden wir dann einen Mann, der seine Blumen gießt und fragen ihn nach dem richtigen Weg. Er weiß zwar auch nicht bescheid, will aber seinen Nachbarn fragen. Nach 10 Minuten kommt er unverrichteter Dinge zurück, lädt uns aber zum Tee in sein Haus ein. Während seine Frau den Tee serviert, ruft er ein befreundetes Pärchen an, die wenige Minuten später auftauchen. Sie haben Postkarten mit Sehenswürdigkeiten dieser Gegend dabei. Sie zeigen uns die Bilder und erklären wo die Gebäude stehen und welche Bedeutung sie haben. Am Ende schenken sie uns die Karten und weitere Prospekte. Wir sind nun um einige Informationen reicher, wissen aber immer noch nicht genau, wohin wir fahren sollen. Nach der herzlichen Verabschiedung, fahren wir einfach der Nase nach. Der Untergrund ist ziemlich staubig und wir ziehen lange Staubfahnen hinter uns her. Nach einer Weile sehen wir in einiger Entfernung einige Autos parallel zu uns fahren. Das muss die Straße sein, auf die wir schon die ganze Zeit wollten. Wir queren offroad eine steinige Ebene, überwinden einen Graben und sind dann endlich wieder in der richtigen Spur. Auf der breiten Straße können wir endlich wieder Kilometer machen und geben ordentlich Gas. Nach einer Weile kühlt es spürbar ab, die Temperatur fällt auf 16°C und wir frieren wieder mal. Der Höhenmesser zeigt 2.100 Meter an, dass ist ein Grund für die Kälte, der andere Grund ist die schattige Schlucht, die wir gerade durchqueren. Hinter dem "Kühlschrank" geht es dann nur noch bergab. Wir erreichen den Rand der großen Salzwüste Dasht-e Kavier, das Thermometer pendelt sich bei 30°C ein. Die Temperaturschwankungen, die wir im Iran nun schon öfter mitgemacht haben, belasten den Körper mehr, als man wahrhaben möchte. Mein Kreislauf ist im Keller, der Kopf schmerzt leicht. Wir legen eine Pause ein, trinken viel Wasser und essen einen Müsliriegel. Ein Stück vor Semnan durchqueren wir einige Ebenen. Die Bergzüge im Norden erinnern sehr an den Süden Algeriens. Nur ist es hier nicht ganz so einsam. In Schattierungen von schwarz bis grau erheben sie sich spitz und schroff aus der Ebene, ein geiler Anblick! In Semnan kaufen wir für das Abendessen ein und bekommen wegen der Hitze vom Kaufmann ein Eis geschenkt. Da wir schon hier sind, besuchen wir gleich noch einige Moscheen. Hier soll es noch ein wunderschönes altes Stadttor geben. Nahezu eine Stunde suchen wir danach, bis wir es endlich finden. Wir sehen es in hundert Metern Entfernung vor uns, doch wir stehen entgegen der Fahrtrichtung in einer Einbahnstraße. An der Ecke steht ein Haus, in dem der Rote Halbmond (das arabische Pendant zum Roten Kreuz) gerade eine Blutspendeaktion durchführt. Einige der "Blutsauger" kommen heraus und freuen sich uns kennen zu lernen. Nach dem üblichen woher und wohin, wollen sie sich unbedingt mit uns zusammen fotografieren lassen. Eine Mitarbeiterin bekommt den Fotoapparat in die Hand gedrückt und muss zig Bilder von uns schießen. Dann sagt einer, wir sollen ruhig entgegen der Fahrtrichtung weiter fahren. Ein anderer hält das für zu gefährlich - wir übrigens auch. Bevor wir dann zu unserem Umweg in Richtung Tor starten, bekommen wir noch Kuchen und Fruchtsäfte geschenkt. Zum Abschied winken alle und wünschen uns alles Gute. Auch am alten Tor treffen wir auf nette Leute, die sich über unser Erscheinen freuen und, im Rahmen der gemeinsamen Sprachkenntnisse, mit uns plaudern. Dann ruft uns die Straße wieder und wir verlassen Semnan in Richtung Osten. Die Sonne steht schon tief und es wird Zeit für ein Nachtlager. Südlich der Straße zieht sich eine hügelige Steppenlandschaft hin. Da müsste doch ein schöner Lagerplatz zu finden sein. Wir nehmen die nächste Abfahrt, durchqueren ein Dorf und fahren in die Weite hinaus. Irgendwann sind wir weit genug von Ansiedlungen entfernt, hier können wir uns in die kaum vorhandenen Büsche schlagen. Damit wir von der Straße aus nicht zu sehen sind, müssen wir schon ein Stück weit in die Hügel fahren. Doch der Untergrund ist steinig, das niedrige Gewächs stachelig. Der beste Weg ist wohl, wenn wir in einem ausgetrockneten Bachbett entlang fahren. Ich fahre vor. Solange es geradeaus geht und ich Gas geben kann, rollt es sich ganz gut. Aber in den engen Bachwindungen muss ich die Geschwindigkeit soweit drosseln, dass die Fuhre instabil wird und ich nur mit viel Kraft einigermaßen in der Spur bleiben kann. Ralf folgt mir, aber was ist da hinter ihm? Drei große Hütehunde verfolgen uns knurrend und bellend. Als wir nach ungefähr einem Kilometer anhalten, bleiben auch sie stehen. Zuerst bellen sie uns aus einiger Entfernung an, dann trollen sie sich endlich. Ralf und ich suchen eine flache Stelle, die etwas höher als der trockene Bachlauf liegt und säubern den Untergrund von Steinen und Dornen. Nach dem das Zelt steht, bereiten wir gleich unser Nachtmahl zu, damit wir noch ohne Taschenlampe essen können. Nach dem obligatorischen Tee, den wir schon im Dunkeln genießen müssen, liegen wir noch eine Weile auf dem Hügel. Sterne schauen ist halt immer wieder schön. Am Morgen werden wir von Regentropfen geweckt. Es sind aber nur ein paar
vereinzelte Tropfen, die sich schon bald wieder verziehen. Tee kochen,
Zelt abbauen und dann der Frühsport. In unseren Fall heißt das ca. einen
Kilometer durch ausgetrocknete Flussbetten "rudern". Beim Rückweg zur
Hauptstraße kommen wir wieder durch das Dorf von gestern. Ein Soldat mit
Stahlhelm und Gewehr kommt vom Hügel hinunter gerannt und stoppt uns.
Wir müssen den Hügel hinauf fahren und vor der Polizeistation warten.
Während wir da stehen, eilt der Wächter den Berg wieder hoch und
klingelt an dem Tor nach seinen Vorgesetzten. Zwei Uniformierte
schlendern darauf hin gelangweilt zum Tor. Eilig berichtet der Soldat
von seiner "Gefangennahme". Der Gesichtsausdruck der beiden Polizisten
bleibt gelangweilt. Es wäre ihnen sicher lieber gewesen, wenn der Posten
uns nicht gesehen hätte. OK, dann tun sie halt ihre Pflicht und
kontrollieren unsere Pässe: Wir sind noch nicht lange unterwegs, da biegt Ralf von der Strecke ab. Wir sind ja auch auf der Jagd nach Confluence-Punkten und nicht weit von hier gibt es noch einen undokumentierten. Zufällig führt eine Straße in die richtige Richtung, die letzten paar hundert Meter müssen wir aber offroad durch die Steppe zurück legen. Der Boden sieht fest aus, beim Befahren zerbröselt aber die Oberfläche zu Staub, der wiederum mit Kieselsteinen gemischt ist. In dieser Zusammensetzung also kaum tragfähig. Nur mit der richtigen Geschwindigkeit lässt sich einigermaßen Kraft sparend manövrieren. Ab und zu müssen wir auch ausgetrocknete Bachbetten überwinden, die mehr oder weniger tief sind, aber nie ernsthafte Hürden darstellen. Schließlich haben wir den Punkt (N 36°0,0' E 54°0,0') ermittelt und Ralf dokumentiert alles genau nach Vorschrift. Ein Stück weiter, in Amirabad, kaufen wir kalte Limo und Kekse. Dabei werden wir von der Stadtpolizei angehalten, die peinlich genau Pässe und Visa prüft. Da sie nichts zu beanstanden hat, verabschieden sie sich und wir setzen unseren Einkauf fort. Bei der Fahrt aus der Stadt, zeigen einige Jungs, was sie und ihre Moppeds so draufhaben. Zuerst fahren sie dicht neben uns, dann reißen sie ihre Maschinen aufs Hinterrad und fahren im Wheelie an uns vorbei. Ich erblasse vor Neid, so was würde ich auch gern können. Dafür geben wir dann am Ortsausgang Gas und lassen die Artisten förmlich am Ortsschild stehen, Gas geben kann ja jeder ;-) Viele Kilometer weiter biegen wir bei Shahrud nach Nordosten ab. Nach dem wir einen kurvenreichen Pass überwunden haben, der nachts sogar beleuchtet ist, führt die Straße nur noch langweilig geradeaus. Auch die umgebenden Landschaften wirken ein wenig trostlos. In Gonbad-e Kavus besichtigen wir die einzige Sehenswürdigkeit der Stadt, einen 1000 Jahre alten Grabturm, der 52 Meter hoch in den Himmel ragt. Das heißt, Ralf besichtigt den Turm und ich beaufsichtige unsere Maschinen in einer großen Traube von neugierigen Menschen. Zu der feuchten Hitze des Klimas kommt noch die Hitze durch die vielen Menschen, die dicht gedrängt um mich stehen. Ich bin froh als Ralf endlich zurück kommt und verzichte dankend auf eine eigene Besichtigung. Ich brauche Luft und will weiter fahren. In Minu Dasht kaufen wir Lebensmittel für das Abendessen ein. Wie so oft werden wir dann von einer Horde Jungs auf ihren 125ern aus der Stadt begleitet, die uns immer wieder zu Rennen überreden wollen. Aber in der Stadt ist das Fahren zu gefährlich und auf dem Land haben sie leistungsmäßig eh keine Chance, weshalb wir uns nie auf so was einlassen. Irgendwie verfehlen wir dann die Schnellstraße und folgen einer schönen Landstraße, deren umgebende Landschaft sehr an den Taunus erinnert. Irgendwann wird die Straße immer kleiner und schlechter, bis sie nur noch auf Schotter weiter führt. Wir haben sicher schon 10 oder 12 Wasserdurchfahrten hinter uns. Die Bäche holen sich den geschobenen Weg wieder zurück. Wir diskutieren die GPS-Anzeige, die Straßenkarten und die eigenen Eingebungen. Eigentlich wollten wir uns kein Feierabend-Ei legen, also bis in die Dunkelheit orientierungslos umherirren. Laut GPS stimmt zwar die Richtung, aber die auf der Karte eingezeichneten Straßen wollen nicht auftauchen. Nach einigem hin und her einigen wir uns darauf, die Richtung beizubehalten. Die Strecke wird immer schlechter und fast glaubt man die Pisten der Enduromania unter sich zu haben. In einem Dorf wollen wir Brot kaufen. Das Brot bekommen wir geschenkt, aber in welche Richtung wir fahren müssen, kann uns auch niemand sagen. Statt dessen bekommen wir zahlreiche Einladungen zum Tee, die wir aus Zeitgründen dankend ausschlagen müssen. Irgendwann tuckern wir nur noch auf einer schmierigen Traktorspur entlang. Es geht steil bergab. Nach dem wir einen breiten Bach durchquert haben, öffnet sich linkerhand eine kleine Wiese. Hier wollen wir das Zelt aufschlagen. Weiterfahren macht heute keinen Sinn mehr. Kaum steht die Stoffhütte, kommen schon zwei Burschen angelaufen. Wir sollen mit ihnen kommen zum Essen. Wir lehnen dankend ab. Das Zelt und die Ausrüstung wollen wir hier nicht alleine lassen. Dann wollen sie wissen, was alles in den Koffern ist. Bevor sie weiter ziehen sagen sie uns noch, dass wir in der Nacht nichts auf den Motorrädern lassen und diese auch ganz dicht ans Zelt stellen sollen, damit nichts gestohlen wird. Diese Worte lassen mich nachts kaum schlafen. Ich liege wach im Zelt und achte auf jedes Geräusch. Das ist gar nicht so einfach, denn Ralf muss genau in dieser Nacht unbedingt schnarchen. Etwas gerädert krieche ich aus dem Zelt. Teewasser aufsetzen, waschen am Bach, frühstücken. Als Ralf und ich alles zusammengepackt haben und gerade los wollen, kommt ein Land Cruiser der Polizei um die Ecke. Vier Polizisten springen heraus. Einer sichert mit dem Gewehr, die anderen kontrollieren die Papiere. Das hört sich jetzt wilder an, als es ist. Die Beamten sind sehr freundlich. Sie sagen, dass sie uns herauseskortieren wollen. Hm, warum eskortieren? Oder liegt es an den mangelhaften Englischkenntnissen der Uniformierten. Bevor wir losfahren, warnen sie uns noch vor. Wir müssten noch durch Wasser fahren. Kein Problem, winken wir gelassen ab, das haben wir schon öfter gemacht. Nach einigen Kilometern kommen die ersten beiden Bachdurchfahrten, da lächeln wir doch drüber. Doch dann kommt der Hammer, der unsere Knie weich werden lässt. Dieser Bach ist breit und tief, die Strömung stark und der Untergrund besteht aus großen Steinen. Wir können nicht mal die kürzeste Strecke nehmen, da auf dieser das Wasser viel zu tief ist. Wir müssen zuerst ein Stückchen gegen die Strömung den Bach hinauf fahren, dann im 90°-Winkel