Griechenland 2004: Bericht |
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Alte Erinnerungen Pünktlich um 07:30 checke ich aus. Die Luft ist zwar kühl, jedoch ist der Himmel blau und freundlich. Ich kurve gemütlich die Gardesana Orientale Richtung Süden. Außer mir ist fast niemand auf der Straße, relaxtes Fahren also. Am Ende des Sees fahre ich auf die Autobahn. Kaum bin ich drauf, frage ich mich, warum ich überhaupt auf der Autostrada unterwegs bin. Ich hab noch massig Zeit bis zum Ablegen der Fähre und somit keinen Grund langweilig geradeaus zu fahren. Gleich an der nächsten Abfahrt verlasse ich wieder die mautpflichtige Strecke und tuckere auf der Landstraße weiter. So leer wie am Gardasee sind die Straßen nun nicht mehr. Außerdem erschweren Umleitungen und eine abstruse Beschilderungen ein lockeres Vorwärtskommen. Konzentriertes Fahren und ein Wechsel zum italienischen Fahrstil sind angesagt. Letzteres fällt mir nicht unbedingt schwer ;-) Ca. 40 Kilometer vor Venedig gönne ich mir einen Cappuccino und eine Art Puddingtasche unter dem Sonnenschirm eines Cafés. Die Kellnerin plaudert etwas mit mir in einem Gemisch aus italienisch und englisch, in Italien sind Motorradfahrer halt gerne gesehen. Der etwa fünfjährige Junge vom Nachbartisch will wissen woher ich komme. Zum Glück hat mich die nette Bedienung schon das gleiche gefragt, so dass ich gleich verstehe, was der Kleine von mir will. Die weiteren Fragen und Antworten übersetzen die Eltern, bevor sie ihren Stammhalter vom Motorrad wegziehen und sich verabschieden. Kurz vor 12:00 Uhr bin ich Hafen und besorge mir das Ticket. Vor dem Gebäude treffe ich Rudi, Otto und Karl, die mit ihren BMWs auch in die Türkei wollen. Später sollte sich herausstellen, das Rudi und Otto bei meinem Diavortrag über Algerien in unserem Stammtischlokal waren. Ich habe die beiden leider nicht wieder erkannt. Auf dem Schiff treffen wir dann noch einen 72jährigen LC8-Fahrer, der zusammen mit seiner Frau unterwegs ist. Schmunzelnd denke ich, dass die LC8 jetzt schon ein Altherrenmopped ist ;-) Meine Kabine teile ich mit einem älteren Ehepaar aus Tschechien. Beide schnarchen, doch ich habe trotzdem gut geschlafen ;-) Rudi, Otto, Karl und der LC8-Fahrer steigen in Igoumenitsa aus. Nun bin ich "alleine" auf dem Schiff und komme vor Langeweile um. Wenn ich meine Brille nicht verloren hätte, könnte ich wenigstens mein Buch lesen. Auf dem Schiff gibt es auch ein Internetcafé, aber ohne Brille ... Gegen 20:00 Uhr gehe ich duschen und lege mich ins Bett. Da kommt die Durchsage, dass wir in 30 Minuten in Patras anlegen. Huch, was ist den jetzt? Ich denke wir kommen morgen früh um 09:00 Uhr an? So wie es aussieht, meinten die 09:00 Uhr abends. Da scheinen die Fähren in den letzten Jahren um einiges schneller geworden zu sein. Ist das jetzt Glück oder Pech? Egal, aufstehen, umziehen und zusammenpacken. Als ich von der Rampe rolle, ist es schon ziemlich duster. Ich schummele mich durch den Verkehr von Patras und finde auch gleich die Schnellstraße Richtung Athen. Einige Kilometer hinter Patras gibt es ein paar Campingplätze, wo ich mein Zelt aufschlagen will. Doch wo sind die Abfahrten zur "alten" Küstenstraße geblieben? Früher konnte man alle paar Kilometer vom "Highway" runter, heute sind die Ausfahrten zugemauert. Mist, bin mal gespannt, wie weit ich noch fahren muss. Erst nach ca. 30 Kilometern kommt endlich eine Ausfahrt, die ich noch beinahe verpasse. An der alten Straße steht auch gleich ein Hinweisschild zu einem Campingplatz. Also wieder ca. 7 Kilometer zurück Richtung Patras. Als ich den Platz erreiche, ist dort alles dunkel. Ich fahre