Notfallplan
Sicher können sich viele von uns an die dramatische Geiselnahme in der algerischen Sahara erinnern. Doch nicht nur die Geiseln sind einem übermäßigen Stress ausgesetzt, auch die Angehörigen und Freunde zuhause haben mir zahlreichen Problemen zu kämpfen. Im Angesicht der Belastungen durch die Geschehnisse kann man kaum einen klaren Gedanken fassen und oft weiß man gar nicht genau, was man tun kann oder besser tun muss, damit das Leben daheim in halbwegs (finanziell) geordneten Bahnen weiter geht und um die Helfer mit notwendigen Informationen über die Reisenden zu versorgen.
Petra Bracht, die Frau von Ex-Geisel Rainer Bracht, hat ihre Erfahrungen in einen Notfallplan einfließen lassen. Dieser Plan enthält zahlreiche Tipps, damit auch die daheimgebliebenden Angehörigen auf die Reise bzw. einen Notfall während der Reise vorbereitet sind. Diese Vorschläge gelten natürlich nicht nur für Reisen in die Sahara oder für Entführungsfälle, sondern für alle Unternehmungen, bei denen es zu einem Notfall (Unfall, Krankheit usw.) kommen kann und die Angehörigen sich um die Angelegenheiten der in Not geratenen Person kümmern müssen.
Vielen Dank Petra, für diesen Plan und für die Möglichkeit ihn hier zugänglich zu machen!Zum besseren Ausdrucken kann man sich hier den Notfallplan als PDF-Datei downloaden: Notfallplan.pdf
Notfallplan Die nächsten Reisen werden von uns auch in dieser Hinsicht genauso gut vorbereitet werden, wie der Urlaub selbst! Wir haben uns bislang niemals überlegt was eigentlich passiert, wenn uns unterwegs etwas zustößt und wir nicht zum angegebenen Datum wieder zu Hause ankommen! Unser Motto unterwegs war bisher, uns geht es gut! Wir wissen es ja! Hier und da mal eine Postkarte! Das muss reichen.....Punkt aus! Es war ein von uns durchaus gewollter Luxus, auf Reisen nicht erreichbar zu sein! Diese Freiheit wollen wir uns auch weiterhin erlauben. Dazu ist das Reisen um die Welt zu sehen einfach zu schön! Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht und wird es niemals geben können. Das ist mir völlig klar. Doch sollte die Angst nicht der tägliche Begleiter im Leben sein! Man kann sich auf vieles vorbereiten, um im Notfall besser gerüstet zu sein. Ein Satellitentelefon ist eine Beruhigung. Man kann zur Not Hilfe rufen, wo immer man ist auf der Welt. Doch in diesem Fall war auch dies nicht möglich. Die Hilfe muss also auch schon zu Hause vorbereitet sein. Rainer und seine Freunde hatten Ihre Reise nach Algerien gut geplant. Die Rückfahrt mit der Fähre war für den 07.03.03 von Tunis nach Genua gebucht. Dann ist etwas völlig unerwartetes passiert- sie kamen nicht mit der Fähre zurück! Aus diesem Drama und aus dem, was ich erlebt habe, werde ich meine Schlüsse ziehen! Ich wünsche mir, dass viele andere Menschen aus dieser Situation auch lernen können. Es passieren immer unvorhergesehene Dinge. Dies muss nicht immer gleich so dramatisch wie in diesem Fall sein, wo insgesamt 32 Menschen in Algerien verschwinden. Jedes Jahr werden dem Auswärtigen Amt ca. sechs Entführungen Deutscher Mitbürger bekannt. Und es gehen mehrere hundert Vermisstenmeldungen im Jahr ein. Dass 32 Personen, welche in mehreren unabhängigen Reisegruppen unterwegs waren, verschwinden, hat es noch nie gegeben. Aber es steckt immer eine Dramatik dahinter, wenn ein Angehöriger oder Freund nicht zurückkommt. Angst und auch Panik beherrschen dann schnell den Kopf der zu Hause Wartenden. Und genau das