den Lauf queren und gleich wieder rechts die Uferböschung hoch. Wenn ich auf der Maschine sitze und über die großen Steine fahre, komme ich mit den Füßen nicht mehr auf den Boden. Gas geben kann man auch nicht, dafür sind zu viele zu große Steine im Wasser. "Das kann ich nicht fahren", meine ich zu Ralf, "da muss ich nebenher laufen". So steuere ich die Twin im ersten Gang durch die knietiefen Fluten und laufe nebenher. Kaltes Wasser läuft von oben in meine wasserdichten Stiefel. Ralf hält hinten am Gepäckträger das Gleichgewicht. Danach bringen wir Ralfs Maschine rüber. Mit klatschnassen Füßen, aber ohne Sturz haben wir das Hindernis überwunden. Schade, dass wir das nicht fotografieren konnten. Doch die Fahrt ist noch nicht zu Ende. Nach einigen wenigen Kilometern führt der Schotterweg offensichtlich links den Berg hinauf. Der Polizeiwagen aber biegt nach rechts ab und fährt die Böschung zu einem Bach hinunter. Danach geht es ein Stück längs durch das Flussbett, zum Glück ist das Wasser nicht so tief wie vorhin, und auf der gegenüber liegenden Seite die Böschung wieder hinauf. Nach weiteren 200 Metern mündet der Weg auf eine Asphaltstraße. Ich glaube ohne die Polizeiunterstützung hätten wir die Straße nicht so schnell gefunden. Im übernächsten Dorf erreichen wir dann die Polizeistation. Wir müssen die Pässe beim Chef abgeben und werden gebeten, in der Zwischenzeit die Stiefel zum Trocknen auszuziehen. So hocken wir dann barfuß in der Sonne und bekommen Tee serviert. Nach einiger Zeit kommt der Chef mit unseren Papieren. Er zeigt auf unserer Landkarte, dass wir nur auf den roten Hauptstraßen bleiben und nicht in die Berge hineinfahren sollen. Da wäre es gefährlich, weil die Leute dort uns den Hals durchschneiden würden. Dabei macht er mit der Hand die eindeutige Geste für "Rübe ab". Nach dem wir wieder angezogen sind, werden wir verabschiedet. Der ein oder andere gibt uns sogar noch Abschiedsküsschen, wie es im Orient halt üblich ist. Wieder unterwegs fragen wir uns, was an der Geschichte des Polizeichefs dran sein könnte. Die Leute in den Dörfern waren sehr freundlich zu uns. Irgendwie können wir uns nicht vorstellen, dass wir wirklich in Gefahr gewesen sein sollen. Wenn es wirklich so gefährlich ist, warum kam die Polizei dann erst morgens? Nach ungefähr 200 teils kurvenreicher Kilometer, natürlich auf der empfohlenen roten Straße, wollen wir doch wieder ins Gebiet der "Halsabschneider" abbiegen. Diesmal aber nicht ganz so weit wie gestern. Unser Ziel, ein weiterer alter Grabturm, können wir schon von der Hauptstraße aus erkennen. Im Gegensatz zum Grabturm in Gonbad-e Kavus, ist dieser Turm zwar nur 37 Meter hoch, dafür liegt er aber etwas abseits vom Schuss und man kann ihn in Ruhe besichtigen. Nach weiteren 70 Kilometern erreichen wir Mashhad. Der Verkehr dort ist das Übelste, was wir bisher mitgemacht haben. Selbst Tabriz kommt da nicht mehr mit und dort war es schon arg schlimm. Jeder scheint es auf die anderen Verkehrsteilnehmer abgesehen zu haben. Da wir uns nicht nur auf das Fahren an sich, sondern auch noch um die Navigation zum Hotel kümmern müssen, haben wir es nicht ganz so leicht. Überall wo wir stehen bleiben, um den Stadtplan zu studieren, bildet sich sofort eine Menschentraube. So groß, dass auch die Autos stoppen und die Straße verstopfen. Mit Hilfe des Plans und zahlreicher Fragerei von Passanten, finden wir dann endlich das Hotel unserer Wahl. Natürlich ist es ausgebucht. Wir fragen bei mehreren Hotels an, aber entweder ist uns der Preis zu hoch oder es gibt keine sichere Abstellmöglichkeit für unsere Maschinen. Als wir wieder mal ergebnislos dastehen, natürlich in einem großen Menschenauflauf, spricht uns ein älterer Mann an. Er führt mich zu einem in Frage kommenden Hotel. Ralf bleibt in der Zwischenzeit bei den Motorrädern, und versucht nicht zerdrückt zu werden. Der Mann führt mich durch enge Gassen zum Hotel. Es steht in "zweiter Reihe", unweit des Heiligen Bezirks. Das Zimmer ist wieder eine ganze Wohnung, mit Klimaanlage und Fernseher. Unsere Twins können wir in der Tiefgarage abstellen. Für umgerechnet 15 Dollar ist das fast geschenkt, so schlage ich zu. Als ich zu Ralf zurück komme, ist ein Polizist gerade erfolglos dabei die Menschen zum Weitergehen zu überreden. Ich zwänge mich durch die Massen und dann rollen wir vorsichtig über den breiten Gehweg in die engen Gassen hinein. Der alte Mann läuft vor uns her und zeigt uns abermals den Weg. Außerdem will er ja noch sein Bakschisch haben, dass wir ihm für die Vermittlung noch schulden. Nach dem wir eingezogen sind, wollen wir zunächst die nähere Umgebung erkunden. Außerdem müssen wir mit den Leuten vom Hotel noch ausmachen, wo und wann wir unser Visum verlängern lassen können. Wir verabreden uns mit einem Mitarbeiter der Rezeption für den nächsten Tag. Schon um 08:00 Uhr morgens sollen wir auf der Matte stehen. Er will uns bei der Verlängerung behilflich sein. Jetzt geht es aber erst mal in die Stadt. Ralf nimmt zur Sicherheit sein GPS mit, damit wir wieder zurück finden. Da wir aber ziemlich nahe am Heiligen Bezirk sind, ist ein Verlaufen fast ausgeschlossen. Viel schwieriger ist es da schon die Straßen zu überqueren, ein reines Himmelfahrtskommando. Am großen Kreisverkehr gibt es zwar eine Fußgängerbrücke für die Hasenfüße, die harten Männer und Frauen [TM] jedoch laufen natürlich direkt über die Straße. Wir schlendern durch die Straßen und müssen uns dabei durch die Menschenmassen drücken. Mashhad ist eine Pilgerstadt und es sind anscheinend eine Menge Pilger da. Es gibt viele Geschäfte mit Süßigkeiten und Nüssen, ein Paradies für Schleckermaul Ralf. Doch auch die Saftläden haben es uns angetan. Wir bevorzugen meist Bananen-Shake, laben uns aber auch an frischem Karotten- oder Orangensaft. Bevor wir wieder zum Hotel zurückgehen, stehen wir noch eine Weile auf der Fußgängerbrücke und beobachten das Chaos am Kreisverkehr, das ist besser als Fernsehen. Punkt 08:00 Uhr steht unser Taxi vor der Tür. Zusammen mit dem Hotelangestellten fahren wir zum "Police Department for Alien Affairs". Zuerst melden wir uns im Visabüro und bekommen Anträge zum Ausfüllen. Dann müssen wir Kopien der Pässe anfertigen lassen, das "Copiecenter" ist im gleichen Haus. Hundert Meter um die Ecke ist die Bank, bei der wir pro Visumverlängerung 100.000 Rial (knapp 12 Dollar) einzahlen müssen. Obwohl unser Begleiter der hiesigen Sprache mächtig ist und Muster für die Einzahlungen an der Wand hängen, scheint er Probleme mit den Einzahlungsscheinen zu haben. Doch nicht nur er hat Probleme, auch die anderen Kunden fragen sich immer wieder gegenseitig um Rat. Mit etwas Geduld und Fragerei haben wir schließlich auch diese Hürde geschafft. Einzahlungsscheine, Kopien, je zwei Passbilder und unsere Anträge kommen dann in eine rosa Mappe und werden im Visabüro abgegeben. Wir warten mit zahlreichen anderen "Aliens", die aus allen Teilen Zentralasiens in die heilige Stadt kommen, ein sehr interessantes Völkergemisch. Die Dame am Schalter übersetzt unsere englischen Angaben in Farsi und am Schluss müssen wir noch einen Fingerabdruck auf dem Antrag hinterlassen. Die Bearbeitung der Anträge soll zweieinhalb Tage dauern, Zeit genug für die Besichtigung von Mashhad und der Umgebung. Mit dem Taxi geht es wieder zum Hotel zurück. Von hier aus erkunden wir wieder zu Fuß die Stadt. Leider ist uns der Wettergott nicht hold, wir müssen uns öfter irgendwo unterstellen - natürlich immer dort, wo es etwas zum Naschen gibt. Als es wieder aufklart, spazieren wir zum heiligen Bezirk hinüber, einer geschlossenen Anlage mit mehreren Moscheen und dem Grab des 8. schiitischen Imam Ali ibn Musa el Reza. Imam Ali war ein Bruder von Fatima, der fünften und jüngsten Tochter Mohammeds. Da sie die einzige Tochter war, die Kinder hatte, müssen alle noch lebenden Nachfahren Mohammeds von ihr abstammen. Deshalb lassen die Schiiten Fatima besondere Verehrung zukommen. Als einzige Frau wird sie zusammen mit Mohammed und den Zwölf Imamen zu den "Vierzehn Unfehlbaren" gezählt. Um als Ungläubiger den heiligen Bezirk betreten zu dürfen, benötigt man eine Genehmigung, die man normalerweise irgendwo an einem der Eingänge beantragen kann. Als wir uns dort umschauen und nach diesem Büro suchen, sehen wir, dass alle Besucher vor dem Betreten mit einem Gerät abgetastet werden, ähnlich wie auf Flughäfen. Bei einem dieser Wächter wollen wir uns erkundigen und gehen auf ihn zu. Doch bevor wir zu Wort kommen, gibt er uns Zeichen, dass wir die Arme hochheben sollen und fährt uns mit seinem Detektor ab. Dann winkt er uns ins Heiligtum hinein. Das ging so schnell, dass wir noch ganz perplex sind. Dürfen hier jetzt alle ohne Genehmigung rein oder hatten wir nur Glück, dass man uns für Moslems gehalten hat? Egal, jetzt sind wir drin und wollen uns auch alles anschauen. Die Hälfte der Anlage ist momentan eine riesige Baustelle. Zu einem Teil wird neu gebaut, zum anderen Teil werden alte Bauten umgebaut oder restauriert. Auf jeden Fall passt das Stakkato der Presslufthämmer und das helle Heulen der Trennschleifer überhaupt nicht zum Ambiente des heiligen Ortes. Die Moscheen sind mit farbigen, hauptsächlich in blau gehaltenen Kacheln verkleidet. Wenn die Sonne darauf scheint, kommt das Farbenspiel so richtig zur Geltung. Zahllose Pilger strömen zwischen den Moscheen und Museen hindurch. Die meisten wollen zum Schrein des Imam Ali, der für Nichtmuslime gesperrt ist, und dort beten. Vor dem Schrein sind große Flächen mit Teppichen ausgelegt. Die Leute ziehen zum Beten ihre Schuhe aus und verstauen sie in eigens dafür vorgesehene Plastikbeutel. Aber es herrscht keine andächtige Stimmung, wie in christlichen Kirchen. Es wird telefoniert und geschwatzt und Kinder rennen überall herum oder spielen miteinander. Für uns sind nur die Trauergesellschaften etwas makaber, die den Leichnam ihres Angehörigen in den Bezirk tragen, um dort den Tod zu betrauern und Abschied zu nehmen. Nach einer langen Zeit innerhalb der Mauern, wollen wir wieder in die geschäftigen Straßen zurück. Hunger und Durst plagen uns, außerdem müssen wir noch Ralfs Rucksack irgendwo nähen lassen. Zuerst geben wir uns wieder einer Bananenmilch hin, ein gezuckerter Kringel hilft gegen den größten Kohldampf. Ein paar Gassen weiter finden wir die Schneider. Wie fast überall im Orient, haben sich die Handwerker nach ihrem Metier geordnet angesiedelt. So findet man zum Beispiel die Schmiede geschlossen in einem Straßenzug, genauso wie die Schuster oder Fleischer sich ein paar Ecken weiter geschlossen angesiedelt haben. Nun haben wir die freie Auswahl und wählen einen Schneider, der uns beim Vorbeigehen freundlich zulächelt. Da der dicke Schulterriemen nicht in die Nähmaschine passt, näht er die beschädigte Stelle mit der Hand. Dabei "unterhalten" wir uns mit Händen und Füßen, er will natürlich wissen, woher wir kommen usw. Nach dem er mit der Arbeit fertig ist, will er dafür keinen Lohn von uns. Ein herzlicher Händedruck reicht ihm. Bevor wir zum Hotel zurückgehen, kaufen wir Tomaten, Gurken, Zwiebel usw. für unser Abendessen ein. Wenn wir schon eine Küche haben, wollen wir sie auch nutzen. Nach dem Essen stürzen wir uns ins "Nachtleben" von Mashhad. Im Prinzip ist alles wie am Tage, nur mit bunten Lichtern beleuchtet. Wir besuchen den großen überdachten Basar, schlendern durch Gassen, in denen allerlei Süßigkeiten angeboten werden - natürlich gibt Ralf dort die Richtung an und enden schließlich wieder auf der Fußgängerbrücke am Kreisverkehr. Von dort aus können wir wieder gefahrlos den Verkehr beobachten. Na ja, ganz gefahrlos ist es nicht. Die Elektroinstallation der angebrachten beleuchteten Werbeschilder spottet jedweder (Sicherheits-)Regel. Bei Regen hätten wir uns nicht freiwillig ans Brückengeländer gelehnt ... Heute wollen wir zu einer Ausgrabungsstätte nach Tus fahren. Bis dort hin sind es ungefähr 30 Kilometer. Ich habe keine Lust mich durch die Staus zu quälen und dann mit den Motorradklamotten durch die Hitze zu laufen. An einem Taxistand erkundigen wir uns nach dem Fahrpreis, um hin und auch wieder zurück zu kommen. Bei einem Gesamtpreis von umgerechnet 5 Dollar lohnt es sich nicht, das Für und Wider des eigenen Motorrads zu diskutieren. Im Fond des Paykans und mit Abstand und Knautschzone zu den anderen Blechkisten, lässt es sich entspannt sitzen. Nach einer guten Stunde sind wir am Ziel. Während wir an der Kasse anstehen, kommt der Taxifahrer zu uns und redet auf uns ein. Ein englisch sprechender Iraner, der auch an der Kasse steht, übersetzt uns freundlicherweise. Der Fahrer will wissen, wie lange wir bleiben wollen. Wir schätzen anderthalb Stunden. Da will er plötzlich mehr Geld haben, als ausgemacht. Ja hat er denn gedacht, wir lassen uns hierher fahren und kehren gleich wieder um? Wir wollen erst mal nicht weiter diskutieren und besichtigen das Gelände. Ein großes quaderförmiges Gebäude beherbergt das Grabmal des Dichters Ferdowsi, das im Jahre 1934 anlässlich seines 1000. Geburtstages errichtet wurde. Viel schneller als gedacht sind wir wieder zurück und fragen unseren Chauffeur ob das zeitlich ok ist, was er bejaht. Auf der Zufahrtsstraße zum Ausgrabungsgelände steht noch ein Grabbau, den wir noch kurz besichtigen wollen. Er ist völlig aus Ziegeln gebaut und man vermutet, dass es das Grab des Philosophen Ghazzalis ist, der im Jahre 1111 n. Chr. gestorben sein soll. Wieder zurück bei unserem Hotel, will der Taxifahrer nun doch wieder mehr Geld, obwohl wir gut in der Zeit geblieben sind. Wir zeigen ihm den Zettel, auf dem wir den Betrag schriftlich abgemacht haben, doch er fuchtelt herum und wird etwas laut. Er ruft einen weiteren Taxifahrer hinzu und beschwert sich bei ihm, dass wir nicht mehr bezahlen wollen. Wir zeigen auch ihm unseren Zettel mit der vereinbarten Summe. Da geht dieser schulterzuckend zu seinem Wagen zurück. Unser Fahrer schimpft weiter, aber jetzt schalten wir auch auf stur. Ralf zählt ihm den genauen Betrag in die Hand, dann gehen wir Richtung Hotel. Der Fahrer läuft uns nach und schimpft auf uns ein. Wir zeigen uns unbeeindruckt und irgendwann lässt er von uns ab. Solche Geschichten kennen wir schon aus Nordafrika, zuerst wird ein Preis abgemacht und nach der erbrachten Leistung verlangen die Leute mehr als ausgemacht. Kleine Notizzettel mit dem vereinbarten Preis sind einfach ein unschlagbares Argument. Nach einem kleinen Mittagsschläfchen gehen wir wieder auf Besichtigungstour. Wir besuchen das Nader Shah Mausoleum. Nader Shah war der Begründer der Afsharen Dynastie und machte Mashhad zu seiner Hauptstadt. Etwas glücklos versuchte er die schiitischen und sunnitischen Strömungen des Islam wieder zusammenzuführen, was ihm aber nicht gelang. Neben dem Grabbau steht noch ein kleines Waffenmuseum, das wir bei der Gelegenheit auch gleich besuchen. Langsam wird unser Geld knapp und wir müssen schauen, wo wir unsere Dollars gewechselt bekommen. Da nicht alle Banken wechseln dürfen, müssen wir eine Weile suchen und uns durchfragen, bis wir eine offizielle Wechselstube finden. Mit dicken Geldbündeln in der Tasche, der größte Schein entspricht etwas mehr als zwei Dollar, ziehen wir weiter durch die Straßen von Mashhad. Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir in Ruhe unsere Sachen und beladen die Motorräder. Wir sind um 12:00 Uhr an der Rezeption verabredet, um unsere Pässe mit den verlängerten Visa abzuholen. Dort ist man sich jetzt aber unschlüssig, ob jemand vom Hotel mit soll oder nicht. Eigentlich brauchen wir dazu niemanden. Dann wird ein junger Mann organisiert, der mit seinem Auto voraus fahren soll, was eigentlich auch unnötig ist, da wir ja wissen, wohin wir fahren müssen. Was soll's, dann fährt er halt voraus und führt uns. Komischerweise bringt er uns zur Polizeistation, in der die Hotels ihre Gäste melden. Während ich draußen warte, geht Ralf hinein, um die Sache zu klären. Die Lage ist gar nicht so einfach, die Polizisten verstehen nicht was wir dort wollen. Mittlerweile haben sich wieder viele Leute um mich versammelt, die ganze Straße ist blockiert. Einige Leute lassen sich mit mir zusammen fotografieren, ein anderer fragt mich, wie viel Geld wir von unserer Regierung bekämen, um die Reise zu finanzieren. Schön wär's, antworte ich, wir haben lange arbeiten müssen, um das Geld zusammen zu bekommen. Ralf ist immer noch in der Polizeistation. Einige Uniformierte versuchen den Auflauf aufzulösen, damit die Straße wieder frei wird. Schließlich soll ich die Maschinen in den Hinterhof der Station bringen, damit da draußen endlich wieder Ruhe herrscht. Da die Polizisten nicht verstehen, warum wir keine Pässe haben und auch nicht kapieren, dass diese beim "Police Department for Alien Affairs" liegen, fährt Ralf im Polizeiwagen mit einem der Offiziere der Station, der ein wenig englisch kann, zur Visastelle. Ich warte beim Diensthabenden in der Wache und lasse mich mit Tee verwöhnen. Nach einer halben Stunde ist Ralf wieder zurück, mit unseren Pässen. Er erzählt, dass der Polizeioffizier vom Visabüro endlich unser Anliegen kapiert habe und sich für sein auf-dem-Schlauch-stehen entschuldigt hätte. Das Büro hatte allerdings mittlerweile geschlossen. Der Polizist habe jedoch den Chef der Visaabteilung gebeten, unsere Pässe noch herauszugeben, was dieser mit Freude auch veranlasst hätte. Lachend verabschieden uns die Polizisten der Station mit dem Hinweis, dass sich alle Iraner über Touristen freuen würden, insbesondere auch die Polizei und dass diese bei jeglichen Problemen immer gerne behilflich wäre. Wir versuchen es zu glauben. Trotz der schon fortgeschrittenen Zeit, wollen wir noch ein Stück weit vorwärts kommen. Wir nehmen die Autobahn Richtung Süden und folgen ihr bis Torbat-e Heriye. Dort biegen wir nach Westen in die große Salzwüste ab. Die Straße zieht sich durch eine Landschaft, in der sich Felder und Steppe abwechseln. In den kleinen Ortschaften sind viele Motorräder unterwegs, meist Zweitakter aus russischer Produktion. Sie ziehen lange bläuliche Rauchfahnen hinter sich her und stinken bestialisch. Nach einem Tankstopp werden wir von einem Polizeiwagen angehalten. Die beiden Büttel können kein Wort englisch und wirken irgendwie hilflos, allerdings auf eine weniger intelligente Art. Da fahren zwei Mopeds an uns vorbei, beide mit drei Leuten besetzt. Die Fahrer schauen neugierig zu uns herüber, der vordere bremst und der hintere knallt in ihn hinein. Beide stürzen und die Leute kugeln auf der Straße herum. Glücklicherweise wurde dabei niemand ernsthaft verletzt. Die Polizisten sind froh uns fahren lassen zu können, da sie nun ein neues Betätigungsfeld haben. Langsam neigt sich die Sonne dem Horizont zu. Wir müssen unbedingt etwas zu Essen einkaufen, denn heute wird wieder gezeltet. In einem kleinen Dorf finden wir den einzigen Laden. Umringt von der motorisierten Dorfjugend, kaufen wir unser Standardprogramm ein, Tomaten, Gurken und Zwiebel. Das Brot bekommen wir wieder mal geschenkt. Der Kaufmann setzt noch einen drauf und füllt eine Schüssel mit Ziegenkäse, die er uns auch umsonst mit gibt. Freudig bedanken und verabschieden wir uns. Nach weiteren ca. 30 Kilometern erreichen wir eine übernachtungstechnisch günstige Stelle. Auf einer Piste fahren wir zwischen die Hügel und in eine Senke hinunter. Von der Straße aus kann uns dort niemand sehen. Die drei Häuser in einiger Entfernung scheinen unbewohnt zu sein. Doch kaum steht unser Lager, kommt ein Hirte mit seiner Herde vorbei. Der alte Mann nuschelt so sehr, dass ihn seine Landsleute sicher genauso wenig verstehen würden, wie wir. Mit Händen und Füßen lädt er uns in sein Lager ein. Es gäbe auch frische Ziegenmilch. Doch wir wollen unsere Sachen nicht alleine lassen und bedanken uns für die Einladung. Während er mit der Herde zu den verlassenen Häusern zieht, kochen wir Tee und bereiten unser Abendessen zu. Der Ziegenkäse, den uns der Kaufmann geschenkt hat, riecht und schmeckt dermaßen nach Ziegenstall, dass er für uns ungenießbar ist. Schade, er wollte uns sicher etwas gutes tun, aber wir bringen den Käse wirklich nicht runter. Als es völlig dunkel ist, entfacht der Hirte von vorhin, der in der Nacht anscheinend bei den Häusern lagert, ein riesiges Feuer. Ralf und ich liegen wieder auf dem Rücken, im Sternguckermodus. Es ist windig. Während wir versuchen das flatternde Zelt zusammen zu packen, kommt der Schäfer von gestern Abend mit seiner Herde vorbei. Er grüßt und schaut uns kurz beim Kampf gegen den Wind zu, bevor seine Tiere weiter treibt. Wir steuern unsere Dickschiffe Richtung Tabas. Von der Straße aus sehen wir in einiger Entfernung eine große weiße Fläche. Dort kommt überwiegt das Salz im Boden und das wollen wir uns anschauen. Wir nehmen eine Piste, die in Richtung der Salzfläche führt. Nach einigen Kilometern müssen wir den vorgegebenen Weg verlassen, da er sich wieder vom Salz entfernt. Ein trockenes Bachbett dient uns als Ersatzpiste. Der Boden ist zum Teil sehr weich und immer wieder brechen die Maschinen aus. Da hilft nur eines, den Gashahn aufmachen, denn bei höheren Geschwindigkeiten liegen die Kisten stabiler in der Spur. Irgendwie kommen wir unserem Ziel nur langsam näher. Die Entfernung stellt sich als weiter heraus, als wir von der Straße aus abgeschätzt hatten. Fast zehn Kilometer müssen wir abspulen, bis wir endlich auf der weißen Ebene stehen. Weit wollen wir aber nicht hineinfahren, denn der Untergrund wird immer weicher. Wir wollen vermeiden irgendwo einzusinken und Probleme mit der Bergung zu haben. Um uns herum laufen einige Dromedare und knabbern am spärlichen Bewuchs, der sich hartnäckig gegen die widrigen Bedingungen behauptet. Das Thermometer zeigt 42°C an, die weiße Fläche reflektiert die Wärme und das Licht zusätzlich. Da schwitzt man schon beim Nichtstun. Gierig saugen wir an den Schläuchen unserer Trinkrucksäcke. Das warme Wasser will aber nicht so richtig schmecken. Nach einiger Zeit auf der gleißenden Fläche ist uns so heiß, dass wir lieber wieder zur Straße zurück fahren. Einige Kilometer taucht ein weiterer Confluence-Punkt auf den Displays unserer GPS-Geräte auf. Er muss irgendwo zwischen der Ortschaft vor uns und dem Bergrücken dahinter liegen. Wir durchqueren das Dorf und finden einen kleinen Pfad, der in die Hügel vor dem Bergrücken führt. Der Boden besteht aus einer Sandkruste und ist mit großen Steinen übersät. Beim Befahren bricht die Kruste ein und die Reifen wühlen im lockeren, mit Steinen durchsetzten Sand. Wir müssen einige steile Auf- und Abfahrten überwinden. 