trotzdem rauf und finde ein einsames Wohnmobil mit österreichischem Nummernschild, in dem Licht brennt. Ich klopfe an und frage den älteren Herrn, ob der Platz geöffnet sei. "Ja ja", antwortet er, "vielleicht kommt morgen früh jemand zum Kassieren". Dann macht er gleich die Schotten dicht, vielleicht hat er Angst, dass er mir beim Zeltaufbau helfen muss ;-) Als ich endlich im Schlafsack liege fällt mir auf, dass der Verkehrslärm enorm ist. Dauernd brüllt irgendein Fahrzeug vorbei. Na ja, für eine Nacht wird es gehen. Gegen 06:30 höre ich die ersten Regentropfen. Ein paar Minuten später hört es wieder auf. Ich stehe auf und packe schnellstens meine Siebensachen zusammen, bevor alles nass wird. Nach dem Waschen bezahle ich 8,80 Euro. Im Vergleich zum Platz am Gardasee ein Schnäppchen, zumal die sanitären Anlagen sauberer waren und es sogar Toilettenpapier gab. Ich folge der Küstenstraße nach Osten. Immer wieder tröpfelt es zwischendurch, aber nie so, dass man den Regenkombi anziehen müsste. An der Nordzufahrt des Kanals von Korinth gibt es ein Lokal, in dem ich früher schon öfter Rast gemacht habe. Dort will ich einen Kaffee trinken. Doch leider hat der Laden geschlossen, nix mit Frühstück :-( Mit leerem Magen gurke ich weiter nach Athen. Da ich auf früheren Touren immer Probleme hatte, durch den dichten Verkehr Athens den Hafen von Piräus zu finden, bin ich nun gespannt, ob ich mich mit Hilfe des GPS leichter orientiere. Am Ende gibt es zeitmäßig kaum keinen Unterschied, zumindest wusste ich aber immer wo ich war ;-) In einer Fähragentur besorge ich mir ein Ticket nach Naxos. Da ich bis zur Abfahrt noch Zeit habe, überlasse ich die Maschine den hoffentlich wachsamen Augen des Ticketverkäufers und gehe etwas einkaufen. Brot, Thunfisch und O-Saft stehen auf dem Einkaufszettel. Da, ein Optiker! Ich stürme in das Geschäft und erkläre meine Not mit der Brille. Leider hat der gute Mann keine Lesebrille vorrätig. Enttäuscht ziehe ich weiter. Nach dem Einkauf finde ich ein weiteres Brillengeschäft. Die Damen hinter dem Tresen zaubern tatsächlich ein passendes Modell aus der Schublade, ich kann wieder sehen! Zurück bei der Fähragentur steht meine Transalp noch komplett da. Ich tuckere zum Pier, wo meine nächste Fähre abfahren soll. Bis zur Abfahrt sind noch 2 Stunden Zeit. Auf einer Bank mache ich mich über Brot und Fischdose her, während einige Inder oder Pakistani versuchen mir irgendwelches Zeug zu verkaufen. Als es wieder mal anfängt zu regnen, rette ich mich nach nebenan, auf die überdachte Caféterrasse. Der Kellner bringt mir eine Tasse Nescafé und legt gleich die Rechnung mit dazu: 3,30 €! Auf die Frage, ob das schon die Olympiapreise wären, lächelt er nur spöttisch. Später auf dem Schiff stelle ich fest, dass mein Ticket auf Paros statt auf Naxos ausgestellt ist (wozu eine Brille doch gut ist). Da Paros zuerst angelaufen wird, frage ich den Purser, ob ich umbuchen könne. Er winkt nur ab und meint, dass ich einfach erst in Naxos aussteigen sollte. Einfach und unbürokratisch, so mag ich das. Gegen 23:30 Uhr erreichen wir die Insel. Ich versuche mich im Dunkeln zu orientieren und mich daran zu erinnern, wie ich vor 10 Jahren den Weg zum Campingplatz gefunden habe. Natürlich hat sich einiges geändert und ich verfahre mich, aber Dank der Landkarte im GPS kann ich wenigstens einigermaßen die Richtung halten. Als ich den Platz erreiche, ist alles dunkel. Zwei einsame Zelte und zwei Wohnmobile zeigen, dass der Platz anscheinend geöffnet ist, es ist halt noch keine Saison. Ich stelle mein Zelt dazu und lege mich schlafen, anmelden kann ich mich morgen auch noch. Morgens stürmt es