ist es, was man dann nicht gebrauchen kann! Was ist passiert, wo muss ich anrufen, wo bekomme ich in diesem Moment Hilfe? Es gibt dann vieles, an das man vorher nicht gedacht hat, welches dann zu einem zusätzlichen Stress wird und um das man sich kümmern muss. Es ist eine große Erleichterung und erspart viel unnötige Zeit für die Daheim gebliebenen, wenn vor der Reise zu Hause alles gut vorbereitet ist. Diese Vorbereitung sollte einen genauso hohen Stellenwert haben wie die eigentliche Reiseplanung! Da kümmert man sich doch schließlich auch um alle Formalitäten und die nötigen Papiere! Patenschaft Eltern und Geschwister kennen meistens unsere Art des Reisens nicht und sind in einer Notfallsituation oft zu emotional involviert, um sachlich handeln zu können. Es ist wichtig bei den Angehörigen Name, Adresse und Telefonnummer des "Paten" zu hinterlegen. Und umgekehrt, dem "Paten" die Adressen der Angehörigen zu geben, damit sie sich gegenseitig über die neuesten Infos unterrichten können. Also, was ist zu tun? Wohnungsschlüssel hinterlegen. Gegebenenfalls Vollmachten hinterlegen. Ist der Notfall eingetreten und müssen z. B. die Lebensgefährten oder Eltern Behördengänge erledigen ergeben sich ohne Vollmachten z. T. erhebliche Probleme! Das ist ein wichtiges Thema das jeder für sich selber entscheiden muss! Gebe ich jemanden und wenn ja wem eine Vollmacht? Falls der Vermisste Selbstständig ist tauchen auch Probleme betreffend seiner Geschäftsführung auf. Bei seinem Bankinstitut kann man eine Kontovollmacht hinterlegen. Ein Notar kann weitergehende Vollmachten erstellen. Möglichkeiten sind eine Vorsorgevollmacht (Unfall, Krankheit usw.) oder eine Generalvollmacht. Die Kosten werden nach einer Gebührentabelle abgerechnet. Ein Anruf bei einem Notar, um Erkundigungen einzuholen, sei auf jeden Fall empfohlen. Reisemappe Kopien von:
Adressen und Telefonnummern von:
Weitere Adressen
Finanzen Was kann ich tun, um finanzielle Unterstützung zu bekommen: Die Bürgerberatung der Heimatgemeinde hat meist einen Nothilfe-Fonds für Bürger, die in eine Notlage gekommen sind. Die Familie sollte sich darüber informieren. Wenn der oder die Vermissten einen eigenen Haushalt Führen, gibt es die Möglichkeit eine Grundsicherung zu beantragen. Diese hat nichts mit der Sozialhilfe zu tun. Verwandte brauchen nicht ihre finanzielle Lage offen zu legen. Benötigte Unterlagen sind:
Der Weiße Ring, ein gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung Von Straftaten ist auch Ansprechpartner! Opfernotruf: 01803-34-34-34 (0,09 Euro/Min.) Mir ist es ein persönliches Anliegen, meine Erfahrungen, die ich in den letzten Wochen gemacht habe, weiterzugeben. Mir ist bewusst geworden, dass natürlich auch im normalen Alltag Unvorhergesehenes passieren kann, worüber wir uns vorher nie Gedanken gemacht haben. Wir werden mit Sicherheit auch wieder zu einer Reise aufbrechen. Dann aber Rainer und ich zusammen! Allerdings nie wieder ohne diese Notfallliste, die ich meinen Angehörigen und unserem Freund, der dann unser "Pate" ist, hinterlassen werde. Auch wir werden für einen Freund so eine Patenschaft übernehmen. Bei allen, die uns beim Zusammentragen wichtiger Informationen über das Forum geholfen haben und beim Sahara-Club möchte ich mich herzlich bedanken!
Ganz besonderer Dank gilt Herrn Dieter Höpfner und seiner Frau sowie Herrn Dr. Werner Nöther! Uns allen wünsche ich viel Glück und Segen auf unseren Wegen! Petra Bracht |