30 Meter vor dem Punkt will ich wieder eine steile Auffahrt hinauf. Doch genau in der Senke vor dem Anstieg, das Vorderrad ist schon auf dem Hang, greift mein Straßenpneu nicht so recht im lockeren Boden. Weil ich in der Situation nicht mit den Füßen auf den Boden komme, kann ich das Gleichgewicht nicht mehr halten und falle um. "SCHEI...!" Aber noch bevor Ralf seine Maschine abgestellt hat, um mir zu helfen, habe ich den Bock wieder aufgestellt. Außer ein paar Kratzern am Koffer und einem in der Klemmung etwas verschobenen Sturzbügel ist nichts passiert. Aber alleine komme ich aus der Senke, in der ich nun stehe, nicht heraus. Der Boden ist zu locker, der Straßenreifen wühlt sich immer nur nach unten. Bevor wir uns weiter quälen, legen wir erst mal eine Verschnaufpause ein und trinken unser warmes Wasser. Dann dokumentieren wir in Ruhe den Confluence-Punkt, der auf N 34° E57° liegt. Dann zerren wir mit vereinten Kräften meine Twin aus dem Loch und müssen, erschöpft durch die Hitze und die Anstrengung abermals pausieren. Um zum Dorf zurück zu fahren, finden wir zwar einen einfacheren, aber trotzdem nicht leichten Weg. Bei einem Lebensmittelladen setzen wir uns in den Schatten und bestellen kalte Fanta. Dazu gibt's natürlich wieder leckere Kekse. Gegen Abend treffen wir in Tabas ein. Schon von weitem sieht man die riesige Moschee, die wir auch gleich für ein paar Fotos ansteuern. Zwei Jungs auf einem Moped führen uns dann zum (angeblich) einzigen Hotel der Stadt. Unser Zimmer ist frisch renoviert, was man leider noch riecht. Das Duschwasser stellt sich als kalt heraus, was aber bei Temperaturen von fast 40°C nicht weiter stört. Während Ralf sich stadtfein macht, richte ich den Sturzbügel und checke die Maschine durch. Nach dem auch ich wieder in einem menschlichen Zustand bin, laufen wir zum Stadtkern. Als wir die zweieinhalb Kilometer hinter uns gebracht haben, sind wir schon lange wieder reif für die Dusche. Aber was soll's, wir sind ja nicht zum Spaß hier ;-) Nach einigen Erfrischungsgetränken finden wir eine Art Restaurant. Mal schauen, was wir hier so bekommen können. Das fleischlose Angebot sieht recht mager aus. Per Zeichensprache bestellen wir in Scheiben geschnittene Tomaten und gebratene Eier. Die Zubereitung dauert eine ganze Weile und als serviert wird, wissen wir auch warum. Die Eier wurden zunächst ohne Schale gekocht und dann auf den Tomatenscheiben gebraten. Das Gericht ist einfach, aber sehr lecker. Muss ich zuhause auch mal ausprobieren. Ein anderer Kunde spricht uns auf englisch an. Er möchte uns zu sich nachhause einladen und wir verabreden uns für 20:00 Uhr. Wir sind pünktlich am Treffpunkt. Als unser "Gastgeber" aber nach fast 20 Minuten Wartezeit noch immer nicht aufgetaucht ist, schlendern wir lieber weiter durch die Straßen. Natürlich finden wir wieder eine Konditorei, in der Ralf sich wieder einen kleinen Vorrat zum Naschen einpacken lässt. Den Weg zum Hotel müssen wir im Dunkeln zurücklegen. Etwas geschafft von der Lauferei und der Hitze, sinken wir erschöpft in unsere Betten. Während Ralf Tee kocht, fahre ich (wohlweislich) in die Stadt um frisches Brot zu kaufen. Der Bäcker freut sich über einen ausländischen Kunden und schenkt mit das Brot. Nach dem Frühstück geht es wieder Richtung Süden weiter. Wir fahren durch die Wüste Lut, eine der heißesten Wüsten der Welt. Die Landschaft wechselt zwischen flachen Steinwüsten und Bergzügen. Eigentlich müssten wir jetzt noch einen Salzsee durchfahren, aber der Straßenverlauf weicht ziemlich von der Landkarte ab, wie auf dem GPS zu erkennen ist. Wir fahren viel weiter östlich und umgehen so die Pfanne. Bei Nayband erreichen wir eine Art Raststation. Eine schmutzige Tankstelle, gegenüber zwei kleine Läden, dazwischen und um die Anlage herum ein Haufen Schrott. Irgendwie erinnert mich das an Hassi Bel Gebbour in Algerien, dort ist es genauso trostlos. Neben einem der Läden ist ein kleiner überdachter Hof. Dort schieben wir die Twins in den Schatten. Solange niemand die Motorräder sieht, haben wir sicher unsere Ruhe. Aber außer ein paar LKW-Fahrer ist im Moment eh niemand da. So sitzen wir eine Weile im Schatten, trinken kalte mit Wasser gemischte Cola und dösen vor uns hin. Nach der Rast durchqueren wir große Sandebenen, die von schroffen Bergrücken eingesäumt sind. Am liebsten würden wir jetzt über diese Ebenen jagen, immer weiter Richtung Horizont. Doch im Gegensatz zur Sahara ist der Sand hier mit Kies durchmischt und trägt nur sehr schlecht. Mehrere Versuche eine Sandtour zu starten schlagen fehl. So lassen wir die Experimente lieber sein und erfreuen uns vom Asphaltband aus an der Wüstenkulisse. Hinter Darband tauchen plötzlich dunkle Wolken auf, es tröpfelt immer wieder mal. Dann setzt sich wieder die Sonne durch, zumindest bis Ravar. Hier zieht sich der Himmel wieder zu und es fängt leicht zu regnen an und das in der Wüste. Jetzt fehlt nur noch, dass der Regen so schlimm wird, dass wir bei der Hitze auch noch die Regenkombi anziehen müssen. Doch wir kommen gerade noch ohne die Gummihaut in Kerman an. Nach einiger Fragerei finden wir auch das im Reiseführer empfohlene Hotel. Zwischen einchecken und Zimmer beziehen liegen über eine Stunde, weil sich andere Gäste über unser auftauchen freuen und wir von unserer Tour erzählen müssen. Wir treffen auch das schweizer Ehepaar wieder, das wir bei den Ausgrabungen in Tus kennen gelernt hatten. Auch eine Reisegruppe aus Frankreich ist im Haus. Eine der Frauen spricht gut deutsch (Ralf findet sie seeeehr nett ;-) ). Abends laufen wir in die Stadt. Zur Abwechslung gibt es Pizza, die allerdings mit einer guten deutsch-italienischen Pizza recht wenig gemeinsam hat, außer dass der Teig unten ist, denn sie ähnelt eher einer Quiche. Die Leute im Lokal sprechen einigermaßen gut englisch, so können wir eine vegetarische Version mit viel Gemüse drauf aushandeln. Weil das Hotel etwas außerhalb der Innenstadt Kermans liegt, fahren wir mit dem Taxi hin. Da es noch relativ früh am Tag ist, finden wir den Bazar noch fast menschenleer vor. So besichtigen wir zuerst die Bibliothek der alten Universität und schauen uns im moderneren Teil der Innenstadt um. Nach dem wir noch ein altes Grabgebäude erkundet haben, machen wir uns auf den Weg in den Bazar. Mittlerweile haben fast alle Läden auf. Von Drogerieartikel bis zu Schafsköpfen, von Klamotten bis zu Süßigkeiten findet man hier alles für den täglichen Bedarf. In einer Seitengasse gibt es ein altes Hamam, dass heute jedoch zu einem Teehaus umgebaut wurde. Als Touristen müssen wir Eintritt bezahlen. Innen gibt es Wasserbecken, die von Tischen und Grünpflanzen umgeben sind. Einige Leute musizieren und singen landestypische Lieder. Im hinteren Teil ist ein Restaurant eingerichtet. Wir sitzen bei unserem Tee, lauschen der Musik und beobachten Menschen. Es herrscht eine tolle Atmosphäre. Am Nachmittag suchen wir die Freitagsmoschee auf und treffen dort wieder die französische Reisegruppe. Viele Touristen gibt es wahrlich nicht, und diese steuern sehr zielgerichtet dieselben Orte und Gebäude an. Auf dem Rückweg laufen wir noch mal durch den Bazar und besichtigen ein weiteres Hamam, das zu einem Museum umgebaut wurde. Etwas kitschig, aber nicht uninteressant. Nach dem Abendessen besuchen wir noch ein Internetcafè und warten dort praktischerweise das Gewitter ab, das gerade über die Stadt zieht. Eigentlich haben wir lange überlegt, ob wir nach Bam fahren sollen. Im Dezember 2003, also 18 Monate zuvor, wurden die Stadt und die Zitadelle von einem Erdbeben zerstört. Über 20.000 Menschen und somit fast die Hälfte der Stadtbevölkerung kamen dabei ums Leben. Der Hotelbesitzer in Kerman empfiehlt uns dorthin zu fahren. Es gäbe ein Zelthotel in der Stadt, in dem wir übernachten können. Auf dem Weg nach Bam machen wir einen Abstecher nach Mahan, zum Mausoleum des Sufimeisters Nureddin Nematollah. Er wanderte lange durch viele Länder und ließ sich hier nieder. Er hatte zahlreiche Anhänger, die ihm nach seinem Tod diesen Grabbau widmeten. Shah Abbas II. ließ das Mausoleum prächtig ausbauen. An einem Seiteneingang rufen uns ein paar Mädchen hinein. In diesem Teil des Gebäudes ist eine Ausstellung des Künstlers Abbas So'ti. Aus dünnem Holz hat er filigrane Gebilde geschnitten. Meist Kalligrafien von Koransuren oder Verehrungen verschiedener Propheten. Zum Abschluss bekommen wir noch Fruchtsäfte und gefüllte Kekse geschenkt, und unsere jungen Führerinnen wollen unbedingt Mailadressen austauschen. Unweit des Mausoleums ist der so genannte Prince Garden. Als wir die Motorräder vor dem Tor abstellen, besteht der Ticketverkäufer darauf, dass wir die Maschinen aus Sicherheitsgründen in den Garten hinein fahren sollen. Nicht nur hinter das Tor, sondern richtig hinein, bis auf die zweite Ebene der stufenförmigen Anlage. Uns ist das natürlich nur recht. Der ganze Garten wird von einem, mit Blumenbeeten eingefassten Bach durchflossen, der über mehrere Kaskaden herabfließt. Auf jeder Stufe ist ein kleiner Teich angelegt. An beiden Seiten führen Treppen hinauf, bis zu einem größeren Gebäude mit einer kleinen Terrasse. Dort gibt es Tee und Kleinigkeiten zu essen. Auch hier sind überall bunte Blumenbeete. Hinter dem Haus stehen Bäume, die einige der uns schon bekannten "Bettgestelle" mit Teppichen und Kissen beschatten. Hier rasten wir etwas und werden von einem der Bediensteten des Restaurants zum Tee eingeladen. Bis jetzt war das Wetter sonnig, der Himmel blau. Während wir nun weiter fahren, verschlechtert es sich immer mehr. Dunkle Wolken und kurze dünne Regenschauer begleiten uns. Trotzdem möchten wir noch zur Zitadelle von Rayen. Diese soll nicht gerade klein sein, dennoch suchen wir lange danach. Wenn man aber in der völlig falschen Richtung sucht, muss der Erfolg ja ausbleiben. Als wir schon fast aufgeben wollen, entdecken wir mehr oder weniger zufällig (ok, wir haben uns durchgefragt) das alte Gemäuer doch noch. Das schlechte Wetter lässt die Mauer, trotz ihrer Zinnen und Türme, nicht unbedingt im besten Licht dastehen. Außer dieser wehrhaften Umfassung gibt es leider auch nichts zu besichtigen, denn alle Tore sind geschlossen. Etwas enttäuscht ziehen wir weiter. Eine dicke Gewitterwolke steht genau über unserer geplanten Fahrtrichtung. Um diese zu umgehen, wollen wir auf einer Piste parallel zur Hauptstraße nach Südosten fahren und an deren Ende wieder zur Hauptverbindung schwenken. Zunächst sind wir über den richtigen Verlauf unschlüssig, vertrauen dann doch dem GPS und versuchen dem Regen zu entfliehen. Die Schotterstrecke ist noch trocken und es staubt ziemlich. Wir fahren oberhalb eines Flusslaufes entlang, der sich durch das Tal schlängelt. Nur selten können wir hinunter sehen, da wir ca. 50 Meter von der Abbruchkante entfernt sind. Doch wir haben momentan andere Sorgen. Der Untergrund hat von Schotter auf Lehm gewechselt. Wenn uns jetzt das Gewitter erwischt, sind wir verloren. Auf dem dann schmierigen Boden können wir unsere schweren Enduros vergessen. Wir legen noch einen Zahn zu und erreichen den Punkt, an dem wir uns ganz nach Osten halten müssen, um die Straße nach bam zu erreichen. Es fängt an zu tröpfeln. So rasch es geht zirkeln wir zwischen den Erdhügeln entlang. Manche Stellen sind schon ziemlich rutschig. Dann endlich erreichen wir das Dorf, in dem unser Weg auf die Asphaltstrecke mündet. Die dunklen Wolken sind fast über uns, Blitze zucken, Donner hallt. Wir geben ordentlich Gas und versuchen dem Inferno zu entkommen Als wir in Bam ankommen, haben wir das Unwetter weit hinter uns gelassen. Wir machen uns auf die Suche nach dem Zelthotel. Viele Häuser sind vom Erdbeben zerstört. Der Wiederaufbau hat bisher nur wenige Fortschritte gemacht. Einige Leute leben in Zelten zwischen den Trümmern, die notdürftig als Wohnungen hergerichtet wurden. Andere Häuser stehen krumm und schief da, als wenn sie jeden Moment einstürzen würden. Der Bazar, wenn man ihn so nennen mag, besteht aus Frachtcontainern, in denen die Leute ihrem Handwerk nachgehen und ihre Waren verkaufen. Ein eher trauriger Anblick. Da wir nirgends das Zelthotel finden, fragen wir immer wieder Passanten danach. Die einen schicken uns nach rechts, andere nach links und wieder andere wissen gar nicht was wir wollen. Immer öfter aber taucht der Name Hotel Anzadi auf. Vielleicht heißt der Laden ja so? OK, übereinstimmend ist zumindest, dass dieses Haus außerhalb von Bam liegt. Nach einigen Kilometern und immer wieder Nachfragen, finden wir endlich das Hotel. Aber kein Zelt ist zu sehen, sondern ein entweder neu gebautes oder frisch renoviertes