leicht und es fallen einige Regentropfen, aber das Wetter bessert sich mit der Zeit. Ich nutze die Zeit um Wäsche zu waschen. Nach der Arbeit fahre ich in die Stadt, um zu frühstücken, Filterkaffee und Yoghurt mit frischen Früchten und Honig, lecker. Obwohl es immer noch bewölkt ist, will ich ein Stück über die Insel fahren. Zunächst kurve ich zum Zas hinauf, mit 1000 Metern ist er der höchste Berg der Insel und wechsele zur Ostseite der Insel hinüber. Soweit möglich, fahre ich dabei auf Schotterstreckchen, aber die enden meist irgendwo als Sackgasse an einem Feld oder einem Steinbruch. Egal, Hauptsache Fahrspaß. An einer Quelle lerne ich einen jungen Neuseeländer auf einer 125er Mietmaschine kennen. Wir plaudern eine Weile, wobei der neuseeländische Akzent nicht leicht zu verstehen ist ;-) Dann trennen sich unsere Wege wieder. Ich kurve eine Stichstraße zu einer kleinen Bucht hinunter. Hier stehen einige Häuser und ein Restaurant. Ich bestelle einen griechischen Salat und komme beim Essen mit einer jungen Japanerin ins Gespräch, die am Nebentisch sitzt. Sie heißt Jun, lebt und arbeitet in Paris und macht gerade alleine Urlaub auf Naxos. Von ihrer Mietwagenvermietung hat sie eine kleine schwarz/weiß kopierte Landkarte bekommen, mit der man kaum was anfangen kann. Ich schenke ihr eine bessere Landkarte, die ich vom Campingplatz bekommen habe. Jun zeigt mir eine kurvenreiche Straße, die sie laut ihrer Autovermietung besser nicht fahren solle. Also genau das Richtige für mich. Ich will diese Strecke unter die Räder nehmen, während sie lieber die parallel verlaufende Strecke nehmen möchte. Nach dem Essen fahre ich die zahlreichen Kurven wieder hinauf, um zu dieser "ominösen" Straße zu kommen. Oben bemerke ich, dass ich meine Brille im Lokal vergessen habe. Mist, nicht schon wieder. Ich eile wieder zurück zum Lokal, wo mir ein älterer Mann schon mit der Brille entgegenkommt, Glück gehabt. Dann geht's wieder die Straße hinauf, aber die Kurven sind eine mehrfache Befahrung wirklich wert ;-) Die besagte kurvenreiche Strecke ist zwar eng und manchmal fehlt der Asphalt, aber es gibt keinen wirklichen Grund hier nicht entlangzufahren. Ich bin doch etwas enttäuscht, da ich mir etwas abenteuerlicheres vorgestellt habe. Nachmittags bin ich weiter im Norden und der Weg führt mich wieder in eine kleine Bucht hinunter. Unten gibt es einen netten kleinen Hafen, der von Restaurants und Cafés umgeben ist. Hier treffe ich wieder auf Jun, die mich zu einem Kaffee einlädt, als Dank für die ihr überlassene Karte. Auch der Neuseeländer Howie hat den Weg hier herunter gefunden. Wir unterhalten uns eine ganze Weile, bevor sich unsere Wege wieder trennen. Wir wollen uns aber am Abend in Naxos-Stadt zum Essen treffen. Zusammen mit Howie fahre ich noch ein paar Schotterwege, bevor beginnender Regen zur Heimfahrt mahnt. Abends komme ich zwar noch trocken in die Stadt, aber kaum sitze ich mit Jun im Restaurant, beginnt es wie aus Kübeln zu schütten. Unter dem Vordach bleiben wir jedoch trocken. Jun isst gegrillten Fisch und ich Nudeln mit Tintenfischstückchen. Dazu genehmigen wir uns drei Karaffen Wein, von denen Jun allerdings mindestens zwei alleine trinkt. Ich spreche sie darauf an, dass Asiaten irgendein Gen fehlen soll, das den Alkoholabbau steuert und sie (die Asiaten) deshalb nicht so viel vertragen würden. Sie meint, dass es irgendwas in der Leber sein soll, das da fehlt. Was immer es ist, ihr scheint es zumindest nicht zu fehlen, Prost ;-) Nach dem Essen bringe ich Jun zu ihrem Hotel. Dann schwinge ich mich aufs Mopped und fahre durch den Regen zu meinem Zelt. Schon nach ein paar hundert Metern bin ich nass bis auf die Haut. Auf dem Campingplatz gehe ich erst mal heiß duschen, bevor ich mich in meinen Schlafsack lege, durch den Regen ist es nämlich ganz schön kalt geworden. Die ganze Nacht hat es geschüttet. Morgens scheint aber die Sonne wieder. Nachdem meine nachts nass gewordenen Klamotten auf der Leine hängen, jogge ich ein paar Kilometer am Strand entlang. Zurück beim Zelt hänge ich noch 200 Situps dran, bevor ich dusche. Heute ist richtig gutes Wetter, genau wie Kumpel Luigi es in seiner SMS vorgestern vorausgesagt hatte. Ich checke kurz die Maschine und mache mich abfahrtsbereit. Ich will wieder zur Ostseite der Insel hinüber, dann aber an der Küste den Schotterweg nach Süden runter. Dieser Weg ist eher harmloser Natur, sozusagen Rauasphalt, bietet aber ein paar schöne Ausblicke auf das Meer. Ich finde auch ein nettes Lokal direkt am Wasser. Als verspätetes Frühstück lasse ich mir einen Nescafé Frappé bringen. Das ist Kaffeepulver das mit wenig kaltem Wasser verquirlt wird. Dann wird weiter mit Wasser und Milch aufgefüllt und Eiswürfel sowie auf Wunsch auch Zucker hinzugefügt. Schmeckt echt lecker. Auf dem Rückweg zur Asphaltstraße finde ich einen wenig befahrenen Abzweig. Ich folge dem Weg, der nach einigen Kilometern zu einem alten Steinbruch führt. Eine halbverfallene Lastenseilbahn führt von dort noch über das Tal hinweg. Ich mache Pause, setze mich auf einen großen Stein und beobachte die Gegend, während ich eine Banane esse. Auf der anderen Talseite wurde ein Pfad in die steile Wand geschlagen, der sich in Serpentinen nach oben windet. Sieht interessant aus. Soll ich wirklich da hochfahren? Hm, ich bin alleine und wenn ich blöde stürze, dann findet mich hier so schnell niemand. Ach was, so schlecht sieht das gar nicht aus, wäre doch gelacht ... Gemütlich tuckere ich zum Einstieg des Weges. Huch, von nahem sieht der Pfad doch übler aus als von weitem. OK, ich versuche halt mal, wie weit ich komme. Schon die erste Abfahrt zu einer schmalen Brücke über einen Bach hat es in sich. Steine, groß wie Pampelmusen, versuchen mein Vorderrad aus der Spur zu bringen, doch ich lasse die Maschine recht schnell runterrollen, so dass sie sich von selbst stabilisiert. Hinter der Brücke gleich eine 90° Kurve, die ich mit sanftem, aber bestimmtem Zug am Gasgriff hochzirkele. Die nachfolgende Linkskehre ist eng, steinig und steil. Mit fehlt der Mut zum Drift, also in zwei Zügen rumgefußelt. Die nächste Kehre hat einen größeren Radius, da komme ich in einem Zug herum. Dann ein ganzes Stück weit tiefe Rinnen, bevor mich die nächste Kehre bremst. Tiefe Löcher und dicke Steine. Hier sind meine Beine zu kurz zum Fußeln. Meine Alp ist schließlich mindestens 8 Zentimeter höher als das Original. Ich laufe neben der Maschine her, während ich mit der Kupplung und etwas Gas die Maschine langsam um die Ecke zirkele. Wieder auf einer Geraden sitze ich auf und tuckere den hier noch steileren Pfad hinauf. Der Weg wird immer schlechter. Jetzt laufe ich erst mal ein Stück voraus, um den Weg zu erkunden. Dabei sehe ich, dass der Weg oben durch einen Zaun versperrt ist. Ich kann mir also die Mühe sparen, ganz hinauf zu kommen. Etwas enttäuscht wende ich und holpere die Strecke wieder hinunter. Bergab scheint es zwar etwas leichter um die Kurven zu gehen, aber auf den steilen Passagen blockieren immer wieder beide Räder beim Bremsen. Kein angenehmes Gefühl, immer wieder auf den Abgrund zuzurutschen. Total durchgeschwitzt und halb entkräftet, aber mit heilen Knochen, erreiche ich wieder den Teer. Puh, das mache ich nicht noch mal, zumindest nicht alleine! Nach meinem morgendlichen