Haus. Irgendwie will das makellose Gebäude nicht so recht in die noch zum Teil zerstörte Umgebung passen. Der Preis fürs Doppelzimmer passt aber zum äußeren Eindruck und haut uns fast von den Socken, 82 Dollar! Wir haben aber keine andere Wahl. Für Camping ist das Wetter zu schlecht und Alternativen gibt es keine. Wir tragen unser Gepäck aufs "Luxuszimmer" und düsen gleich noch mal los, um uns die Reste der Zitaelle Arg-e Bam anzuschauen. Wir haben im Hotel in Kerman Poster gesehen, wie die Zitadelle früher ausgesehen hatte und im Vergleich dazu, wie sie heute nach dem Erdbeben aussieht. Die Wirklichkeit ist aber noch viel deprimierender. Von der ganzen Anlage ist nur noch ein Schutthaufen übrig. An einigen Stellen erkennen wir Wiederaufbauarbeiten. Aber es wird sicher Jahre dauern, bis wenigstens ein Teil der Altstadt und der Zitadelle den alten Zustand der Anlage erahnen lässt. Inmitten der Lehmtrümmer steht eine Dattelpalme, die Früchte trägt. Ein symbolträchtiges Zeichen für das Leben gerade an diesem Ort. Im Eingangsbereich der Altstadt wird das "alte" neue Stadttor hochgezogen bemerkenswerterweise unter der Leitung einer jungen Architektin. Wichtig ist natürlich, dass die Einwohner ihre Häuser wieder aufbauen können. Aber wir denken, dass der Wiederaufbau der Zitadelle einerseits Arbeitsplätze schafft und andererseits auch wieder Touristen anzieht, die wiederum Arbeitsplätze schaffen und mit ihrem Geld Bam und dessen Einwohner unterstützen. Auf dem Rückweg suchen wir eine Garküche oder Restaurant, um unseren Hunger zu stillen. Wir fragen uns durch, aber scheinbar gibt es so etwas noch nicht. Vielleicht sind wir doch etwas zu früh nach dem Unglück hier aufgetaucht? Doch ein junger Mann kann uns helfen. Er fährt mit seinem Auto vor uns her und führt uns zu einem Restaurant, das früher mal ein großes Hotel gewesen sein muss. Der Eingang, die frühere Hotelhalle, ist aus Stein, der Rest des "Gebäudes" ein großes Zelt. Das vegetarische Angebot ist dünn, wie im ganzen Land, aber für uns ausreichend. Kaum sind wir mit essen fertig, ziehen schon wieder Gewitterwolken auf. Zum Nachtisch kaufen wir noch eine Melone, soviel Zeit muss sein. Dann müssen wir uns aber heftig sputen, um noch trocken ins Hotel zu kommen. Von Bam aus fahren wir zunächst ein Stückchen Richtung Kerman zurück, biegen dann nach Süden ab und halten auf Jiroft zu. Wir müssen einen Bergrücken überwinden und mit zunehmender Höhe, sinkt die Temperatur bis auf kühle 17°C. Beim Abstieg nach Jiroft steigt diese innerhalb einer halben Stunde wieder auf 36°C an, was nicht nur auf die Höhe, sondern auch auf die sich ändernde Klimazone zurückzuführen ist. Beiderseits unseres Weges liegen riesige Felder, meist werden Zwiebel oder Tomaten angebaut. Das müsste eigentlich ein Paradies für uns sein. Hinter den bewirtschafteten Ebenen hat sich abermals ein Gebirge quergelegt, nicht ganz so hoch wie das von heute Morgen. Die Straße ist ein Traum. Wie eine Achterbahn zieht sie sich durch Felsmassive und oasenartigen Ansiedlungen. Zahlreiche Queds kreuzen unseren Weg. Bei den schmalen Bachbetten ist die Straße durchgehend geteert. Sie senkt sich aber steil hinab, um gleich darauf wieder steil anzusteigen. Beim flotten Durchfahren, drehen sich unsere Mägen durch die auftretenden G-Kräfte fast um. Aber es macht uns trotzdem bzw. gerade deswegen tierischen Spaß. Manchmal sind die Queds jedoch so breit, dass die Straße unterbrochen ist und wir durch das kiesige Bett fahren müssen. Zum Glück sind die Wasserstände sehr gering, so dass wir kaum nass werden. In dieser Gegend scheinen Tankstellen knapp zu sein. Immer öfter sehen wir Strohhütten, vor denen Kanister mit Sprit verkauft werden. Ralf hat schon auf Reserve geschaltet, will zum Tanken aber lieber einen Abstecher dach Rudan machen, weil er befürchtet, dass der Sprit vor den Hütten unsauber oder gepanscht ist. An der Tankstelle in Rudan läuft der Schweiß in Strömen. Unser Thermometer zeigt 44,5°C an! Zum Glück ist die Luft trocken, da belastet die Hitze wenigstens nicht noch den Kreislauf. Nachmittags erreichen wir Bandar Abbas. Zunächst fahren wir an den Strand und blicken auf die schicksalhafte Straße von Hormuz hinaus. Sie ist das Nadelöhr, durch dass ein großer Teil unserer fossilen Energie transportiert wird. Hier liegen die amerikanischen Kriegsschiffe, um am potentiellen Krisenherd präsent zu sein und hier haben wir jetzt die schwüle Hitze, vor der selbst die Iraner flüchten. 40°C und nahezu 100 % Luftfeuchtigkeit machen einem das Atmen schwer. Unsere Motorradklamotten sind klitschnass. Ungefähr fünf Minuten haben wir für uns, können etwas durchatmen und versuchen den Ort zu begreifen, an dem wir gerade stehen. Nicht nur geschichtlich oder politisch begreifen, auch geografisch. Denn das ist auch der Wendepunkt unserer Tour. Ab jetzt geht es wieder Richtung Heimat, wenn auch nicht gerade auf direktem Wege. Still stehen wir nebeneinander, dann kommen einige Jugendliche auf uns zu. Sie fragen nach dem üblichen Woher und Wohin, was für Maschinen, wie schnell fahren sie usw. Die Leute sind zwar nicht wirklich aufdringlich, aber wir sind durch die Anstrengungen und die Schwüle etwas genervt. Einige Soldaten sehen den Auflauf um uns und versuchen erfolglos die Jungs wegzuschicken. Dann wiederholen sie alle Fragen, die wir gerade den Umstehenden schon beantwortet haben. Als wir weiter wollen, also eigentlich den gleichen Weg vom Strand weg, den wir auch gekommen sind, sagen uns die Uniformierten, dass wir am Strand entlang fahren und kurz vor der Mole wieder in den Ort müssten. Ok, wenn die Staatsgewalt das so will, dann machen wir das so. Im Sand fahren ist eh eine unserer Passionen. Einige Minuten später stehen wir in einer Sackgasse. Als wenn wir es nicht schon geahnt hätten. Also wieder zum Strand und zur Zufahrt zurück, auf der wir auch gekommen sind. Die Staatsdiener stehen immer noch da und winken uns in die Straße, die wir ursprünglich fahren wollten und von der sie uns weggeschickt hatten, so als ob sie uns vorher gar nichts anderes gesagt hätten ... Jetzt brauchen wir erst einmal eine Erfrischung. Im Schatten eines Hauses trinken wir kaltes Wasser aus dem Laden nebenan. Wie gern würden wir uns jetzt ausziehen und nur in kurzen Hosen daliegen. Dafür aber sind wir im falschen Land. Nach der Pause suchen wir uns ein Hotel. Wir finden eines direkt an der Küstenstraße. Die Motorräder dürfen wir direkt in den Windfang des Eingangsportals stellen. Nach dem bitter notwendigen Duschen, liegen wir matt auf den Betten. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren, um die Schwüle erträglich zu machen. Aus dem klimatisierten Zimmer wollen wir am liebsten gar nicht mehr raus, doch wir wollen uns in der Stadt umsehen und brauchen auch etwas zum Futtern. Kaum haben wir das Hotel verlassen, sind wir schon wieder klatschnass geschwitzt. Das Klima ist echt unangenehm und wir haben noch nicht einmal den klimatischen Höhepunkt erreicht. Das große Restaurant, das Ralf im Vorbeifahren gesehen hatte, entpuppt sich als Fischmarkt. Klar müssen wir da rein schauen und das Angebot bestaunen. In Sachen Abendessen haben wir das übliche Pech. Es gibt nirgends etwas fleischloses. Ralf würde ja wenigstens Fisch essen, aber den mag ich nicht. Ich würde auch etwas Geflügelfleisch zu mir nehmen, aber das mag Ralf nicht. In den Lokalen gibt es entweder Fisch oder Fleisch, aber getrennt wollen wir auch nicht essen. Man kann es uns Touris halt nicht recht machen. So landen wir zuerst in einer Fast Food Pizzeria, wo es zumindest einen winzigen abgepackten Salat gibt und danach in einer indischen Pizzeria, in der wir uns eine fleischlose Pizza bestellen. Diese wird natürlich dann doch mit Fleisch serviert, das wir nach und nach runterpulen. Auf dem Rückweg besuchen wir ein großes modernes Einkaufszentrum. Auf zwei Etagen sind dort Boutiquen, Parfümerien und andere Läden mit Luxusartikeln angeordnet. Das Publikum sieht auch gleich viel betuchter aus, als der durchschnittliche Passant auf der Straße. Direkt um die Ecke gibt es auch ein kleines Lokal, in dem man Wasserpfeifen rauchen und Tee trinken kann. Auf ersteres verzichten wir, aber ein paar Tassen Tee gönnen wir uns zum Abschluss des Tages, zudem es auch ziemlich selten ist, dass es Lokale mit Sitzgelegenheiten im Freien gibt. Morgens um 09:00 Uhr schieben wir die Motorräder aus dem Vorraum des Hotels. Das Thermometer zeigt um diese Zeit schon 32°C an. Wir fahren nach Bandar Pol, um von dort aus zur Insel Qeshm überzusetzen. Unterwegs übersehe ich ein tiefes Schlagloch, die Gabel federt bis zum Anschlag ein. Danach bemerke ich so ein komisches Schleifgeräusch und halte an. Beim tiefen Einfedern hat sich der Kotflügel im Motorschutz verhakt, wurde aus der hinteren Halterung gerissen und dadurch hat sich das Vorderteil des Plastikschutzes auf den Reifen gelegt und hat sich durch die Reibungshitze in Rauch aufgelöst. So ein Mist! Ich richte alles wieder einigermaßen hin, damit wir weiterfahren können. Im kleinen Hafen von Bandar Pol werden wir erstmal zum Zoll geschickt. Zum Zoll müssen wir wohl deshalb, weil Qeshm, genauso wie die Insel Kish, ein zollfreies Gebiet ist. Der Zoll aber schickt uns in den Ort zurück, um Fahrkarten zu kaufen. Warum gibt es die Fahrkarten im Ort und nicht hier im Hafen, wundern wir uns. Als wir gerade wieder auf den Maschinen sitzen, kommt einer der wartenden LKW-Fahrer zu uns und meint, dass wir zuerst die Zollpapiere ausfüllen müssten. Also wieder rein zum Zoll. Die Leute dort haben nicht geschnallt, dass wir mit eigenen Fahrzeugen unterwegs sind. Als wir es ihnen nun klar machen, sagen sie uns, dass wir hier die Zollpapiere nicht erstellen lassen könnten, wir müssten nach Bandar Abbas zum Zoll. Etwas unwirsch donnern wir die 70 Kilometer nach Bandar Abbas zurück. Beim dortigen Zoll steht uns ein Spediteur zur Seite, der gut englisch spricht und unser Anliegen übersetzt. Kein Problem meint er, nach Qeshm übersetzen ist genauso, als wenn man von einer Stadt in eine andere fahre. Lange Diskussionen mit den Schalterbeamten folgen. Wir werden mal hierhin und mal dorthin geschickt. Pässe und Carnets abgeben, unverrichteter Dinge wieder in Empfang nehmen usw. Letztendlich wird aus dem "kein-Problem" ein "könnt-ihr-nicht-ohne-Motorräder-übersetzen?" Das können und wollen wir natürlich nicht. Nach dem ganzen Papieraufwand wissen wir mittlerweile auch nicht, ob unser Visum beim Übersetzen evtl. erlischt und wir auf Qeshm neue beantragen müssten. Die ganze Sache wird zunehmend unübersichtlich und unter Berücksichtigung der noch verbleibenden Urlaubszeit, verzichten wir lieber auf den Besuch der Insel. Wir düsen also Richtung Shiraz weiter und müssen abermals die 70 Kilometer nach Bandar Pol überwinden, da dieser Ort auf dem Weg liegt. Auf unserer Route liegt noch ein Confluence Punkt, den wir gerne dokumentieren wollen. Dazu weichen wir auf eine Nebenstraße aus, die irgendwann in eine staubige Nebenpiste übergeht. Einige Kilometer vor dem Punkt, wird die Strecke recht sandig und ist mit Fech-Fech Löchern gespickt, die denen in der Sahara in nichts nachstehen. Ausgerechnet hier muss ein Einheimischer mit seiner 125er zwischen und neben uns hin und her eiern und versucht dabei uns die üblichen Fragen zu stellen. Dabei haut es mich beinahe auf den Apfel, weil er mir ständig vor das Vorderrad fährt und ich in die Weichsandfelder ausweichen muss. Dann reicht es mir und ich gebe ordentlich Gas. Die 125er verschwindet samt Fahrer in einer riesigen Staubwolke, Ralf hält sich parallel zu mir, damit er nicht so viel von dem Staub schlucken muss. Nach ein paar hundert Metern haben wir den Mann dann abgeschüttelt. Natürlich hatte er es