Sportprogramm stelle ich beim Maschinencheck fest, dass die hinteren Bremsbeläge total abgefahrenen sind. Komisch, die sind doch noch keine 3.000 km lang drin. Also erst mal in die Stadt und in der Moppedwerkstatt gefragt, ob die nicht zufällig Ersatz da haben. Der Typ hinter dem Tresen meint, ich solle am Abend noch mal vorbei kommen, er kenne sich nicht aus, da sein Bruder der Mechaniker ist. OK, dann lege ich halt einen Strandtag ein, die Anstrengungen von gestern stecken mir eh noch in den Knochen. Nach Sonne, Wind und kaltem Meerwasser, suche ich am Abend wieder die Werkstatt auf. Tatsächlich findet der Bruder einen passenden Satz Bremsbeläge. Aber ich kann nicht bezahlen, da er sich nicht mit dem Computer auskennt, ich solle warten bis sein Bruder wieder kommt. OK, dann baue ich aber die Beläge in der Zwischenzeit ein. Ich packe mein Werkzeug aus, aber der Mechaniker winkt ab. Er baut mir die Beläge schon ein. Da der Werkstattraum voll mit Schrott steht, schraubt er auf dem Gehweg draußen. Ich staune wie gewissenhaft er arbeitet. Er wechselt nicht nur einfach, sondern prüft und reinigt alle Teile, schmiert mit der richtigen Menge die richtigen Stellen und baut alles sauber zusammen. Besser hätte ich es auch nicht machen können. Als der Bruder zum Kassieren auftaucht, wechseln gerade mal 23,50 € den Besitzer. Soviel kosten bei uns allein die Zubehörbeläge ohne Montage. Abends in der Campingbar haben einige Mädels nichts besseres zu tun, als mir ihren Liebeskummer zu erzählen. Irgendwie scheine ich einen väterlichen Eindruck auf sie zu machen - scheiß Alter ;-) Eine der Tussen hat ein blaues Auge und hier meine ich nicht die Farbe der Pupillen. Deshalb rennt die auch im Dunkeln mit 'ner Sonnenbrille rum. Die quatscht mich total voll mit den Problemen zwischen ihr und ihrem Macker, but who cares ... Da hab ich jetzt echt keinen Bock drauf. Ich tanze mit der Engländerin vom Zelt nebenan, die hält wenigstens ihre Klappe ;-) Später geht die Laberei weiter. Was soll's, sollen die doch labern. Ich erzähle was sie hören wollen, höre Musik, trinke mein Bier ... Heute bleibt das Mopped wieder mal stehen. Ich packe meinen Rucksack und gehe auf Wanderschaft. Als Ziel habe ich mir eine Felsformation am Ende der Bucht rausgesucht. Ich wandere zunächst am Strand entlang. Als der immer schmaler wird, wechsele ich zu einem Pfad oberhalb des Strandes. Nach ca. 2 Stunden erreiche ich einen kleinen Ort, dahinter liegen die aufgetürmten Felsen. Ich finde eine winzige Bucht zwischen den großen Steinen. Das eiskalte Wasser erfrischt und wäscht mir den Schweiß ab. Zum trocknen lege ich mich auf einen flachen Stein in die Sonne, eine Badehose braucht man hier in der Einsamkeit eh keine. Nach dem Sonnenbad klettere ich ein wenig in den Felsen herum. Zum Glück habe ich meine Trekkingschuhe dabei, damit lässt sich prima kraxeln. Ganz oben auf der Spitze weht ein kräftiger, aber nicht unangenehmer Wind und man hat eine prima Aussicht. Beim Abstieg auf der anderen Seite stehen eine Menge Büsche und hohe harte Gräser zwischen den Steinen. Meine Beine sind schon bald völlig zerkratzt. Außer Eidechsen habe ich auch zwei Schlangen gesehen. Komisch, auf meinen ganzen Wüstenreisen habe ich noch nie eine Schlange oder einen Skorpion gesehen und hier in Griechenland waren das heuer schon das vierte und fünfte Exemplar der fußlosen Spezies. Diese Seite der Felsgruppe endet in einer Art verwilderten Garten, der von Zäunen und Mauern umgrenzt ist. Da ich keinen Ausgang finde klettere ich über die Mauer und gehe zwischen einigen, zum Glück friedlichen, Kühen hindurch zum Weg zurück. In einem Bogen wandere ich zum Campingplatz zurück. Nach dem Duschen esse ich etwas im Restaurant vor dem Camping. Mein Tisch steht unter einigen Bäumen direkt am Strand. Der Horizont ist orangerot von der untergegangenen Sonne, einfach toll. Aber irgendwie ist mir bald darauf so komisch im Magen. Nachts wache ich auf und muss mich übergeben. Scheiße, das ganze auch noch im Zelt :-( Ich räume alles aus und gehe das Innenzelt waschen. Zum Glück war es nicht viel, was da raus kam. Man ist das eklig ... Letzter Tag auf Naxos. Ich packe langsam zusammen und belade das Mopped. Den Rest des Tages verbringe ich am Strand, irgendwie muss ich mich von der schrecklichen Nacht erholen. Abends tuckere ich in die Stadt und besorge mir ein Ticket für die Überfahrt nach Samos. Das Schiff geht erst kurz vor Mitternacht, also mehr als genug Zeit. Ich parke die Alp vor einem Restaurant am Hafen und bestelle einen Teller Spaghetti. Was dann kommt, hätte locker für drei Leute gereicht, eine ganze Platte voll. Nach dem Essen beobachte ich die Leute die hier rumwuseln. Auch wenn die Wartezeit irgendwann anstrengend wird, ich bewege mich hier nicht weg. Zum Glück, denn irgendwann kommt ein kleiner Regenschauer. Nur kurz, nur wenige Minuten lang, dann ist der Spuk wieder vorbei. Gegen 23:00 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Kai. Um Mitternacht ist immer noch keine Fähre zu sehen. Es ist zugig und kühl und alle viertel Stunde kommt ein einminütiger Schauer. Die Hafenpolizei sagt, das Schiff sei noch in Paros, also noch mindestens eine Stunde Wartezeit. Zwischendurch legen andere Fähren an und ab. Jedes Mal ein Höllenspektakel. Dann ist wieder Ruhe. Fast. Denn jetzt stellen die Polizisten Blechbüchsen auf und machen Schießübungen. Ich denke, dass es nicht ihre Dienstwaffen sind mit denen sie schießen. Hört sich eher nach etwas kleinkalibrigen an. Dafür treffen sie auch kaum die Dosen, obwohl sie unmittelbar davor stehen - wollt ihr meine Brille haben? ;-) 01:00 Uhr. Die Lichter der Fähre tauchen am Horizont auf. Jetzt kann es nicht mehr lange dauern. Rauf auf den Kahn und zum Schlafen auf eine kurze unbequeme Sitzreihe gelegt. Wenigstens schlafe ich wirklich, so dass die Zeit wie im Flug vergeht. Um 07:00 Uhr kommen wir auf Samos an. Ich düse aus der Stadt heraus und suche einen Campingplatz. Nach ca. 30 km habe ich noch keinen gefunden. Also wieder zurück und in die andere Richtung gedüst. Auch nichts, komisch. Im Hafen frage ich in einer Travel Agency nach. Der Typ meint, auf Samos gäbe es keinen einzigen Campingplatz. Schöne Sch ... "OK, wann geht dann die nächste Fähre nach Kuşadasi in der Türkei?" "In die Türkei gehen nur Personenfähren", antwortet er, "für Fahrzeuge gibt es keine Schiffe". "Das kann aber nicht sein", entgegne ich, "vor ein paar Jahren bin ich von Kuşadasi nach Samos übergesetzt". "Ja vor ein paar Jahren", meint er, "heute geht das nicht mehr ...". Er nennt mir die Alternative, mit der Fähre nach Chios überzusetzen und von dort aus dann nach Çesme in die Türkei zu fahren. "Einverstanden, Ticket her!" Doch was muss ich hören, das Schiff geht erst heute Nacht um 03:00? Mist, schon wieder warten. Egal, dann mach ich jetzt eine schöne Inselrundfahrt. Ich will die Insel im Uhrzeigersinn umkreisen und starte. Nach 30 Kilometern erreiche ich eine Tankstelle auf einem Berg. Ich tanke voll und sehe von hier oben aus einen kleinen Hafen in einer schönen Bucht. Da muss ich runter. Ich gleite auf einer breiten Straße wie schwerelos ins Tal hinab, zirkele durch die engen Gassen des Dorfes, bis ich den Hafen gefunden habe. Hier liegen einige Segelyachten am Kai. Ich parke die Maschine direkt