nicht böse gemeint und war sich der Gefährlichkeit der Situation nicht bewusst. Unser Ziel liegt nun einen knappen Kilometer seitlich unserer Piste. Wir suchen eine möglichst nicht zu schwierige Möglichkeit, um dort hin zu kommen und finden ein trockenes Bachbett, das zufällig in die ungefähre Richtung führt. Die "Kiesbahn" lässt sich sogar leichter fahren, als die bisherige Piste. Trotzdem fließt der Schweiß in Strömen. Hatten wir bisher eine durchschnittliche Temperatur von ca. 42°C, so zeigt unser Thermometer auf dieser Ebene nun stolze 47,5°C an. Die letzten 150 Meter bis zum Punkt legen wir zu Fuß zurück. Dazu ziehen wir allerdings unsere Motorradklamotten aus, zumindest die oberhalb der Gürtellinie. Zur Sicherheit nehmen wir aber unsere Trinkrucksäcke mit. Jeder Schritt ist eine Qual und wir trinken auf dieser Strecke mehr Wasser, als auf den gesamten Kilometern zuvor, die wir auf den Moppeds sitzend bewältigt haben. Alles läuft wie in Zeitlupe ab, die Bewegungen sind langsam, die Köpfe rot vor Anstrengung. Endlich haben wir alles dokumentiert und sitzen wieder auf unseren Stahlrössern. Ein paar Kilometer weiter, verlassen wir die Ebene und die Temperatur pendelt sich wieder auf "kühle" 41°C ein. Die Landschaft ist nun sehr Abwechselungsreich, Berge, Steppe und wüstenartige Sandflächen wechseln sich ab. Immer wieder treffen wir auf kegelförmige Gebäude, die mal einzeln und mal in Gruppen unweit der Piste stehen und deren Zweck wir noch nicht verstanden haben. Die Piste scheint kein Ende zu nehmen. Obwohl die Strecke nicht wirklich schwierig ist und die Landschaft uns sehr beeindruckt, hat Ralf langsam genug davon. Er hat kaum noch Wasser und langsam schwinden seine Kräfte. Mir macht die Schotterstrecke Spaß, auch wenn ich in Ralfs Staubfahne hänge. An einem der Betonkegel legen wir eine Rast ein. Nun können wir auch erkunden, was das für Gebäude sind. Wir schieben uns durch eine von vier gegenüberliegenden Öffnungen die die Form gotischer Bögen haben und staunen nicht schlecht. Die Gebäude sind Wasserspeicher. Mit einem Stein versuchen wir die Tiefe der überdachten Wasserbecken zu ergründen. Nach ca. drei Metern können wir ihn nicht mehr sehen, also müssen die Becken mindestens diese Tiefe haben. Das Wasser selbst schimmert grünlich und einige tote Insekten schwimmen darauf herum. Ralf verzichtet verständlicherweise darauf, seine Wasservorräte hier aufzufüllen. Leider haben wir auch nicht unseren Keramik-Wasserfilter dabei, mit dem wir auf früheren Reisen das Brunnenwasser in der Sahara aufbereitet hatten. Nun gut, so eng sieht unser Wasserproblem noch nicht aus, ich habe ja auch noch etwas Reserve dabei und so lange kann die Piste auch nicht mehr sein. Zwanzig Kilometer später ist die Piste zu Ende. Wir erreichen die Asphaltstraße genau an einer Polizeistation. Wir glauben zu träumen, direkt am Tor der Station steht ein Getränkespender mit einem Durchlaufkühler, ist das eine Fata Morgana? Nein, der Spender ist tatsächlich da. Wir waschen unsere Gesichter und trinken von dem herrlich kühlen Nass. Die Polizisten stehen um uns herum und verstehen anscheinend unseren Durst nicht. Sie wollen nicht mal unsere Pässe sehen. Frisch gestärkt setzen wir unseren Weg fort und genießen das hingleiten auf dem nun glatten Untergrund der Straße. Bis Lar sind es noch ca. 150 Kilometer und die Sonne neigt sich schon ziemlich dem Horizont zu. Ralf fährt voraus und bestimmt das forsche Tempo. Wir wollen noch vor Dunkelheit die Stadt erreichen. Dank des geringen Verkehrsaufkommens schaffen wir unser Vorhaben. Da wir auf Anhieb kein Hotel finden, halten wir einen Jungen auf seinem Moped an und fragen ihn. Er spricht passabel Englisch und führt uns gerne hin. Zudem übersetzt er auch beim Hotelpersonal und sorgt dafür, dass wir unsere Maschinen im gegenüberliegenden abgeschlossenen Hof abstellen können. Für seine Arbeit will er nicht mal ein Trinkgeld annehmen. Nach dem Duschen machen wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem. Wie gewohnt finden wir nichts, was unserem "Geschmack" entspricht. Also kaufen wir bei den Gemüsehändlern und beim Bäcker ein und bereiten uns das Abendessen auf dem Zimmer zu. Der gleiche Junge, der uns gestern zum Hotel geführt hatte, bringt uns heute Morgen auch wieder aus der Stadt heraus. Das kann doch kein Zufall sein, dass er bei unserer Abfahrt vor dem Hotel steht? Im Gegensatz zur gestrigen Strecke erfolgt die Fahrt nach Shiraz ohne besondere Höhepunkte, einfach nur Kilometer abspulen. Obwohl wir einen Stadtplan und die Adresse des Hotels unserer Wahl haben, müssen wir doch eine Weile suchen und uns durchfragen. Schließlich erreichen wir unser Ziel und bekommen ein schönes Zimmer unweit des Stadtkerns, die Motorräder parken sicher in der Tiefgarage. Der Portier ist ein Motorrad- und Reisefan und kennt die sogar die einschlägigen Reiseforen im Internet, z. B. Horizons Unlimited usw. Hier sind wir sicher gut aufgehoben. Bei einem ersten Stadtbummel besuchen wir die Zitadelle von Shiraz und laufen danach durch den Bazar. Hier trauen wir uns das erste Mal wieder an Bananenmilch heran, nach dem wir im Mashhad doch etwas Magenprobleme bekamen. Wir finden auch leckere süße Kringel und besuchen eine Teestube. Der Weg zurück zum Hotel führt durch Gassen mit zahllosen Geschäften. Meist wird Kleidung angeboten, aber auch allerlei Schnickschnack. Um 10:00 Uhr heute Morgen sind wir mit Pake und Mustafa verabredet. Pake und sein Bruder Xerxes waren seinerzeit in der gleichen Studentenverbindung wie Ralfs Vater. Xerxes lebt noch heute in Deutschland, Pake hat eine Zahnarztpraxis in Shiraz. Mustafa ist ein weiterer Bruder und lebt auch in Shiraz. Die beiden fahren uns durch die Stadt und zeigen uns einige der Sehenswürdigkeiten. Wir besichtigen die Gräber von Sa'di und Hafiz, beides berühmte Dichter im Iran und das Korantor, ein altes Stadttor, das nur noch als Denkmal da steht. Die neue Einfallstraße ist viel zu breit für das Tor und führt nun daran vorbei in den Ort hinein. Zwischendurch essen wir Falude, eine Eisspezialität die unter anderem aus Reismehl besteht. Früher gab es diese Besonderheit nur in Shiraz, heute jedoch ist sie auch in anderen Städten zu finden. Mittags haben die Geschäfte zu, deshalb verabreden uns mit unseren iranischen Freunden für den Abend, an dem sie uns zum Essen einladen wollen und legen ein kleines Mittagsschläfchen ein. Nach dem Nickerchen besuchen wir noch mal den Basar und diverse Moscheen. Bei einem Objektivwechsel vor einer Moschee fällt mir dann tatsächlich die Kamera herunter, die ich ausnahmsweise mal nicht mit dem Trageriemen um den Hals hatte. Dabei zerbricht mein nagelneues Objektiv. Ich könnte "sonst was" schreien vor lauter Ärger. Letztes Jahr zerbrach mein Gehäuse, damals hatte ich nur eines dabei und konnte den Rest der Reise nicht mehr fotografieren. Dieses Mal habe ich drei Gehäuse dabei und mir zerbricht ein Objektiv. Zum Glück habe ich auch da vorgesorgt und habe mehrere Objektive dabei, so dass ich wenigstens noch weiter fotografieren kann. Abends führen uns Pake und Mustafa ins Hamam Vakil zum Essen aus. Das ehemalige Badehaus wurde zu einem schicken Restaurant umgebaut. Hier treffen wir auch auf viele Touristen, meist Reisegruppen, aus aller Welt. Nach dem leckeren Essen, hier gibt es auch etwas für Vegetarier, fahren wir noch mal zum Korantor hinaus. Hier treffen sich abends die Jugendlichen, aber auch ganze Familien und flanieren die Anlage entlang. An dieser Stelle weht immer ein kühler Wind und es plätschern künstlich angelegte Bäche den Hang hinunter, die für eine zusätzliche Abkühlung sorgen. Nach dem uns unsere beiden Gastgeber zum Hotel zurück gebracht haben, gehen wir noch rasch in die Tiefgarage hinunter. Bevor wir uns verabschieden, wollen Pake und Mustafa sich unsere Maschinen anschauen. Ungläubig sitzen sie zur Probe darauf und können sich nicht vorstellen, dass wir damit tatsächlich die weite Strecke von Deutschland bis hierher gefahren sind. Unweit von Shiraz stehen die Ruinen von Persepolis, einer Palastanlage der achämenidischen Herrscher. Die einzelnen Paläste wurden in der Regierungszeit von Darius, Xerxes und Artaxerxes in den Jahren 522 bis 423 v. Chr. gebaut. Dorthin wollten Ralf und ich wir schon immer mal fahren. Doch vor Ort sind wir ein klein wenig enttäuscht. Irgendwie haben wir uns das alles etwas größer und gigantischer vorgestellt. Klar, die Reste der Bauten sind sehr beeindruckend und wir staunen über die Kunstfertigkeit der Handwerker von damals, aber irgendwie kommt uns die Anlage recht klein vor, im Vergleich zu unseren Vorstellungen. Wir trösten uns damit, dass unsere Vorstellung uns einen Streich gespielt hat und genießen dann doch die Sehenswürdigkeiten. Der Besuch hat sich für uns trotzdem auf jeden Fall gelohnt. Ein paar Kilometer weiter besuchen wir noch die Felsgräber von Naqsh-e Rostam. Eine große Grabanlage, mit vier kreuzförmigen Grabfassaden an der Front einer Felswand und vielen Gräbern im Berg dahinter. Unweit der Grabanlage besuchen wir einen weiteren Confluence Punkt. Diesmal liegt er recht einfach mitten auf der Straße in einem Dorf. Das "recht einfach" bezieht sich allerdings nur auf das Auffinden und Hinkommen. Kaum stehen wir da, sind wir schon von lauter Leuten umringt. Jetzt erkläre mal einer (ohne eine gemeinsame Sprache) diesen Menschen, was wir da machen. Wir fotografieren komische elektronische Geräte und alle vier Himmelsrichtungen im Dorf. Mir würde als erstes in den Sinn kommen, dass wir Spione seien und Ziele für die Amerikaner ausbaldowern. Aber die Leute sind freundlich und zurückhaltend. Mit der Landkarte versuche ich die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, damit Ralf in Ruhe arbeiten kann. Dann verabschieden wir uns freundlich und die Menge winkt uns noch lange nach. Am Nachmittag wird das Wetter schlechter. Dunkle Wolken ziehen auf und es fängt an zu donnern. Als der erste Regenschauer runterprasselt, flüchten wir in eine Art große Garage, in der jemand eine kleine Werkstatt eingerichtet hat. Wir fragen, ob wir den Gewitterschauer dort abwarten dürften und werden herzlich unter das Dach eingeladen. Während wir frierend in der Garage stehen, prasselt es nur so herunter. Regen, Hagel, kleine Hunde, alles was der Himmel so hergibt. Nach einer halben Stunde scheint sich das Unwetter halbwegs verzogen zu haben und wir fahren weiter. Doch nur wenige Minuten später kommt die nächste Ladung herunter. Wir stellen die Maschinen schnell unter das Vordach eines Lebensmittelladens und flüchten in den Verkaufsraum. Dort steht ein kleiner Tisch mit Stühlen, genau richtig für uns. Der Ladenbesitzer kocht uns einen Tee und wir kaufen noch einige Kekse dazu. So warten wir im Trockenen auf das Ende von Schauer II. Schon bald sind wir wieder auf der Landstrasse. Wir durchqueren eine Halbwüste, die von Bergrücken flankiert wird. Bei Eqlid müssen wir Richtung Nordost abbiegen und kommen in ein neues Tal. Am Horizont vor uns künden dunkle Wolken von einem weiteren Regenguss. Wir nutzen die Situation, um einen kleinen Abstecher nach Süden zu machen und einen weiteren Confluence Punkt zu besuchen. Dieser liegt auf einer Ebene zwischen einigen Hügeln. Um dorthin zu gelangen, nutzen wir wieder ein trockenes Bachbett als Piste, dem wir bis in die Hügel hinauf folgen. Dann geht es noch ein paar Meter querfeldein weiter und wir haben den Punkt. Auf dem Rückweg zur Straße ist der Schauer inzwischen schon fast vorüber gezogen. Um auch nicht von den letzten Ausläufern noch erwischt zu werden, bleiben wir zunächst in sicherer Entfernung auf einer Piste parallel zur Straße, bevor wir wieder "gefahrlos" auf das Teerband wechseln können. Wieder auf der