vor den Booten und setze mich in das Café gegenüber. Natürlich gibt es wieder Yoghurt mit frischen Früchten und Honig sowie einen Filterkaffee. Als alter Kaffeejunkee kann ich den üblichen Nescafé nicht mehr ab. Nach der Pause setze ich meine Tour fort. Anfangs habe ich mich darüber geärgert, dass es keinen Campingplatz gibt und das die nächste Fähre erst um diese gottlose Zeit geht, deshalb wollte mir die Insel nicht gefallen. Aber es ist quatsch der Insel die Schuld zu geben. Sie ist wirklich schön und gefällt mir immer besser. Die beiden Berge Kerkis (1440 m) und Ampelos (1140 m) bestimmen die hügelige und stellenweise dicht bewaldete Landschaft. Leider haben verheerende Waldbrände einige der Hügel kahl gefressen. Von hier oben hat man schöne Ausblicke zur Küste hinunter. Die Höhenunterschiede sind dabei enorm. Da schaut man zum Wasser hinunter und meint gerade reinspringen zu können, da zeigt das GPS eine Höhe von 600 Metern an! Überall gibt es zahlreiche Schottersträßchen, die zu abgeschiedenen halbverlassenen Dörfchen führen. Ich fahre einen dieser Wege hinunter, der zu einigen einsamen Häusern direkt am Meer führt. Am Ende des Weges finde ich einen winzigen malerischen Hafen. Ein kleines Boot schaukelt im Wasser, aber keine Menschenseele ist zu sehen. Ein idealer Platz für eine Rast. Ich liege eine Weile im Schatten, döse und lausche den Wellen, die sich gegen die Steine werfen. Ab und zu schaffen es ein paar Tropfen bis zu mir hinüber. Am liebsten würde ich ich liegen bleiben, doch die Neugier und die vorangeschrittene Zeit treiben mich weiter. Ich lasse die Maschine wieder den Berg hinaufsteigen und folge weiter der Teerstraße nach Westen. Irgendwann endet der Weg an der Westküste, dort geht auch kein Schotterweg mehr weiter und ich muss umdrehen. In einem Dorf, das ich schon auf dem Hinweg durchquert habe, esse ich einen griechischen Salat. Danach mach ich den Bogen zur Nordküste und folge dem Küstenverlauf nach Osten. Die ruhigen Zeiten sind nun leider vorbei. Zahlreiche Autos verkehren hier und nerven den bislang einsamen Reiter. Schon die ganze Zeit überlege ich, wie ich dem Dilemma "Warten im zugigen Hafen" entgehen kann. Außerdem möchte ich gerne duschen und ein paar Stunden richtig schlafen. Die einzige Lösung ist mir ein Zimmer zu nehmen. Ich finde eine kleine Pension in einem Dorf unweit von Samos-Stadt. Nach dem Duschen gönne ich mir ein Bier in einem Strandlokal, dann geht es endlich in die Falle. Um 01:30 klingelt der Wecker, also wieder raus aus den Federn. Bis Samos-Stadt sind es fast 30 Kilometer. Langsam taste ich mich durch die Dunkelheit zum Hafen. Bis das Schiff kommt, muss ich noch 40 Minuten warten. Es ist kühl, gut das ich mir das Zimmer genommen habe. Dann geht alles ganz schnell. Anlegen, ausladen, einladen und schon geht es weiter. Ich sitze in einer Couchlandschaft und versuche zu schlafen. Überall hängen Schilder mit Rauchverbot, aber jeder qualmt was das Zeug hält. Mir wird fast schlecht von dem Gestank. Um 08:00 Uhr legen wir endlich auf Chios an. Ich fahre gleich zum Hafenbüro und erkundige mich nach der Fähre in die Türkei. Die soll schon um 09:00 Uhr ablegen. Ich kaufe gleich ein Ticket und muss mich dann bei Polizei und Zoll melden. Hier werden meine Papiere kontrolliert und meine Ausreise in ein Buch eingetragen. Dann geht es auf das Schiff. Hm, Schiff ist eigentlich etwas übertrieben, auf den Kahn passen maximal 2 Autos. Bei unserer Überfahrt stehen gerade mal eine Istanbul-Kalesche (3er BMW) und meine Alp auf der Ladefläche. Kurz darauf geht es los, Türkei ich komme ... |
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