Straße gibt mir Ralf Zeichen, dass sein Tank unbedingt Nachschub braucht, doch es will einfach keine Tankstelle kommen. Zur Not könnte ich zwar aus meinem Tank etwas abzweigen, doch wir wollen uns nicht lange aufhalten, da der Himmel kurz vor Yast abermals richtig schwarz wird. Dann kommt endlich die ersehnte Zapfsäule. In Ralfs 23 Liter Tank laufen 22,7 Liter rein, das war höchste Eisenbahn. Beim Tanken überlegen wir, ob wir auch gleich die Regenkluft überziehen sollen. Aber bei knapp 40°C wäre das sicher sehr unangenehm, weshalb Ralf lieber das Risiko eingehen will etwas nass zu werden. Zum Glück hat Ralf richtig gepokert, auf der Weiterfahrt nach Yazd hält der Himmel seine Pforten geschlossen und wir kommen trocken an. In Yazd sind unsere "Wunschhotels" entweder ausgebucht oder sie haben keinen sicheren Platz für die Motorräder. So müssen wir außerhalb des Stadtkerns mit dem etwas überteuerten Tourist Inn vorlieb nehmen. Bevor wir uns stadtfein machen, sehen wir noch die Maschinen durch. Ölstand, Kette, Reifen, Bremsen usw., das Übliche halt. Außerdem klebe ich das durchgescheuerte Loch im vorderen Kotflügel mit Gewebeband zu. Zum einen fummelt jeder daran herum und will wissen was da passiert ist, zum anderen spritzte das Wasser der nassen Straße durch die Öffnung ungünstig nach oben und verschmutzte ständig mein Visier. Nach der Arbeit fahren wir mit dem Taxi in die Stadt und schauen uns dort etwas um. Schließlich landen wir in einer Pizzeria, in der wir tatsächlich Salat und fleischlose Pizza bekommen. Nach dem Essen werden wir vor dem Lokal von zwei Frauen angesprochen, Sie fragen woher wir kämen und freuen sich, als sie Deutschland hören. Der Onkel des einen Mädchens würde in Nürnberg arbeiten und sie wolle uns gerne zu sich nachhause einladen. Obwohl das Angebot sicher nett und ehrenhaft gemeint ist, lehnen Ralf und ich das Angebot lieber ab. Uns ist die Sache nicht ganz geheuer. Die beiden Mädels sind sichtlich enttäuscht, aber wir wollen lieber kein Risiko eingehen, den Sittenwächtern irgendwie aufzufallen. Da wir gestern erst spät in Yazd angekommen sind, wollen wir den Vormittag für einen Stadtbummel bei Tageslicht nutzen. Wir besuchen die Freitagsmoschee, schlendern durch die Altstadt und bleiben lange im Hotel Silk Road hängen. Dieses Hotel ist ein netter Travellertreff mit gemütlichem Ambiente. Hier treffen wir wieder auf Chris aus Schweden, den wir schon in Maku getroffen hatten. Außerdem plaudern wir mit einem Pärchen aus Irland, die mit ihrem alten Ford Transit gerade aus Indien gekommen sind und mit Nicole aus München, die ganz alleine durch den Iran reist. Schade, dass wir gestern nicht hier untergekommen sind. Gegen Mittag fahren wir nach Isfahan weiter. Die Schnellstraße verläuft recht unspektakulär am Rande der großen Salzwüste entlang. Mittendrin kommen wir an eine große Raststätte, an der Hauptsächlich Lastwagenfahrer eine Pause einlegen. Wir tanken die Maschinen auf und versüßen die Rast im Schatten eines kleinen Geschäftes mit leckeren Keksen. Als uns der Lärm und der Gestank zu viel wird, setzen wir unseren Weg fort. In Isfahan suchen und finden wir das von Nicole empfohlene Hotel Persia. Im Nachhinein war das kein besonders guter Griff. Das Zimmer war winzig und nicht gerade sauber, die Maschinen mussten etwas entfernt in einem Hof teuer abgestellt werden. Aber was soll's, wir hocken ja nicht den ganzen Tag im Zimmer herum. Am Abend marschieren wir zum Meydan-e Imam, dem berühmten Hauptplatz von Isfahan, gar nicht so leicht sich im Dunkeln zurecht zu finden. Auf dem Platz ist die Hölle los. Überall Menschen die Picknick machen, überall knatternde Mopeds. Irgendwie haben wir uns das etwas anders vorgestellt. Doch es ist Freitag, praktisch der Sonntag der Muslime, und die Leute verbringen ihren freien Tag inmitten der Grünanlage auf dem Platz und genießen die Kühle der Springbrunnen. Wir bahnen uns einen Weg durch die Massen und schauen uns überall um. Der Platz ist umsäumt von zahlreichen Souvenirgeschäften, in denen Teppiche, Bildminiaturen, bunte Tücher und vieles mehr angeboten werden. An der südlichen Stirnseite steht die große Moschee Masdjed-e Imam. Unser heutiges Interesse aber gilt mehr der Lotfollah Moschee, an der Ostseite des Platzes. Direkt daneben gibt es ein nettes Restaurant, von dessen Tischen im ersten Stock aus man einen schönen Blick auf die beleuchtete Kuppel der Moschee hat. Hier bekommen wir sogar ein halbwegs vegetarisches Essen (Auberginenbrei, Reis, Salat und Brot) zu vernünftigen Preisen. Einzig die Sitzgelegenheiten sind bei längerem Verweilen etwas gewöhnungsbedürftig. Hier stehen die schon erwähnten "Bettgestelle", die Tisch und Stuhl in einem Stück bilden. Wenn man eine Weile im Schneidersitz vor seinem Essen sitzt, schlafen einem recht bald die Beine ein. Am Morgen laufen wir wieder zum großen Platz und sind schon sehr gespannt, wie es dort im Hellen aussieht. Ralf hat eine Abkürzung ausgearbeitet und geht mit Stadtplan und GPS vorneweg. Natürlich verlaufen wir uns ;-) und kommen erst relativ spät am Platz an. Im Gegensatz zu gestern Abend ist es heute sehr ruhig und es sind nicht viele Leute zu sehen. Eigentlich wollten wir wieder im Restaurant an der Kuppel frühstücken, aber der Laden macht erst mittags auf. Etwas enttäuscht ziehen wir weiter Richtung Flussufer. Über den Fluss Zayandeh Rud, was übersetzt "der lebensspendende Fluss" heißt, führen einige Brücken, von denen zwei sehr sehenswert sind. Die Brücke Si-o Se Pol hat 33 Bögen, die auf großen Steinquadern ruhen. Am nördlichen Kopf befindet sich ein uriges Café, das teilweise unter den ersten beiden Bögen angeordnet ist. Wir suchen uns dort ein schattiges Plätzchen und bestellen Tee. Die anderen Gäste bevorzugen meist eine Wasserpfeife, auch die Frauen. Nach der Pause überqueren wir die Brücke und laufen durch den Park am anderen Ufer zur nächsten Brücke. Die Pol-e Choubi verläuft schräg über den Fluss, sieht für uns aber nicht besonders spektakulär aus. Da gefällt uns die Pol-e Khadjou, angeblich die schönste Brücke Isfahans, schon viel besser. Diese Brücke ist wie ein Staudamm aufgebaut, über Schleusen lässt sich der Wasserstand flussaufwärts regulieren. Über spezielle Kanäle kann Wasser für die Gärten abgezweigt werden. An den Brückenköpfen sowie in der Mitte der Brücke sind Pavillons angebracht, die gerade renoviert werden. Auf der flussabwärts gerichteten Seite führen Treppen zum Wasser hinunter, dort sitzen einige Leute beim Angeln, während andere ihnen zuschauen oder ihre Füße im kühlen Nass baden. Bemerkenswert dabei ist, dass die Männer ihre nackten Füße baden, die Frauen aber ihre Strümpfe anbehalten. Wieder auf der Nordseite angekommen, brauchen wir nach dem anstrengenden Marsch eine Pause und etwas kühles zu trinken. Wir finden ein Lokal, das ausnahmsweise ein paar Stühle und Tische im Freien aufgestellt hat und lassen uns dort nieder. Nach dem der Durst gelöscht ist, fahren wir mit einem Taxi zurück, um uns den langen Rückmarsch zu sparen. Wir lassen uns gleich zur Freitagsmoschee bringen, die wir auf jeden Fall noch besichtigen wollen. Ralf liest aus dem Reiseführer vor, der über die interessanten Einzelheiten des Gotteshauses informiert. Nach der Besichtigung gehen wir durch den Bazar zum Platz zurück. Der Weg ist, trotz des Planes im Reiseführer, nicht einfach zu finden. So irren wir eine Weile durch die engen Gewölbe. Ab und zu müssen wir vor den flott daher knatternden Mopeds flüchten. Als wir endlich am Platz ankommen, ist es lichtmäßig fast schon zu spät. Vom oberen Stockwerk des Eingangspalastes aus erhaschen wir noch rasch einen Blick über den Platz in der untergehenden Sonne. Danach hetzen wir noch schnell in die große Imam Moschee, deren farbenfrohe Kacheln leider schon im Schatten liegen. Trotzdem sind wir von dem großen Bauwerk beeindruckt. Da wir nun schon mal da sind, gehen wir wieder im gleichen Restaurant wie gestern essen. Unsere Tischnachbarn sind ein junger Engländer und zwei iranische Studenten, mit denen wir ins Gespräch kommen. Letztere erklären die Speisen die der Engländer zu sich nimmt (manche Leute essen einfach alles ;-) ), wir sind ja vegetarisch unterwegs und da gibt es nicht viel zu erklären ... Es ist gar nicht so einfach den Weg aus Isfahan hinaus zu finden, zumindest, wenn man in eine ganz bestimmte Richtung will. Vorbei an den Ausläufern des Zagros Gebirges, fahren wir über eine Hochebene Richtung Nordwesten. Es herrscht nur ein geringes Verkehrsaufkommen, wir kommen gut vorwärts, zumindest bis Khorramabad. Dort ist es genau umgekehrt. Stoßstange an Stoßstange wälzt sich der Verkehr wie ein träger Lavastrom durch die Stadt. Unsere Kühlerventilatoren laufen pausenlos, mir schmerzt die Kupplungshand vom Stopp-and-Go Verkehr. Irgendwann haben wir es dann endlich geschafft und haben das Nadelöhr bezwungen. Die Straße gehört nun wieder uns, Gaaas ... Immer häufiger stehen auch irakische Städte auf den Hinweistafeln am Straßenrand. Sind wir wirklich schon so nah an der Grenze? Irgendwie ist uns etwas unwohl bei dem Gedanken. Wir machen hier locker Urlaub und da drüben schlagen sie sich die Köpfe ein. Eine frisch geteerte Straße bringt uns wieder auf andere Gedanken. Der Teer ist so frisch, dass er von den Reifen über die ganze Maschine verteilt wird. Alles ist schwarz und klebrig. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir nicht wegschmieren. Kurz darauf kommt dann noch ein Überzug aus feinem braunen Staub darüber. Wir fühlen uns wie geteert und gefedert. Bald erreichen wir unser heutiges Etappenziel Kermanshah. Wir irren ein wenig durch die Stadt und fragen uns nach und nach zum Hotel durch. Der Portier empfängt uns freundlich, die Maschinen fahren wir durch die Lobby bis in den Speisesaal, wo wir sie abstellen sollen. Nach dem alles steht und wir unser Gepäck abgehalftert haben, sieht es recht wüst um die Motorräder herum aus. Überall liegen kleine Steinchen und Teerbröckchen herum. Etwas mürrisch kommt ein Alter mit einem Besen zu uns, schulterzuckend lächeln wir ihn an. Er brabbelt etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und fegt so gut es geht des Dreck weg. Dann überwiegt seine Neugier für die Enduros und tätschelt lächelnd und anerkennend über die Tanks. Von innen sieht unsere Herberge lange nicht so gut aus, wie von außen. Das Zimmer ist klein, das Fenster führt zum ca. drei Meter breiten Hinterhof raus. Allein sind wir auch nicht, im "Badezimmer" wohnen noch zwei Kakerlaken. Momentan ist auch kein Strom da. Wir duschen im Halbdunkel, packen unsere Sachen einigermaßen ungeziefersicher weg und machen uns auf den Weg in die Stadt. Die Medina ist gerade mal um die Ecke. Viele Leute schieben sich und uns hier durch. Bei einem Saftladen scheren wir aus dem Strom aus und stellen uns an der Theke an. Wir bestellen zur Abwechslung Melonensaft. Ein weiterer Gast spricht etwas englisch und stellt uns die üblichen Fragen. Er ist so begeistert, dass er uns gleich einlädt und unserer Getränke bezahlt. Schließlich spricht das ganze Lokal über uns, die Leute nicken uns alle freundlich zu. Die Bevölkerung hier besteht zum Großteil aus Kurden, die sehr aufgeschlossen sind und die iranischen Vorgaben vielleicht nicht so streng sehen, wie im restlichen Land (Isfahan mal ausgenommen). Die meisten Frauen tragen bunte Kleidung und die Kopftücher nicht ganz so weit ins Gesicht gezogen. Aber unser Versuch ein Restaurant mit vegetarischem Angebot zu finden scheitert auch hier. So kaufen wir wieder unser übliches Gemüse ein. Der Bäcker hat eigentlich schon zu, aber er steht noch vor seiner Backstube. Er ist so nett und zaubert noch ein paar Brotfladen hervor, die er uns sogar schenkt. Im Hotel funktioniert das Licht wieder, so können wir unser Essen nicht nur schmecken, sondern auch sehen. Natürlich hat Ralf nach dem Salat noch Hunger und braucht noch etwas Nachtisch. Wir suchen uns wieder einen Saftladen und lassen uns wieder einen Melonensaft mixen. Dazu gibt es, nur für Ralf, noch ein paar zuckersüße Kalorienbomben. Mir sind die Sachen einfach zu süß und ich weiß nicht, wie Ralf das Zeug herunter bekommt. Das Frühstück im Hotel ist glücklicherweise besser als das Zimmer es vermuten lässt. Gebratene Eier, Brot, (abgelaufene) Butter, Marmelade, Schafskäse und Oliven. Neben dem Tisch stehen unsere Zweiräder und scharren schon mit den "Hufen". Nach dem alles gepackt ist, rollen wir unter den Blicken zahlreicher Passanten aus dem Hotel heraus. Bevor wir uns Richtung Norden aufmachen, wollen wir noch die Grotten von Taq-e Bostan anschauen, die in den Bergen am Stadtrand von Kermanshah zu finden sind. Der Weg endet auf einem Parkplatz. Hier müssten wir nun die Maschinen abstellen und ein ganzes Stück zu Fuß weiter. Da wir unsere Motorräder mit dem ganzen Gepäck nicht unbewacht stehen lassen wollen und auch keine Lust haben, in den Motorradklamotten kilometerweit zu laufen, verzichten wir auf die Besichtigung. Wenn wir das vorher gewusst hätten, wären wir gestern Nachmittag mit dem Taxi hergefahren. Nun geht es direkt nach Norden weiter. In Sanandaj legen wir eine Teepause in einem Café am Straßenrand ein. Doch richtig genießen können wir sie nicht. Die Leute dort scharen sich dicht um uns und sind uns etwas zu aufdringlich. Ein Stück weiter, biegen wir nach Osten, Richtung Bijar ab und halten uns grob Richtung Zanjan. Bei Yengi Kand führt etwas unvermittelt eine kleine Straße nach Norden und führt durch ein Gebiet mit braunen Hügeln und grünen Grasflächen. Diese Gegend ist uns in Yazd vom Schweden Chris empfohlen worden. Leider haben sich Gewitterwolken zusammengezogen, aber noch ist es trocken. Die Temperatur ist auf sehr kühle 17°C gefallen und wir frieren. Doch wir steigen immer weiter die Berge hinauf, wenden uns dann wieder nach Westen und erreichen nach einer Art Passüberquerung den Takht-e Soleyman. Die alte Kultstätte liegt auf etwa 2.000 Meter Höhe und ist von einer Befestigungsmauer umgeben. Zentrum des "Throns des Salomon" ist ein ca. 65 Meter tiefer See auf dem Berggipfel, der von einem unterirdischen Zufluss gespeist wird und über zwei oberirdische Abflüsse sein Wasser in die Umgebung abgibt. Rundherum stehen einige Ruinen, die teilweise renoviert werden. Da es nun langsam zu tröpfeln anfängt, beeilen wir uns nach Takab zu kommen. Wir nehmen ein Zimmer im einzigen Hotel des Ortes. Dem Wirt ist dieser Umstand wohl bewusst, was sich im Preis deutlich niederschlägt. Wenigstens stehen die Maschinen gut abgeschlossen im Hinterhof. Da wir nicht wissen, was uns der Hotelier für das Abendessen abknöpfen will, schauen wir uns zunächst im Ort nach einem Restaurant um. Aber wenn wir schon in größeren Orten nichts rechtes gefunden haben, warum dann hier in diesem "Kaff"? Egal, etwas umschauen wollen wir uns sowieso. Der Geruch einer Bäckerei zieht uns an. Wir stellen uns in die wartende Menge und schauen den Handwerkern beim zubereiten des Teiges zu. Als der Teig fertig und portionsweise aufgeteilt ist, werden aus den Kugeln Fladen geformt und auf ein großes Brett gelegt. Jetzt machen die "Gesellen" Pause und der "Meister" schiebt einen Fladen nach dem anderen in den vorgeheizten Ofen. Die beiden Bäckergehilfen sitzen direkt hinter der Scheibe, an der wir warten und zuschauen. Per Handzeichen fragen sie, wie viel Brot wir wollen. Wir zeigen mit den Fingern drei Fladen. Als die ersten Brote fertig sind, werden wir fast als erste bedient. Während wir zum Hotel zurückgehen, stürzen wir uns schon auf den ersten warmen Fladen, mmhh, schmeckt das gut. Im Hotel fragen wir dann nach dem Abendessen und erklären, dass wir kein Fleisch essen. Wir bekommen Reis und Ei angeboten sowie etwas Salat, das Ganze zu einem akzeptablen Preis. Ok, das nehmen wir. Da die Zubereitung ungefähr einen Stunde dauern soll, ziehen wir uns aufs Zimmer zurück und stürzen uns auf die anderen zwei Fladen. Beim Essen erzählt uns der Hotelchef, dass er Bergsteiger sei. Er habe sich ein Zelt gekauft, wisse aber nicht, wie es aufgebaut werde. Ralf erklärt sich bereit, es ihm zu zeigen. Nach dem Abendessen baut er mitten im Eingangsbereich rasch das Zelt auf. Der Chef ist verblüfft und erfreut zugleich, wie schnell das geht. Nach einer ganzen Weile weiterer Plauderei sind wir müde geworden. Mit der Hoffnung auf besseres Wetter (inshallah) entlässt uns der Chef (endlich) ins Bett. Der Morgen bringt tatsächlich schönes Wetter. Nur die Temperaturen sind noch etwas kühl. Durch eine tolle Berglandschaft klettern wir auf über 2.200 Meter Höhe und fallen dann langsam immer tiefer hinunter, bis wir den Orumiyehsee erreichen. Etwas westlich von Miyandoab gibt es noch einen Confluence Punkt, den wir noch mitnehmen wollen. Zuvor müssen wir aber noch etwas Öl für unsere Motoren kaufen. Gar nicht so einfach, die richtige Qualität zu finden, da die Einheimischen wohl hauptsächlich auf Billigmaterial der Qualität API SB-CB zurückgreifen. Bei der dritten Anlaufstelle werden wir fündig und bekommen Öl in heimischer Qualität. Frisch beölt folgen wir dem Lauf des Zarrineh Rud in dessen Delta. Hinter einem Dorf folgen wir einem unbefestigtem Feldweg und haben Glück. Wir müssen nicht in das Feld laufen, der Punkt liegt genau auf dem Weg. Nach dem üblichen Dokumentationsprozedere geht es schnurstracks nach Miyandoab zurück und von dort aus weiter Richtung Tabriz. Inzwischen geht unser Sprit zur Neige und wir haben kaum noch iranisches Geld. Wir klappern jede Bank in den Ortschaften ab, die wir durchqueren, aber die Geldinstitute haben alle bis zum frühen Abend geschlossen. Auch unser Versuch schwarz zu tauschen verläuft im Nichts. Mit den letzten Kröten tanken wir ein paar Liter ins Ralfs Maschine nach, in meinem großen Tank ist für heute noch genug Sprit drin. Dann düsen wir den schon bekannten Damm zur Halbinsel Eslemi Island hinüber, um dort wieder zu übernachten. Doch dieses Mal ist ein Wächter bei der Anlage und der will uns dort partout nicht zelten lassen. Ralf ist etwas stinkig darüber, doch wir können es nicht ändern. Dann fahren wir halt mit der Fähre nach Orumiyeh hinüber, schlage ich vor, und nehmen uns dort ein Zimmer. Nach einigem Hin und Her stimmt Ralf zu und wir düsen los zur Fährstation. Als wir da stehen stellen wir fest, dass die Fähre auch Geld kostet. Wir haben zwar noch genügend Euro und Dollar, aber fast keine iranischen Rial mehr. Doch die umgerechnet nur 20 Eurocent können wir gerade noch in Rial zusammenkratzen, die Überfahrt ist gerettet. In Orumiyeh versuchen wir recht lange, dafür umso erfolgloser ein passendes Hotel zu finden. Die einen schicken uns hierhin, die anderen dorthin. Irgendwann treffen wir auf einen Iraner, der in Schweden arbeitet und gerade in seiner Heimatstadt zu Besuch ist. Er spricht gut englisch und führt uns zu einem Hotel. Es ist "das beste Hotel" in der Stadt und kostet mit 62 USD entsprechend viel. Da die Zimmer alle ausgebucht sind, bekommen wir für das Geld eine so genannte Suite, mit Wohn- und Schlafzimmer und einer kleinen Küchenzeile. Für die letzte Übernachtung im Iran wollen wir uns das gönnen, zumal wir das Zimmer in Dollar bezahlen können und dafür keine einheimische Währung brauchen, die wir eh nicht mehr haben. Wie das in einem anderen Hotel aussieht, wissen wir nicht und haben auch keine Lust mehr, uns in das Verkehrsgewühl zu stürzen. Trotz der Annahme der Dollar für das Zimmer, können uns die Kollegen an der Rezeption leider kein Geld wechseln - komische Bestimmungen. Ralf lässt sich den Weg zu einer Bank erklären, die Geld wechseln darf (das darf im Iran ja nicht jede Bank) und fährt noch mal los in die Stadt. Ich habe keine Energie mehr dafür und bleibe im Hotel. In der Tiefgarage checke ich in Ruhe meine Maschine durch und gehe dann zum Auspacken und Duschen aufs Zimmer. Nach langer Wartezeit, kommt Ralf unverrichteter Dinge zurück. Die Wegbeschreibung war falsch und bis er endlich jemanden gefunden hatte, der ihm den richtigen Weg zeigen konnte, waren alle Banken wieder zu. Wenigstens hat er für die allerletzten Rial noch etwas Gemüse und Brot bekommen, so müssen wir wenigstens nicht hungernd zu Bett gehen. Ralf hat seit gestern Abend Magenprobleme, so kommen wir heute Morgen erst spät los. Zunächst fahren wir in die Stadt, um endlich Geld zu wechseln. Unser Sprit reicht sonst nicht mehr bis zur Grenze. Nach einiger Sucherei finden wir eine lizenzierte Wechselstube, aber die hat geschlossen. Wir fragen uns zur Bank-e Melli durch und finden sie endlich. Jetzt beginnt der Gang durch die Bürokratie. Einen Stempel hier, eine Unterschrift da und noch zig weitere Stempel und Unterschriften später habe ich endlich 20 Dollar getauscht. Am Ortsausgang tanken wir alles voll, auch Ralfs Ersatzkanister und düsen Richtung Grenze weiter. Bei Khoy fahren wir Richtung Westen rüber, um zur Grenzstation bei Qotur zu gelangen. Unterwegs machen wir an einem kleinen Café halt, trinken dort gemütlich einen Tee (auch um Ralfs Magen zu beruhigen) und decken uns mit vielen Keksen ein. Als wir unseren Weg fortsetzen, ziehen sich dunkle Wolken über uns zusammen. Wir beeilen uns mit dem Weiterkommen und hoffen, dass wir auf die Regenkleidung verzichten können. Die Straße führt kurvenreich durch ein tief eingeschnittenes Tal, es macht richtig Spaß hier entlang zu düsen. Plötzlich kommen wir an eine Militärkontrolle. Die Soldaten begutachten unsere Pässe und wollen uns nicht weiter lassen. Angeblich sei der Grenzübergang geschlossen. Wir diskutieren eine Weile herum und wollen dann schließlich umdrehen. Doch nun sollen wir zuerst in den kleinen umzäunten Posten fahren. Wir wollen lieber zurück, bevor es zu regnen anfängt, doch die Uniformierten bestehen darauf. Dann müssen wir die Pässe dem Chef geben, der uns herzlich begrüßt und dann mit unseren Dokumenten verschwindet. Die anderen drücken uns in irgendwelche Stühle und Sessel und bieten uns Tee an. Doch wir wollen weder sitzen noch Tee trinken, sondern weiter. Irgendwann erkennen wir, dass wir nachgeben müssen. Wir setzen uns und trinken Tee. In der Zwischenzeit kommt ein Regenschauer herunter, was mich ziemlich ärgert. Irgendwann taucht der Chef wieder auf. Er hatte mit der Grenzstation telefoniert, die sei wirklich geschlossen. Nun warten wir noch eine Weile, bis sich der Schauer verzogen hat. Dann steigen wir auf und rollen auf regennasser und rutschiger Straße zurück Richtung Khoy. Von Khoy aus halten wir uns Richtung Maku. Die Straßen verlaufen merkwürdigerweise, aber zum Glück, immer so, dass wir immer trocken um die dunklen schweren Gewitterwolken herum kommen. Der Wind beutelt uns zwar immer kräftig, aber wir bleiben wenigstens trocken und brauchen keine Regenhaut. In Maku tanken wir noch einmal nach, den billigen Sprit müssen wir nutzen, in der Türkei ist er ja noch teurer als in Deutschland. Für das letzte Geld kaufen wir auch noch Kekse bis zum Abwinken, die wir während der Pausen zwischendurch gerne knabbern. Kurz vor der Grenze begrüßt uns zwischen Wolkenfetzen hindurch das bekannte Bild des Ararat. Spätestens jetzt wird es Zeit zum Abschied nehmen. Unsere Irantour endet wie sie begonnen hatte, mit kühlem unfreundlichem Schauerwetter. Aber die Zeit dazwischen war genial. Sehr viele nette und freundliche Menschen, viele unvergessliche Eindrücke von Städten und Landschaften, tolle Motorradstrecken, aber leider auch viele viele Kilometer, bis man endlich dort ist ... |
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